Der Eugensplatz ist nicht nur bei Spaziergängern beliebt. Foto: Patrick Mikolaj

Zu Fuß lernt man eine Stadt am besten kennen. Für sein Buch „Stuttgart to go“ hat Patrick Mikolaj vom Unnützen Stuttgartwissen 42,5 Kilometer hinauf und hinab zurückgelegt. Wir stellen eine seiner Lieblingstouren vor: die alte Esslinger Steige.

Stuttgart - Eine neue Art von Heimatliebe hat er geweckt und vor fünf Jahren einen Hype im Netz ausgelöst: Patrick Mikolaj, der Erfinder des Unnützen Stuttgartwissens, versorgt mittlerweile weit über 40 000 Facebook-Fans mit kuriosen Fakten zur Stadt. Auch die Stadtführungen des Blogs erfreuen sich größter Beliebtheit. Für alle, die auf eigene Faust Stuttgart erkunden und dabei mit Infos versorgt werden wollen, ist nun ein Spazierbuch im Lokalteil-Verlag erschienen. „Stuttgart to go“, so heißt es, verfügt über eine Spiralbindung. Schon oft dachte der Autor, wenn er mit Wanderbüchern unterwegs war, dass die Ringbindung für Touren nützlich ist. „Damit bleibt das Buch immer dort aufgeschlagen, wo man es zuletzt gelesen hat“, sagt der 37-Jährige.

Zwölf Touren mit umfangreichem Serviceteil

Aus zwölf Spaziergängen, die im Buch mit Streckenplan, Fotos und Service anschaulich dargestellt werden, hat er für unsere Zeitung eine seiner Lieblingstouren ausgewählt, die wir hier vorstellen. Auf etwa 2,7 Kilometer geht es entlang der alten Esslinger Steige. Die Dauer des Spaziergangs beträgt etwa 50 Minuten. Der Startpunkt ist der Charlottenplatz, ein Ort, der sich vor 200 Jahren vor den Toren der Stadt befand.

Als der alte Stadtkern bereits im Mittelalter aus allen Nähten platzte, ist Anfang des 15. Jahrhunderts vor der Stadtmauer in südlicher Richtung eine Vorstadt angelegt worden. Sie war wegen der Leonhardskirche in ihrem Zentrum unter dem Namen Leonhardsvorstadt bekannt. Ein weiterer Name für das Viertel war Esslinger Vorstadt, da am Rande des Viertels ein Stadttor stand, durch das der Weg Richtung Esslingen führte. An der Stelle des Esslinger Tors befindet sich heute am Charlottenplatz ein Hochhaus.

„Auf dieser Tour versetzen wir uns in Gedanken in vergangene Zeiten zurück“, sagt Mikolaj und fährt fort; „Wir haben das Stadttor das Hochhaus hinter uns gelassen und folgen zunächst dem alten Weg nach Esslingen die Hügel hinauf. Wir genießen dabei die großartige Aussicht auf die City im Tal aus den verschiedensten Blickwinkeln.“

Großartige Aussicht vom Eugensplatz aus

Vier Stationen auf der Tour wollen wir ausführlicher beschreiben:

Station zwei: das ehemalige Kriegsministerium. Die steinernen Ritterrüstungen über dem Eingang sind ein Hinweis auf das Kriegsministerium des Königreichs Württemberg. Dem Ministerium schließt sich eine schöne Gartenloggia an, die zur Villa Bohnenberger links daneben gehört. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite befindet sich das Justizviertel. In dem grünen Gebäude auf der linken Seite hat sich beispielsweise das Oberlandesgericht angesiedelt. Ebenfalls hier ansässig sind das Landgericht Stuttgart und der Staatsgerichtshof.

Station vier: der Eugensplatz. Die Aussicht von hier auf die Innenstadt ist großartig. Das Eis-Bistro Pinguin zählt zu den beliebtesten Eisdielen der Stadt. Auf dem Eugensplatz befindet sich der Galatea-Brunnen. Seinen Namen verdankt er der bronzenen Nymphe, die auf ihm thront. Bei seiner Eröffnung im Jahr 1890 störten sich viele Stuttgarter sehr daran, dass die Galatea nur leicht bekleidet war.

Die erste Waldorfschule der Welt

Station sieben: das Aussichtstürmchen auf der Uhlandshöhe. Es lohnt sich, auf den Aussichtspunkt hinauf zu steigen, findet Patrick Mikolaj: „Wir werden hier oben mit einer großartigen Aussicht belohnt, die vom Neckartal über den Stuttgarter Talkessel bis zum Fernsehturm reicht.“ Auf dem Weg hinauf zum Türmchen kommt man an einer Statue vorbei – der Eva. Die bronzene Dame stand dort seit den 1980er-Jahren, bis ihr das Material, aus dem sie bestand, zum Verhängnis wurde. In einer Sommernacht 2012 wurde die Eva von ihrem Sockel abgesägt und abtransportiert. Später fand man Teile der Statue in Polen wieder. Ihre 120 Kilogramm schweren Überreste fanden den Weg zurück nach Stuttgart und wurden vom Künstler neu gegossen.

Station zehn: die Waldorfschule. Emil Molt war Gründer der Waldorf-Astoria-Zigarettenfabrik, die im Stuttgarter Osten ansässig war. Molt beschloss, eine betriebseigene Schule zu gründen, die auf der anthroposophischen Lehre von Rudolf Steiner basieren sollte. Dieser übernahm die Ausbildung des Lehrerkollegiums, und so konnte 1919 die erste Waldorfschule der Welt, die den Namen der Zigarettenfabrik tragen sollte, hier auf der Uhlandshöhe eröffnet werden. Nach dem Fabrikant Emil Molt wurde später eine Staffel benannt, über die der Spaziergang weiterführt, der an der Staatsgalerie endet.

„Stuttgart to go“, ein Spazierbuch von Patrick Mikolaj, 140 Seiten, 16.50 Euro, Lokalteil-Verlag, ISBN-10: 3981922603.