SPD-Notgemeinschaft Gabriel und Steinmeier arbeitet alte Sünden auf - etwa bei Hartz IV.  

Berlin - 2,8 Kilometer liegen zwischen der SPD-Parteizentrale im Willy-Brandt-Haus und dem Bundestags-Fraktionsvorstand am Spreebogen. Im rotbeflaggten Hochhaus brütet Sigmar Gabriel über der Rente mit 67 - im Abgeordnetenhaus funkt Frank-Walter Steinmeier dazwischen. Streit? Nein. Strategie.

2,8 Kilometer - keine Distanz, zumal die Herrschaften mit persönlichen Wurzeln im Proletariat wissen, dass die Haltung der SPD zur Rente mit 67 auch über die empfundene Nähe der Partei zur Basis entscheidet. Bevor diese auf dem bevorstehenden Parteitag also aufmuckt, besetzen Gabriel und Steinmeier die Standpunkte selbst.

Gabriel, der Einsichtige: Der Parteichef hat sein Ohr in die Basis gehalten, die die Rente mit 67 in Frage stellt. Belastungen einiger Berufe seien älteren Arbeitnehmern nicht zuzumuten. Gabriels Vorgänger, Ex-Arbeitsminister Franz Müntefering, hatte den Genossen die Rente aufgenötigt - wie sonst sollten immer weniger Beschäftigte immer mehr Rentnern über eine immer länger werdende Lebenszeit gute Renten finanzieren? Gabriel nimmt die Bedenken vor allem der Gewerkschaften Ernst, da diese sich endlich wieder in freundlicher Absicht der SPD nähern - nach all den Jahren der Enttäuschung über Sozialabbau made in EsPeDe.

Steinmeier, der Beharrliche: Der Fraktionschef ist das letzte prominente Gesicht der Arbeits- und Sozialreformagenda 2010, der sie - mit allen Korrekturen - verteidigt. Steinmeier weiß wie unpopulär die Rente mit 67 ist, wirbt aber für den verzögerten Ruhestand, den die demografische Entwicklung einfordere.