Waiblingen muss sparen – aber wo? Verwaltung und Gemeinderat haben da teilweise recht unterschiedliche Ansichten.
Immer mehr Aufgaben für die Kommunen, höhere Abgaben an den Landkreis und weniger Einnahmen aus der Gewerbesteuer: in seiner Haushaltsrede im November hat der Waiblinger Oberbürgermeister Sebastian Wolf von einer „dramatischen Entwicklung“ gesprochen, welche zu drastischen Sparmaßnahmen zwinge. So werden im kommenden Jahr beispielsweise keine neue Stellen geschaffen, obwohl neue Kindertageseinrichtungen eröffnet werden.
In ihren Haushaltsreden haben mehrere Redner diesen Schritt gelobt. Peter Abele (CDU) bezeichnete ihn als „ein sehr erfreuliches Zeichen in die richtige Richtung“. Auch Siegfried Bubeck (Demokratische Freie Bürger) begrüßte den Vorschlag der Verwaltung, bedauerte aber, dass es dadurch vorerst keine neuen Stellen beim Kommunalen Ordnungsdienst geben wird. Julia Goll (FDP) sagte, ihre Fraktion gehe einen Schritt weiter: „Wir beantragen, die Besetzung jeglicher Stellen – auch wenn diese im Stellenplan bereits vorgesehen sind – unter den Genehmigungsvorbehalt des Gemeinderats zu setzen.“ Urs Abelein (SPD) hingegen sagte angesichts der in Betrieb gehenden zwei Kitas: „Aus unserer Sicht kann das nicht funktionieren, jedenfalls nicht, wenn wir wieder weg von den reduzierten Öffnungszeiten wollen.“ Auch David Krammer (Bürgerliste Bittenfeld) bezweifelt, dass dies der richtige Weg ist. Er frage sich, ob da zu Lasten der Kleinsten und Familien gespart werde.
Braucht es ein „Haus der Musik“?
Weiteres Einsparpotenzial sieht Siegfried Bubeck im Bereich Bauen: Die Standards seien dort sehr hoch angesetzt. Seine Fraktion will daher prüfen lassen, wie sich zum Beispiel bei der Kita Ringstraße in Neustadt eine Kostenreduzierung um 30 Prozent auswirken würde. Für deren Baubeginn in 2025 machte sich Peter Abele stark. Er argumentierte, die Räume würden dringend gebraucht, und falls der Bau der Kita erneut verschoben werde, drohten hohe Folgekosten, weil dann Container angemietet werden müssten. Die CDU-Fraktion dringt auch auf eine zumindest teilweise Entwicklung des umstrittenen neuen Baugebiets am Söhrenbergweg in Neustadt. Dieses lehnt die Alternative Liste grundsätzlich ab.
Die Neugestaltung der Schmidener Straße um ein weiteres Jahr zu verschieben, finden viele Stadträte – anders als die Verwaltung – vertretbar. Christine Weber-Gutheinz (Alternative Liste) stellte zudem das geplante „Haus der Musik“ an der Rems in Frage. Sie bezeichnete den Neubau als „ein Prestigeprojekt“ und regte an, stattdessen die Musikräume in den Schulen zu ertüchtigen und sie für eine Nutzung durch die Musikschule Unteres Remstal und Vereine zur Verfügung zu stellen. Die FW-DFB-Fraktion plädierte dafür, erst wieder 2026 Geld für Planungen zum „Haus der Musik“ vorzusehen.
Mit Blick auf die Haushaltslage habe die Grünen-Fraktion darauf verzichtet, den Ausbau weiterer Photovoltaikflächen (PV) zu beantragen, sagte Elena Sugg-Adolphs. Sie forderte aber die Verwaltung auf, die Bereitschaft der Waiblinger Landwirten für einen Ausbau von Agri-PV-Anlagen auszuloten. Denn trotz aller Sparzwänge sei klar: „Dem Klimawandel ist unser Haushalt vollkommen egal.“ Wie aussichtsreich ein Zielabweichungsverfahren für Windkraftanlagen auf der Buocher Höhe sein könnte, will die grüne Fraktion durch ein Gutachten klären. Und sie fordert, dass die Verwaltung sich für ein Tempolimit auf der B 14 und B 29 einsetzt und prüft, wo im Stadtgebiet das Tempo auf 40 oder 30 Stundenkilometer begrenzt werden kann.
Gibt es Steuererhöhungen?
Eine Erhöhung der Grund- und Gewerbesteuer halten mehrere Fraktionen für kritisch. Die meisten Redner sahen es ähnlich wie Peter Abele (CDU), der sagte: „Bevor wir bei Steuererhöhungen mitgehen können, müssen wir die Sicherheit haben, dass alle Einsparpotenziale ausgeschöpft sind.“ Wo diese liegen, soll eine Kommission aus Verwaltung und Gemeinderat ausloten. „Eine Erhöhung des Gewerbesteuerhebesatzes kommt für die FDP-Fraktion nicht in Betracht“, stellte Julia Goll klar. An anderer Stelle könnte sich die FDP-Fraktionsvorsitzende den Schritt aber vorstellen: „Die Vergnügungssteuer wurde zuletzt 2016 angepasst und eine Umschau im Rems-Murr-Kreis hat ergeben, das wir mit unseren Sätzen vergleichsweise niedrig liegen. Deshalb beantragen wir eine Erhöhung der Sätze um 20 Prozent.“
SPD begrüßt Steuerpläne
Bei der SPD kam der Vorschlag der Verwaltung gut an, die Gewerbesteuer um 20 Punkte anzuheben. Die Erhöhung fordern die Sozialdemokraten seit mehreren Jahren, durchsetzen konnten sie sich bisher aber nicht. „Hätte der Gemeinderat auf uns bereits vor zehn Jahren gehört, hätten wir heute knapp 40 Millionen Euro mehr in der Tasche. Geld, das uns jetzt fehlt“, argumentierte Urs Abelein.