SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz präsentiert seinen Zukunftsplan „Das moderne Deutschland – Zukunft, Gerechtigkeit, Europa“. Foto: dpa

Kanzlerkandidat Martin Schulz geht im Bundestagswahlkampf mit Attacken gegen Angela Merkel in die Offensive – und kritisiert Studiengebühren für ausländische Studierende in Baden-Württemberg.

Berlin - Der Wahlkampf kommt in seine heiße Phase, SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz, der in Umfragen deutlich zurückliegt, bläst zur Offensive. Mit einer Rede im Willy-Brandt-Haus konkretisierte er am Sonntag seine Vorstellungen. So verspricht er unter anderem eine „Investitionsverpflichtung“ des Staates. Diese soll dabei helfen, Rückstände im globalen Wettbewerb vor allem in den Bereichen Bildung, Forschung und Digitalisierung aufzuholen.

Zugleich verschärfte er den Ton gegenüber Kanzlerin Angela Merkel. Diese verweigere sich der Debatte über konkrete Ideen für die Zukunft. So sei es ein „ausgewachsener Skandal“, dass Merkel in der Europapolitik nach einem Treffen mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron zwar angedeutet habe, große Reformen anzustreben. Aber was sie genau vorhabe, wolle sie erst nach der Wahl sagen. Wieder werde von der Union versucht, eine zentrale Zukunftsfrage aus dem Wahlkampf herauszuhalten. Auch deshalb, so seine Mutmaßung, weil Merkel auch in diesen Fragen wohl kaum Einigkeit mit CSU-Chef Horst Seehofer erzielen könne.

Der Staat habe die Verpflichtung, seinen Kindern „kein marodes Land zu hinterlassen“. Deshalb wolle er mit einer staatlichen Investitionsverpflichtung eine „verbindliche Vorgabe für die Verbesserung der öffentlichen Infrastruktur“ schaffen. Die Bürger stünden vor der Wahl, für „Steuergeschenke an Reiche“ zu votieren, oder „dafür zu sorgen, dass es in der Schule nicht durchs Dach regnet und unsere Kinder dort zur Toilette gehen können.“

Schulz: Baden-Württemberg bittet Talente mit „Intelligenzmaut“ zur Kasse

Bildungseinrichtungen müssten endlich „modernste Materialien“ und deutlich mehr Lehrer zugeteilt werden. Auch hier stelle sich Merkel nicht ihrer Verantwortung. „Ich möchte kein Kanzler sein, der sich vor solchen Debatten drückt“. Scharf kritisierte Schulz die grün-schwarze Landesregierungen in Baden-Württemberg und das neue schwarz-gelbe Bündnis in Nordrhein-Westfalen, weil dort von ausländischen Studierenden Gebühren erhoben würden. Es gebe „Staaten in der Welt, die zahlen Geld dafür, das Talente kommen“. In Deutschland hingegen würden diese Talente in manchen Bundesländern mit einer „Intelligenzmaut“ zur Kasse gebeten, das „ist nicht modern, das ist weltfremd“, so der Kanzlerkandidat.

Schulz will in den ersten 50 Tagen seiner Amtszeit eine „nationale Bildungsallianz“ schmieden, um den Bund, die Länder, Städte und Gemeinden und nicht zuletzt die Schulen an einen Tisch zu bekommen. Unternehmen und Gewerkschaften versprach er, über eine „Innovationsallianz“ beraten zu wollen, beispielsweise im Bereich der Elektromobilität. Der weltweite Wettbewerb sei hier völlig verzerrt, weil in anderen Ländern „entweder der Staat die Unternehmen selbst besitzt oder sie massiv unterstützt“. Deshalb müsse man über Wege nachdenken, „wie wir als Staat besser fördern und Unternehmen vor unfairem Wettbewerb schützen können.“

Behörden sollen 24 Stunden am Tag erreichbar sein

Der Staat müsse sich außerdem wieder seiner dienenden Rolle bewusst werden. Deshalb fordert Schulz auch, „dass der Staat online geht und zwar 24 Stunden am Tag an sieben Tagen in der Woche“. Er strebe ein „Deutschlandportal“ im Internet an, wo „alle Dienstleistungen verfügbar sind“. Dieses Portal soll spätestens in fünf Jahren verfügbar sein.

Auch in der Europapolitik wäre Schulz bereit, mehr Geld in die Hand zu nehmen, allerdings nur wenn sich auch Länder wie Ungarn und Polen solidarisch zeigten. Wenn diese etwa in der Flüchtlingspolitik weiterhin stur blieben, würde er als Kanzler vor der Verabschiedung eines EU-Haushaltes sein Veto einlegen. Eine Investitionsoffensive in Deutschland würde auch Europa stärken, so Schulz. Macron sicherte er außerdem seine Unterstützung bei dessen Forderung nach einem europäischen Finanzminister und einem europäischen Investitionsbudget zu.