Das war keine leichte Arbeitsbeziehung: Sigmar Gabriel und Yasmin Fahimi Foto: dpa

Es ist wie in so vielen Ehen - schon nach zwei Jahren ist die Luft zwischen SPD-Chef Gabriel und seiner Generalsekretärin endgültig raus. Jetzt muss er schnell eine neue finden - in sechs Wochen ist Parteitag

Berlin - Sigmar Gabriel ist eine ehrliche Haut. Das gilt auch in Momenten, wo Rücktritte verkündet und oft Girlanden gebunden werden, obwohl es richtig Zoff gab. So steht der SPD-Chef am Samstag neben der übermächtigen Willy-Brandt-Skulptur in der Parteizentrale in Berlin-Kreuzberg und ruft Yasmin Fahimi zum Abschied hinterher: Sie sei eine „engagierte Generalsekretärin“ gewesen.

Gabriel lobt zwar auch, dass die SPD mit Fahimis Wechsel zu Arbeitsministerin Andrea Nahles künftig eine „fachlich exzellente Staatssekretärin“ gewinne. Zwischen den Zeilen versteckt der Vizekanzler jedoch ein paar Nadelstiche.

Fahimi habe die Kampagnenfähigkeit des Willy-Brandt-Haus ausgebaut, Voraussetzungen für einen erfolgreichen Wahlkampf 2017 geschaffen, sagt Gabriel. Dabei weiß jeder bei den Genossen, dass der Chef schlaflose Nächte bei dem Gedanken hatte, Fahimi würde den Wahlkampf managen. Dafür sind längst andere ausgeguckt.

Monatelange Gerüchte

Gabriel hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass er die 47-jährige Ex-Gewerkschafterin in vielen Dingen der Parteiarbeit für überfordert hielt. Dabei hatte er sie vor zwei Jahren selbst geholt. Holen müssen. Eigentlich sollte Gabriels Kumpel Ralf Stegner den Job kriegen. Weil der Kieler SPD-Landeschef nun mal keine Frau ist, fiel die Wahl auf Fahimi.

Seit Monaten schwirrten Gerüchte umher, Gabriel sei auf der Suche nach einer Neubesetzung. Fahimis Problem vom Start weg war, dass sie in der Machtzentrale der Genossen keine Seilschaften besitzt. Sie war die Neue aus Hannover, dort mit dem mächtigen IGBCE-Gewerkschaftschef Michael Vassiliades liiert, aber ohne SPD-Stallgeruch und ohne Bundestagsmandat. So ist Gabriels gönnerhafter Satz vom Samstag, „Yasmin Fahimi ist tief in der Sozialdemokratie verwurzelt“, an Doppeldeutigkeit kaum zu überbieten.

Mehrfach rasselte er mit Fahimi aneinander. So stellte sich die Tochter eines Iraners und einer Deutschen zu Jahresanfang mit Verve gegen Pegida. Fahimi fühlte sich persönlich betroffen, erhielt viele böse Hetzbriefe und Drohungen aus der rechten Szene. Einen Dialog mit Pegida hielt sie für Blödsinn. Gabriel ging dann - als „Privatmann“, wie er stets unterstreicht - zu einer Podiumsdiskussion in Dresden, wo auch Pegida-Leute waren.

Gabriel war stinksauer

Auch bei gemeinsamen Presseauftritten watschte er seine wichtigste Zuarbeiterin gerne ab. Oder schnitt sie von wichtigen Infos ab, ohne die ein Generalsekretär eines omnipräsenten Parteivorsitzenden noch schwächer aussieht.

Fahimi kämpfte. So kündigte sie noch vor drei Wochen in einem Interview an, dass sie weitermachen wolle. Das sei mit Gabriel geklärt. War es aber nicht. Der Chef war stinksauer. Er lasse sich sein Vorschlagsrecht nicht aus der Hand nehmen, hieß es bei seinen Leuten. Fahimi quasi rauszuschmeißen, so kurz vor dem Parteitag Mitte Dezember im Berlin, das wagte auch Gabriel nicht.

Plötzlich ist ein Posten frei

Am Mittwoch fielen die Würfel wie von selbst - in Gabriels Sinne, der an diesem Tag in Moskau bei Präsident Wladimir Putin ist. Weil Jörg Asmussen, einer der profiliertesten Spitzenbeamten in Berlin und Ex-Direktoriumsmitglied der Europäischen Zentralbank, von Nahles weg wollte und nun zur Staatsbank KfW geht, ist plötzlich ein Posten frei.

Nahles als Ex-Generalsekretärin weiß nur zu gut, wie schwer manchmal die Zusammenarbeit mit Gabriel sein kann. Mit Fahimi dürfte sie gut harmonieren. Beide sind vom linken Flügel. „Als leidenschaftliche und erfahrene Gewerkschafterin bin ich mit den Themen Arbeitsmarkt und Rentenpolitik eng vertraut“, sagt Fahimi.

Wer aber lässt sich auf den heißen Stuhl an Gabriels Seite ein? „Ich werde wieder eine Frau vorschlagen“, verrät dieser. Sein Umfeld beteuert, noch sei nichts in trockenen Tüchern. Viele Namen kursieren, etwa Fraktionsvize Carola Reimann aus Niedersachsen, oder Heike Raab, Bevollmächtigte von Rheinland-Pfalz beim Bund. Der größte Landesverband NRW könnte dran sein - aus deren Reihen ruft mancher nach Michelle Müntefering. Die junge Abgeordnete (35) ist mit Ex-Parteichef Franz Müntefering verheiratet. Das letzte Wort hat Gabriel. Und der ist immer für eine Überraschung gut