So sieht das aus, wenn man sich im Bahnhof von Tübingen für ein Beratungsgespräch am Videoschalter entscheidet. Tickets können auch gleich erworben und bezahlt werden. Foto: Horst Haas

Von einer zentralen Stelle aus berät die Bahn Fahrgäste an vielen Bahnhöfen in Baden-Württemberg – via Monitor. Das Modell soll nun auch in Stuttgart und den Landkreisen drumherum Einzug halten.

Stuttgart - Wie andere Unternehmen auch überlegt die Bahn, wo sie Kosten sparen kann. Und wie andernorts gerät dabei schnell das Personal in den Blick. Geht es mit weniger? Geht es ohne? Bei den Reisezentren, wo Kunden Informationen über Anschlüsse und Fahrkarten bekommen, lautete die Antwort vor fünf Jahren: beides kommt in Frage. Damals wurde entlang der Schwarzwaldbahn die persönliche Beratung von Angesicht zu Angesicht zunächst in St. Georgen und Triberg eingestellt – und durch eine immer noch persönliche Beratung via Monitor ersetzt. Hier meldet sich der Kunde an zentraler Stelle – zum Beispiel in Ludwigsburg –, wird dann per Video beraten und kann schließlich auch seinen Fahrschein kaufen, der direkt bei ihm am Bildschirm oder in der Kabine ausgedruckt wird. Wo keine Bahnmitarbeiter mehr vor Ort sind, etwa in Allensbach, wird das System meist begrüßt – weil es hilfreicher als ein Fahrkartenautomat ist. Auch vom Fahrgastverband Pro Bahn kam Lob. Ein Vorteil: Die Beratung gibt es meistens über einen längeren Zeitraum als bisher.

Videoschalter könnten länger besetzt sein

Entsprechend hat das sogenannte Video-Reisezentrum einen Siegeszug angetreten. In neun Bundesländern gibt es das mittlerweile, und unter der Überschrift „Weiterentwicklung der Vertriebswege bei der S-Bahn“ hat sich der Verkehrsausschuss der Regionalversammlung am Mittwoch mit den möglichen ersten Videoschaltern auch in der Region Stuttgart befasst. Das Gremium ist wichtig für die Bahn, da im bis 2028 laufenden Vertrag über den Betrieb der S-Bahn geschrieben steht, dass die Bahn sozusagen um Erlaubnis fragen muss, wenn sie an den Öffnungszeiten ihrer 22 Reisezentren und zwei Agenturen im Ballungsraum etwas ändern will. Je nach Standort öffnen diese werktags zwischen 5 und 9 Uhr und schließen zwischen 16 und 22 Uhr. Am Wochenende sind einige komplett zu.

16 Reisezentren sind betroffen

Nun will die Bahn in 16 Reisezentren etwas ändern – und ist auf den Verband Region Stuttgart zugekommen. Nach einer Beratungsunterlage des Gremiums sollen in Stuttgart-Vaihingen, Bad Cannstatt, Böblingen, Herrenberg, Leonberg, Bietigheim-Bissingen, Ludwigsburg, Backnang, Schorndorf, Waiblingen sowie Plochingen Videoschalter die Zentren ergänzen – mit der Möglichkeit, die Öffnungszeiten mit Personal einzuschränken. In Zuffenhausen, Kornwestheim, Marbach, Fellbach und Winnenden könnten Monitore die Beratung sogar komplett ersetzen – hier sollen die Verkaufszahlen der Bahn am geringsten sein. Dafür soll die Beratung per Video sieben Tage die Woche rund um die Uhr stattfinden, wobei sie in den – noch nicht definierten – Kernzeiten voraussichtlich aus Ludwigsburg geleistet würde. Die Kenntnisse des hiesigen Verkaufspersonals blieben also erhalten.

Wie schnell können Schalter repariert werden?

Infrastrukturdirektor Jürgen Wurmthaler warb dafür, mit der Bahn verhandeln zu dürfen. Sowohl VVS als auch DB verfügten über Online-Tickets, die zunehmend nachgefragt würden, während die Verkäufe an den Schaltern zurückgingen. Der Wunsch sei also nachvollziehbar und der 24-Stunden-Service nicht zu verachten. „Das wäre eine erhebliche Komfortausweitung“, sagte Wurmthaler und nannte dies eine „Chance“.

Die Runde schickte Wurmthaler zwar einstimmig in Verhandlungen, gab ihm aber auch einige kritische Hinweise mit auf den Weg. CDU-Sprecher Rainer Ganske will wissen, wie schnell die Bahn einen defekten Video-Schalter wieder reparieren kann und plädierte wie andere dafür, zunächst die ergänzenden Schalter zu testen, bevor das Personal aus den genannten fünf Zentren abgezogen wird. „Geräte, die nicht tun, und die Reisezentren weg, das geht gar nicht“, hieb Eva Mannhardt (Grüne) in die gleiche Kerbe und sorgte sich vor allem wegen des Vandalismus’. Auch SPD-Fraktionschef Harald Raß fragte sich, ob „eine Station im Schwarzwald 1:1 auf die Region Stuttgart übertragbar“ ist, zudem kritisierte er den geplanten Personalabbau als Folge der Digitalisierung. Sollen die Videoschalter tatsächlich eingeführt werden, müsste der Ausschuss dies noch beschließen.