Die SPD liegt in den Umfragen weiter vorne. Nun hofft Kanzlerkandidat Olaf Scholz auf eine Mehrheit für eine rot-grüne Koalition. Doch was wären die Alternativen?
Berlin - Angesichts steigender Umfragewerte hofft SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz auf eine Mehrheit für eine rot-grüne Koalition nach der Bundestagswahl. „Ich möchte gerne mit den Grünen zusammen regieren“, sagte der Bundesfinanzminister und Vizekanzler dem „Tagesspiegel“ (Sonntagsausgabe). „Ich habe in verschiedenen Regierungen schon mit den Grünen zusammengearbeitet, im Bund wie in Hamburg“, betonte er. Ein Bündnis mit der Linken kommt für Scholz hingegen nicht in Frage.
Laut aktuellen Umfragen hätte eine rot-grüne Koalition ohne weitere Partner keine Mehrheit. Der „Sonntagstrend“ des Meinungsforschungsinstituts Insa im Auftrag von „Bild am Sonntag“ sah die Sozialdemokraten bei 25 Prozent. Das war ein Punkt mehr als in der Vorwoche. Die Union verlor hingegen einen Punkt und lag bei 20 Prozent. Der Vorsprung der SPD war somit so groß wie nie seit Beginn der „Sonntagstrend“-Umfragen 2010.
FDP weiterhin bei 13 Prozent
Die Grünen verloren hingegen einen Punkt und lagen bei 16 Prozent, die AfD legte um einen Punkt auf zwölf Prozent zu. Die FDP blieb bei 13 Prozent, die Linke kam auf sieben Prozent. Für den „Sonntagstrend“ befragte Insa im Zeitraum vom vergangenen Montag bis Freitag 1427 Menschen.
Sollte es nicht für eine Regierung nur aus SPD und Grünen reichen, strebt Scholz laut „Tagesspiegel“ eine Ampel-Koalition mit der FDP an. Mit den Linken will er hingegen nicht koalieren. Hauptgrund dafür ist laut der Zeitung die jüngste Weigerung der Linken-Abgeordneten im Bundestag, dem Evakuierungseinsatz der Bundeswehr in Kabul zuzustimmen. Das sei „schlimm“ gewesen, sagte Scholz demnach.
Esken spricht der Linken Regierungsfähigkeit ab
Er bekräftigte, dass die Linke Mindestanforderungen wie ein klares Bekenntnis zur Nato, zu solidem Haushalten und zur transatlantischen Partnerschaft nicht erfülle. „Diese Anforderungen sind unverhandelbar“, sagte der Spitzenkandidat, der damit SPD-Chefin Saskia Esken unterstützt. Diese hatte der Linken die Regierungsfähigkeit abgesprochen.
Die Linkspartei selbst bereitete sich angesichts guter Umfragewerte hingegen konkret auf eine Regierungskoalition mit SPD und Grünen vor. Das Fenster für eine Regierungsbeteiligung sei so weit geöffnet wie noch nie, sagte Parteichefin Susanne Hennig-Wellsow der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. „Wann, wenn nicht jetzt?“, fragte sie. In der Partei werden nach Informationen der Zeitung bereits Verhandlungsführer gesucht, um Positionspapiere zu schreiben und nach der Bundestagswahl mit SPD und Grünen über Fachthemen zu sprechen.
„Einmal Beifall-Klatschen reicht nicht“
Die FDP forderte von Scholz und der Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock, dass sie ein „Linksbündnis glasklar ausschließen“. Der Vizechef der FDP-Bundestagsfraktion, Michael Theurer, bekräftige: „Die Mitte umschmeicheln, um zu den Linksextremen abzubiegen, geht gar nicht.“ Wer wie die Linke die Nato auflösen und Deutschland aus dem Militärbündnis verabschieden möchte, „darf nicht über die Zukunft des Landes entscheiden“, forderte er.
Scholz will in seinem ersten Amtsjahr unterdessen drei Kernprojekte vorantreiben. Zum einen will er den gesetzlichen Mindestlohn auf zwölf Euro anheben. Davon würden beispielsweise Kassiererinnen und Paketboten profitieren. „Da geht es um Anerkennung, die sich aber auch auf dem Konto zeigen muss. Einmal Beifall-Klatschen für die Corona-Helden reicht nicht“, sagte er dem „Tagesspiegel“.
Zweites wichtiges Vorhaben sei es, klar zu berechnen, wie viel Strom Deutschland 2045 brauchen wird, und den Ausbau der Stromerzeugung daran zu orientieren. „Wir brauchen viel mehr Strom aus Sonne und Wind, und wir brauchen ein leistungsfähigeres Stromnetz“, sagte Scholz weiter. Um das zu schaffen, will Scholz als dritten Punkt die „notwendigen Gesetze“ verabschieden, „damit Planung und Bau solcher Anlagen deutlich schneller vorankommen als bislang.“