Mitt Romney erfindet sich wieder einmal neu. Er betrat die Bühne der ersten Präsidentschaftsdebatte in Denver als Tea-Party-Konservativer und verlässt sie als traditioneller Republikaner, der ein wenig rechts der Mitte steht.  

Mitt Romney erfindet sich wieder einmal neu. Er betrat die Bühne der ersten Präsidentschaftsdebatte in Denver als Tea-Party-Konservativer und verlässt sie als traditioneller Republikaner, der ein wenig rechts der Mitte steht. Für den notorischen Wendehals die leichteste Übung. Nur diesmal waren die Amerikaner vorgewarnt. Am Tag nach der Debatte mit ein wenig Abstand und dem hieb- und stichfesten Nachweis der Fakten-Checker entsteht ein klareres Bild, wie der Gouverneur versucht, die Wähler in die Irre zu führen.

Hier ein paar der herausragenden Beispiele:

Steuern: Achtzehn Monate lang machte Romney damit Wahlkampf, die Einkommenssteuern querbeet um 20 Prozent senken zu wollen. Die Einnahmeverluste will er durch das Stopfen von Steuerschlupflöchern ausgleichen. Leider reicht das laut Zahlen des unabhängigen Tax Policy Centers nicht. Der Staat verliert Einnahmen in Höhe von 4,8 Billionen Dollar über zehn Jahre. Während der Debatte behauptete er schlicht, niemals Steuerkürzungen in dieser Höhe vorgeschlagen zu haben. Falsch. Er kann vor den auf You-Tube für immer gespeicherten Realitäten nicht davonlaufen.

Flip-Flop-Faktor (1-10): 10

Gesundheitsreform: Plötzlich entdeckt Romney, dass die Gesundheitsreform des Präsidenten nicht ganz so schlecht ist. Er verspricht zwar “Obama-Care” rückgängig zu machen, will das Gesetz dann aber durch seinen fast identischen Plan zu ersetzen. Mit dem Unterschied, dass Amerikaner mit Vor-Erkrankungen nicht mehr automatisch versichert werden müssten. Darauf angesprochen behauptete Romney fälschlich, sein Plan schließe diese Patienten mit ein.

Flip-Flop-Faktor (1-10): 9

Bankenregulierung: Auch hier zeigt Mitt plötzlich Einsichten, die er in früheren Debatten während der Vorwahlen der Republikaner noch weit von sich wies. Auch er sei für Regulierung ließ er die verblüfften Zuhörer wissen. Nicht alles an der Wall-Street-Reform sei falsch. Er werde Dodd-Franck widerrufen und durch “etwas” neues ersetzen. Nur durch was?Flip-Flop-Faktor (1-10): 10

Und wenn Mitt schon einmal dabei ist, sich neu zu erfinden, dann kann er auch gleich seine Meinung über 47-Prozent der Amerikaner zurücknehmen. Diese sei “total falsch” gewesen meint der Ertappte heute, der auf Video ertappt wurde, wie er hinter verschlossenen Türen mit seinen reichen Spendern über das Anspruchsdenken und die Opferhaltung von “47 Prozent” der Bevölkerung her zog.

US-Präsident Obama holte auf einer Kundgebung vor 12.000 Anhängern in Denver am Donnerstag morgen nach, was er am Abend versäumt hatte. Er hielt Romney vor, seine Positionen zu verändern und sich nicht für vergangene verantwortlich machen zu lassen.

“Der sehr lebhafte Kerl auf der Bühne behauptete er sei Mitt Romney”, meinte Obama. ”Das kann nicht der echte Mitt Romney geweisen sein, er das ganze Jahr herumgelaufen ist, um zu versprechen, den Wohlhabenden fünf Billionen an Steuern zu verschenken.”

Auch in den Medien stellten am Donnerstag mehr Reporter in Frage, ob die Debatte wirklich ein Erfolg für Romney war oder nicht mehr ein Phyrrus-Sieg, der ihn nun verfolgen werde.

Das Zauberzeichner-Narrativ ist bereits angelegt und könnte Obama helfen, die Offensive zurück zu gewinnen.

Romneys Bewegung in die Mitte ist nicht ohne Risiko. Der Versuch könnte zu spät kommen und keinen Effekt mehr haben.