Will Kürzung nicht akzeptieren: Salem-Vorstandschef Robert Leicht Foto: dpa

In Freiburg ist ein Internat für Oberstufenschüler aus aller Welt eröffnet worden. Dass das Land das College unterstützt, anderen internationalen Schulen die Zuschüsse jedoch streichen will, sorgt für Missstimmung.

Stuttgart - Kurt Hahn war ein rühriger Mann. Der Reformpädagoge gründete 1919 mit Max Prinz von Baden das Internat Schloss Salem, nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelte er das Konzept für die United World Colleges (UWC) – Internate, in denen Schüler aus aller Welt zusammenleben, sich auf einen internationalen Schulabschluss vorbereiten und zu Toleranz und Verantwortung erzogen werden. Am Dienstag wurde nun in Freiburg das erste UWC in Deutschland und das 12. weltweit eröffnet. 100 Schüler aus 71 Ländern und allen Schichten – vom Flüchtlingskind bis zur Professorentochter – werden dort zwei Jahre gemeinsam lernen, 2015 folgen weitere 100. Finanziert wird das noch der CDU-FDP-Regierung beschlossene Projekt von der Robert-Bosch-Stiftung, der Deutschen Stiftung UWC und auch vom Land. Das Wirtschaftsministerium trage 50 Prozent der Betriebskosten, maximal 2,5 Millionen Euro pro Jahr, sagte ein Sprecher des Ministeriums.

Daran hätte sich wohl kaum einer gestört, wenn das Land nicht gleichzeitig bei anderen internationalen Schulen sparen wollte. Es sei zu erwarten, dass von 2015 an „nicht mehr mit der Fortsetzung der Förderung internationaler Schulen gerechnet werden kann“, teilte das Wirtschaftsministerium im Sommer drei Schulen mit – die Haushaltsstrukturkommission der Landesregierung hat vorgeschlagen, die Zuschüsse in Höhe von insgesamt 1,02 Millionen Euro zu streichen. „Selbstverständlich bleibt die endgültige Entscheidung dem Landtag von Baden-Württemberg als Gesetzgebungsorgan überlassen“, heißt es in dem Brief. Der Landtag wird vom November an über den Doppelhaushalt 2015/16 beraten. Betroffen sind die International School of Stuttgart (ISS, 850 343 Euro), das Salem International College (156 043 Euro) und die International Christian School Stuttgart (17 814 Euro). Pro Schüler erhalten sie 2024 noch rund 1250 Euro.

„Uns bringt diese Summe zwar nicht um“, sagte Robert Leicht, Vorstandsvorsitzender des Trägervereins Internat Schloss Schule Salem. Es sei jedoch „unfair und inakzeptabel“, dass das Land die Zuschüsse streiche, gleichzeitig aber andere Projekte fördere, „die nichts anderes machen als wir“. Wie am neuen UWC in Freiburg gehe es auch am International College in Salem um interkulturellen Austausch. „Deshalb werden wir einen Antrag auf Gleichbehandlung stellen“, so Leicht.

Auch an der ISS in Stuttgart würde im Falle eines Falles nicht an der Erziehung gespart werden, sagt Sprecher Thomas Spengler, sondern zunächst in der Verwaltung. Die Schulleitung hoffe aber, Grün-Rot davon überzeugen zu können, dass die Schule wichtig für den Wirtschaftsstandort sei. Ausländische Fachkräfte kämen nur, wenn ihre Kinder internationale Schulen besuchen könnten. Bei 60 Prozent der Schüler zahlen die Arbeitgeber das Schulgeld in Höhe von 14 000 Euro pro Jahr.

Die Finanzierung der internationalen Schulen hat immer wieder zu Diskussionen geführt. 2004 forderte der Landesrechnungshof, die Zuwendungen zu stoppen oder eine Rechtsgrundlage für die Förderung zu schaffen. Das Landesrecht unterscheidet bei Schulen in freier Trägerschaft zwischen Ergänzungsschulen und Ersatzschulen. Privatschulen werden als Ersatzschulen anerkannt, wenn es im Land entsprechende öffentliche Schulen gibt – etwa Grundschulen oder Gymnasien. Sie erhalten staatliche Zuschüsse bis etwa 80 Prozent – für die Schulbereiche mit deutschen Abschluss in Salem zahlt das Kultusministerium 2,4 Millionen Euro, Ergänzungsschulen wie das College hingegen bekommen nichts. Daher übertrugen CDU und FDPdie Aufgabe dem Wirtschaftsministerium.

Weil weitere Anträge folgen könnten, die gleich behandelt werden müssten, und gleichzeitig gespart werden müsse, erwäge man, die freiwillige Leistung zur Wirtschaftsförderung zu stoppen, sagte ein Ministeriumssprecher. Beim UWC hingegen gehe es um interkulturelle Begegnung.

Die internationalen Schulen seien oft die einzige geeignete Schulform für ausländische Fachkräfte, sagt der CDU-Landtagsabgeordnete Claus Paal. Seine Fraktion verlangt Auskunft über die Pläne des Landes.