Spargelzeit: Einige Erntehelfer aus Rumänien stechen und sortieren Spargel in Nürtingen. Doch manchen ist der Einsatz im Ausland in Zeiten von Corona zu riskant. Foto: Ines Rudel

In Nürtingen läuft die Spargelernte auf Hochtouren. Für einen der größten Produzenten im Kreis sind dafür vor allem Saisonkräfte aus Rumänien im Einsatz. Die Koordinierung der Helfer ist wegen den Corona-Bestimmungen kompliziert.

Nürtingen - Mit zielgenauen Bewegungen stechen die rumänischen Arbeiter auf dem Spargelfeld die begehrten Stangen aus dem Damm. Etwa alle zwei Meter lugt eine Spitze aus der braunen Erde hervor, dann heißt es zustechen. Zwei Finger breit neben dem Gemüse geht das Spargelmesser von Zoltan Lechli etwa 25 Zentimeter tief in die Erde, mit Kraft ein Stück horizontal, dann zieht er den Spargel raus. Ab in die Box damit und weiter. Alles geht blitzschnell. Wenn die Kiste voll ist, wiegt sie etwa zehn Kilo und muss zum Lastwagen am Ende des Feldes geschleppt werden. „An einem Tag stechen wir rund 15 Felder. Das ist eine schwere Arbeit“, so der 33-Jährige. An den Dämmen sind nur Männer zu sehen, die Frauen würden auf die Erdbeerfelder geschickt, das sei leichter. Lechli regelt als Vorarbeiter die Ernte der rund 35 Saisonkräfte, die an diesem sonnigen Apriltag bei 25 Grad auf dem Feld bei Köngen arbeiten. Die Abstandsregel könne man hier gut einhalten.

Spargelanbau auf 40 Hektar

Der Acker gehört zu Henzler’s Rammerthof in Nürtingen-Raidwangen. Henzler ist einer der größten Spargelbauern im Kreis Esslingen. „Viele von unseren Arbeitern sind nicht zum ersten Mal hier. Aber so etwas wie in diesem Jahr habe ich in 30 Jahren Landwirtschaft noch nicht erlebt“, sagt Guido Henzler und schüttelt den Kopf. Er leitet den Anbaubetrieb, zu dem 40 Hektar Spargelfelder und 40 Hektar Erdbeerfelder gehören. Die Äcker sind in Neckarhausen, Köngen und Denkendorf. In der letzten Saison hat er rund 200 Tonnen weißen und grünen Spargel geerntet. „Das war etwas weniger als wir normalerweise haben“, berichtet er. Auch in diesem Jahr steht der Spargel gut da, die Ernte und die Sortierung laufen, genügend Arbeiter aus Rumänien sind gekommen. Doch die Abwicklung sei wegen des Coronavirus kompliziert und aufwendig.

„Normalerweise arbeiten wir mit einem Pool von Saisonkräften aus verschiedenen Ländern. 90 Prozent in jedem Jahr sind Leute, die wir seit Jahren kennen. Doch jetzt sind viele aus Angst vor Corona nicht gekommen“, so der Gärtner und Obstbauer. So sei es auch bei Lechlis Vorgänger gewesen. „Der Mann ist etwas älter und will sein Haus in Rumänien im Moment nicht verlassen. Er war seit mehr als zehn Jahren bei uns.“

Auch Lechli kommt seit 13 Jahren zu Henzler als Erntehelfer, durch die Erfahrung und seine guten Deutschkenntnisse hat er nun die Stelle als Vorarbeiter. „Die Arbeiter dürfen nur in Gruppen kommen. Wenn sie erst mal hier sind, geht es weiter“, sagt Henzler und meint die Corona-Bestimmungen. Insgesamt kommen in dieser Saison an die 200 Helfer aus Rumänien zu ihm nach Nürtingen. „Nach ihrer Einreise müssen sie in Quarantäne für 14 Tage. Arbeiten dürfen sie zwar in dieser Zeit, aber sonst nichts. Wir erledigen die Einkäufe für sie.“ Es gilt etwa auch eine Unterkunfts- und Arbeitsteam-Einteilung. Arbeiten in gleichbleibenden, möglichst kleinen Gruppen von fünf bis zehn, maximal 20 Personen. Das muss alles koordiniert werden in der Hochsaison. Henzler sei erst kürzlich vom Ordnungsamt kontrolliert worden, ob auch alles nach den strengen Vorgaben ablaufe.

Mit inländischen Aushilfen funtioniert es nicht so gut

Die vollen Lkws von den Feldern werden direkt zum Rammerthof nach Raidwangen gebracht. Hinter dem Hofladen, wo Leute mit Abstand Schlange für Spargel und Co. stehen, ist die Lagerhalle und die Spargelsortierung, wo die Stangen in Wasserboxen ankommen. Die Sortiergruppe von rund 15 Arbeitern und Arbeiterinnen, ebenfalls aus Rumänien, nimmt das Gemüse entgegen und sortiert im Akkord. Die Stangen werden gewaschen, schockgekühlt, sortiert in einem dunklen, feuchten Raum gelagert. „Wenn er zu viel Licht abbekommt, kriegt er eine Rotfärbung, das ist gleich eine Handelsklasse weniger“, erklärt Henzler. Geschmacklich seien alle Stangen gleich, ob dick oder dünn, ob mit Rotfärbung oder ohne. Henzler ist froh, dass er seine Ernte mit den Arbeitern aus Rumänien einfahren kann. Er habe auch mit inländischen Arbeitern Spargel gestochen, aber das habe auf Dauer nicht so gut funktioniert. „Um ein guter Spargelstecher zu werden, muss man mindestens zwei Wochen eingelernt werden. Nach einer Saison hat man wirklich den Dreh raus. Den Deutschen passen die Arbeitszeiten oft nicht. Wir ernten auch an Feiertagen und Wochenenden. Leute in Kurzarbeit haben hier ausgeholfen, aber dann ging es bei Ihnen im Hauptjob wieder weiter und die waren dann weg. Ich muss mich darauf verlassen können, wer zur Erntezeit da ist“, sagt er. Es sei ja so im Moment alles schon kompliziert genug. In den nächsten Wochen kämen weitere Arbeiter aus Rumänien. Dann wird die Einteilung in Arbeitsgruppen noch etwas komplizierter.

Warum die Arbeiter auch in Zeiten von Corona nach Nürtingen kommen, beantwortet Lechli auf dem Feld: „Wir brauchen das Geld. Die Arbeit hier ist besser bezahlt als zuhause.“ Dort verdiene er sich im restlichen Jahr den Unterhalt mit Malerarbeiten. Seine Freundin, die auf dem Erdbeerfeld pflückt, hat in Rumänien keinen Job. Noch bis Juli will er mit ihr in Nürtingen bleiben. Und im Herbst wie jedes Jahr zur Kürbisernte wieder kommen.