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Romney hat in der ersten Präsidentschaftsdebatte eine aggressive Vorstellung gegeben. In der Sache gut vorbereitet, stilistisch aber zu ambitioniert, griff er Barack Obama wiederholt frontal an.

Mitt Romney hat in der mit Spannung erwarteten ersten Präsidentschaftsdebatte in Denver eine aggressive Vorstellung gegeben. In der Sache gut vorbereitet, stilistisch aber zu ambitioniert, griff er Barack Obama wiederholt frontal an. Er warf dem Amtsinhaber vor, “die amerikanische Mittelklasse” zu zerstören und hielt ihm vor, mittelständische Betriebe mit seinen Steuerplänen zu ruinieren.

In düstersten Farben zeichnete er ein Bild der US-Wirtschaft, in dem Obama für hohe Benzinpreise, niedrige Einkommen und teuere Krankenversicherung verantwortlich ist. “Schauen Sie sich die Beweise der letzten vier Jahre an. Das ist außerordentlich,” setzte Romney an. “Wir haben 23 Millionen Menschen, die ohne Arbeit sind oder aufgehört haben nach Arbeit zu suchen.”

Es sei keine Alternative, einfach so weiterzumachen. Stattdessen versprach Romney Obamas Gesundheitsreform zu widerrufen, die Banken-Reform rückgängig zu machen und auf Steuererhöhungen für alle Amerikaner, also auch die Spitzenverdiener, zu verzichten.

Wiederholt redete Romney über den ausgesprochen schwachen Moderator Jim Lehrer hinweg, der der klare Verlierer des Abends war. Lehrer hatte die Debatte zu keinem Moment im Griff.

Der Präsident wirkte insgesamt zu passiv und nicht genügend kraftvoll in seinen Entgegnungen. Er verpasste mehrere Gelegenheiten in der Debatte zu kontern. Beobachter finden es einigermaßen erstaunlich, dass Obama weder die “47 Prozent” ansprach, noch Romneys Flip-Flops in der Steuerpolitik anging.

Der Präsident verteidigte seine Bilanz mit der verheerenden Situation, die er im Oval Office vorfand. Er habe mit der Gesundheitsreform die richtigen Prioritäten gesetzt und den massiven Jobverlust am Arbeitsmarkt gestoppt. “Wir bewegen uns in die richtige Richtung.”

Obama hatte zwei starke Momente als er direkt in die Kamera schaute und seine Landsleute vor klare Alternativen stellte. Bei der Steuerpolitik und als Verteidiger der staatlichen Krankenversicherung im Alter “Medicare”. Umso schwächer war sein Schluss-Statement, in dem er flach und ein wenig müde rüberkam. Romney dagegen nutzte das Schlussplädoyer wie ein Staatsanwalt, der kompakt und schnell die Klagepunkte präsentiert.

Gemessen an der Rezeption der Debatte ging Romney als Punktsieger aus dem Duell hervor. Obamas Spin-Doktoren hinterließen in der Spin-Alley nahe dem Pressezentrum einen wenig glücklichen Eindruck. Sie wissen, dass diese Nacht nicht so lief, wie sie es sich gewünscht hätten.

Fraglich dagegen bleibt, ob diese Debatte als “Game-Changer” in die Geschichte eingehen wird. Zumal Romney mit seiner plötzlichen Kehrtwende in der Steuerpolitik Obama Munition für die nächsten Debatten geliefert hat.

In jedem Fall hat der Republikaner seiner Basis rückversichert, dass er nicht einfach sang- und klanglos untergehen will, sondern kämpfen kann. Was er nicht überwinden konnte ist die fehlende Sympathie. Sein aggressiver Ton könnte sich als Bumerang bei den Wählern erweisen, die er erreichen muss.

Ein wichtiger Abend für den Herausforderer Obamas, der das Rennen noch einmal spannend macht. Aber vermutlicher nicht stark genug war, es auf den Kopf zu stellen.