Die Deutsche Corinna zu Sayn-Wittgenstein war einmal eine sehr gute Freundin von Spaniens Ex-Monarch Juan Carlos. Foto: dpa/Mikhail Metzel

Corinna zu Sayn-Wittgenstein beschuldigt den Ex-König der Belästigung. Das fällt nicht unter die Immunität eines Staatsoberhauptes, sagt ein Londoner Gericht. Es geht um 65 Millionen Euro.

Um sich eine Vorstellung davon zu machen, was „Belästigung“ bedeuten kann – im englischen Original „harassment“ –, berichtet Corinna zu Sayn-Wittgenstein in ihrer Klageschrift, wie sie bei einem Besuch in der Schweiz im Mai 2012 ihr Apartment durchwühlt vorfand. Es war aber nichts weggekommen, stattdessen lag ein Buch auf dem Wohnzimmertisch, das da vorher nicht gelegen hatte: „Prinzessin Diana: Die versteckten Beweise, wie der MI6 und die CIA am Tod von Prinzessin Diana beteiligt waren“.

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Am selben Abend klingelte das Telefon: „Es gibt viele Tunnel zwischen Monaco und Nizza“, sagte der anonyme Anrufer auf Spanisch. Zu Sayn-Wittgenstein fasste das als Morddrohung auf.

Die britische Justiz darf ermitteln

Wegen dieser und ähnlicher Erfahrungen reichte die deutsche Geschäftsfrau mit Wohnsitz in London im Dezember 2020 Klage gegen Juan Carlos de Borbón y Borbón ein, den spanischen Ex-König, den sie hinter diesen Belästigungen vermutet. Der berief sich, um die Vorwürfe abzuwehren, auf seine Immunität als fremdes Staatsoberhaupt, das er 2012 noch war. Doch der zuständige Richter am Londoner High Court befand an diesem Donnerstag, dass die Schikanen „nicht einmal entfernt in den Bereich staatlicher oder hoheitlicher Tätigkeit“ fallen.

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Die britische Justiz kann weiter gegen Juan Carlos ermitteln und ihn, falls sie die Vorwürfe für glaubwürdig hält, auf die Anklagebank setzen. Ob es dazu kommt, steht noch dahin. Im Dezember hielt der Richter den Vertretern der Klägerin vor, dass ihre Klageschrift „viel Erzählung und wenig Beweise“ enthalte.

Eine Schweizer Bank fürchtet um ihr Renommee

Juan Carlos und Corinna zu Sayn-Wittgenstein waren einst innige Freunde, sagt die Deutsche, wahrscheinlich aber mehr, nämlich Liebhaber. 2004 lernten sie sich kennen, aber erst 2012 erfuhren die meisten Spanier von der Affäre. Damals brach sich Juan Carlos am Rande einer Elefantenjagd in Botsuana die Hüfte, was damals zu einem Skandal gereichte, der auch den Namen „Corinna“ in die Zeitungen brachte.

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Eine Schweizer Bank fürchtete plötzlich um ihr Renommee und bat den König, sein Vermögen anderweitig zu deponieren, was er tat. Er überwies es an seine deutsche Freundin. Übers Geld ging die Freundschaft offenbar in die Brüche. Zu Sayn-Wittgenstein freute sich über das „unerbetene Geschenk“, sagte sie später, während Juan Carlos dachte, er bekomme es wieder. Hat er aber nicht.

Es geht um 65 Millionen Euro

Es ist nie schön, wenn eine Liebe an Geld zerbricht. Hier allerdings geht es um 65 Millionen Euro, die Juan Carlos vier Jahre zuvor vom damaligen saudischen König geschenkt bekommen hatte und dann an seine Freundin weiterreichte. Das ist beiden wohl den Streit wert. Juan Carlos habe ihr den früheren Chef des spanischen Geheimdienstes CNI auf die Fersen gesetzt, sagt die deutsche Geschäftsfrau. Außerdem habe er versucht, durch böse Nachrede ihren Ruf zu ruinieren. Das ist alles gut vorstellbar. Ob es auch wahr ist, kann jetzt die britische Justiz ermitteln.

Altkönig bleibt vorerst im Exil

Madrid
 Anfang März hat die spanische Justiz ihre Ermittlungen gegen den umstrittenen Ex-Monarchen Juan Carlos eingestellt. Man habe zwar zahlreiche Unregelmäßigkeiten im Finanzgebaren festgestellt, diese würden aber wegen der Verjährung oder der juristischen Unantastbarkeit des Ex-Königs nicht zur Anklage gebracht.

Abu Dhabi
 Der 84-Jährige teilte mit, er wolle trotzdem vorerst in Abu Dhabi bleiben, die Heimat nur besuchen. Das Königshaus reagierte mit Verständnis.