Spanische Kinder bekommen mehr Hausaufgaben auf als Jungen und Mädchen in anderen Ländern. Foto: dpa

Der spanische Elternverband Ceapa hat für den November zum Hausaufgabenstreik aufgerufen. Lehrer und Bildungspolitiker sind nicht erfreut. Aber auch nicht alle Väter und Mütter ziehen mit.

Madrid - „Der Nachmittag ist lang“, sagt Cecilia Moral, Madrider Mutter von drei Kindern. „Ich bin ganz froh, dass sie nach der Schule noch andere Dinge zu tun haben als fernsehen und mit der Playstation zu spielen. Nein, ich bin nicht für den Streik.“ Die Debatte ist eröffnet, das ist der größte Erfolg des spanischen Elternverbandes Ceapa, der seine Mitglieder für alle Wochenenden im November zum Hausaufgabenstreik aufgerufen hat.

Spanien gehört nach einer 2014 veröffentlichten Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zu den Weltmeistern in Sachen Hausaufgaben. Sechseinhalb Stunden in der Woche sitzen die Schüler hier zuhause über ihren Heften, nur in Russland, Italien, Irland und Polen wird noch länger gebüffelt. Zum Vergleich: In Deutschland verbringen die Kinder rund zwei Stunden weniger daheim am Schreibtisch. Rund vier Stunden Hausaufgaben in der Woche seien ideal, meinen die Autoren der OECD-Studie. Spanien überziehe. Der Streik soll das Thema ins öffentliche Bewusstsein bringen.

Am Wochenende soll das Familienleben vorgehen

Wie viele Eltern am vergangenen Wochenende ihren Kindern die Hausaufgaben tatsächlich erlassen haben, ist schwer nachzuprüfen. Aber nun wird allerorten darüber geredet, was den Schülern außerhalb des Unterrichts eigentlich noch zuzumuten sei. Gerade am Wochenende, findet der Elternverband Ceapa, sollte das Familienleben Vorrang haben. Auf dem Plakat, mit dem er zum Streik aufruft, benennt der Verband ein paar Dinge, die man außer fernsehen und Playstation spielen gemeinsam machen könnte: „Über ein aktuelles Thema reden, ins Museum gehen, einen neuen Ort in der Stadt besuchen“, und vieles mehr. Vor allem: „Wenn du aus dem Haus gehst, bleiben die Hausaufgaben dort. Deine Söhne und Töchter brauchen es.“

Die Bildungspolitiker sind sich des Problems bewusst. Die Regionalparlamente von Madrid, Kantabrien, den Kanarischen Inseln und Murcia haben den Schulen empfohlen, noch einmal nachzudenken. Vor einem Monat schickte das Bildungsministerium von Murcia ein Rundschreiben an die Lehrer, in dem es sie daran erinnerte, dass die Hausaufgaben „nicht zur schweren Last für die Familie“ werden dürften. Doch die Verantwortung, darüber zu entscheiden, was zu viele oder vielleicht zu wenige Hausaufgaben sind, bleibt bei den Lehrern.

Lehrer sagen: Die Kinder brauchen Regeln

Unter den Lehrern kommt der Streik des Elternverbandes nicht besonders gut an. Viele von ihnen ärgert, dass die Hausaufgaben als „eine Strafe“ dargestellt würden. Für die Pädagogen seien sie „ein Teil des Lehr- und Lernprozesses“, sagt Mario Gutiérrez von der Gewerkschaft CSIF. „Zu denken, das Kind sei unglücklich, weil es seine Hausaufgaben zu machen hat, ist eine Täuschung. Das Kind leidet nicht, wenn es Aufgaben hat, das Kind braucht Regeln, denn ohne sie entsteht eine Leere in ihm.“

Auch der spanische Bildungsminister Íñigo Méndez de Vigo hält den Streik für „eine sehr schlechte Idee“, weil er „Misstrauen gegen die Lehrerschaft“ ausdrücke. Das finden auch manche Eltern, nicht nur die eingangs zitierte Cecilia Moral. Eine andere Mutter, Nuria Pérez, hat ihr Unbehagen jetzt in einem Text auf Facebook ausgedrückt, der in diesen Tagen vielfach geteilt worden ist. Die Mutter zweier Töchter glaubt, dass es für die Kinder eine „emotionale Last“ bedeute, dem Lehrer ohne gemachte Hausaufgaben entgegenzutreten, weil es die Eltern so wollten. Das sei eine Last, „die auf Dauer viel schwerer wiegt als jede Hausaufgabenlast“.