Günstiger Wohnraum ist in Stuttgart schwer zu finden Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Ein Bericht offenbart: Seit 2014 wurde keine neue Sozialwohnung gebaut. Die Zahl der städtischen Wohnungsvergaben sank seither auf nur noch 837, das ist die niedrigste Zahl seit 2006. Das ruft Kritik hervor.

Stuttgart - Günstiger Wohnraum oder von der Stadt über Belegungsrechte zu vergebende Wohnungen bleiben knapp, die Zahl der Sozialwohnungen wird in der Landeshauptstadt weiter zurückgehen. Diese Botschaft hat Erhard Brändle, aus dem Liegenschafts- und Wohnungsamt am Freitag vor dem Wirtschaftsausschuss des Gemeinderates vermittelt. Forderungen nach einem neuen Wohnungsamt mit „Sondervollmachten“, wie es sich die SPD wünscht, erteilten Finanzbürgermeister Michael Föll (CDU) und Brändle eine Absage. Auch damit könne man keine neuen Bauflächen entdecken oder Wohnungen billiger machen.

2014 sank die Zahl der städtischen Wohnungsvergaben auf nur noch 837, das ist die niedrigste Zahl seit 2006. Gleichzeitig blieb die Zahl der Dringlichkeitsfälle in der städtischen Vormerkdatei mit 2015 hoch. Nur 2013 lag sie (im Zeitraum seit 2006) mit 2057 noch höher. Die Stadt hat insgesamt Zugriff (so genannte Belegungsrechte) für 18 342 Wohnungen, bis 2020 wird die Zahl auf 17 206 sinken. Parallel dazu geht die Zahl der Sozialwohnungen nach unten. Vergangenes Jahr waren es 15 672, im Jahr 2020 werden es voraussichtlich noch 14 354 sein, allerdings nur unter der Voraussetzung, das jährlich 248 neue entstehen.

Christoph Ozasek von der Linken warf der Stadtverwaltung angesichts der Zahlen „Totalversagen“ vor. OB Fritz Kuhn (Grüne), habe 500 neue Sozialmietwohnungen pro Jahr versprochen, „geliefert“ worden sei 2014 keine einzige. Kuhn sei damit „grandios gescheitert, das von ihm initiierte Bündnis für Wohnen produziere nur „viel heißen Dampf, den Partnern darin geht es darum, Flächen zu vergolden“, so der Stadtrat. Auch beim Energiesparprogramm zeigten sich schlechte Vorzeichen für die Energiewende, denn die von der Stadt zur Verfügung gestellten Fördermittel seien nicht ausgeschöpft worden. 241 Anträge waren 2014 bewilligt, dafür 1,4 Millionen Euro ausgezahlt worden – 400 000 Euro weniger als im Vorjahr.

Auch die Grünen sprachen von einer unbefriedigenden Situation, Udo Lutz von der SPD von einem „desaströsen Bericht“. Wegen der niedrigen Zinssätze funktionierten die üblichen Förderinstrumente nicht mehr. Lutz forderte „Direktinvestitionen der Stadt in Wohnungsbau“. Bernd Klingler von der AfD nannte die Fakten „verheerend“, Sibel Yüksel (FDP), von Beruf Scheidungsanwältin, gab den praktischen Rat, ihr angesichts der Mietpreise in Stuttgart und des Selbstbehalts nicht zu viel Arbeit zu verschaffen.

Für Philipp Hill von der CDU stellt sich angesichts der Einwohnerentwicklung – inzwischen sind die 600 000 überschritten – und der Flächenproblematik die Frage, welches Ziel sich die Stadt für die nächsten Jahre setzen wolle. „Soll sie auf 650 000 oder 700 000 Einwohner wachsen?“ Einen ausgeglichenen Wohnungsmarkt zu bekommen sei illusionär, sagte Hill, auch wenn die Stadt in einer Zeitstufenliste bis 2025 auf 174 Gebieten ein Wohnbaupotenzial von 21 415 Einheiten ausweist.

Michael Föll war die Kritik zu viel. Man sei auf dem Weg sagte er, Innenentwicklung, also die beschlossene Schonung von Freiflächen, sei mühsam und zeitaufwendig, die weitere Sicherung von Sozialwohnungen auch. Stuttgart stehe aber nicht isoliert, viele Großstädte stünden beim Wohnungsbau vor den gleichen Problemen.