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Uwe Seitz vom Jugendhilfeträger Waldhaus berät Partner, die gewalttätig gegen Frau und Kinder werden. Die Zahl der Ratsuchenden steigt. Deshalb bewilligte der Kreistag nun mehr Geld.

Hildrizhausen - Für misshandelte Frauen gibt es mittlerweile genügend Anlaufstellen. Doch Hilfe benötigen auch die Schläger. Seit mehr als zehn Jahren berät Uwe Seitz vom Waldhaus im Auftrag der Kreisverwaltung gewalttätige Partner. 35 Männer nahmen im vergangenen Jahr dieses Angebot in Anspruch. Acht stehen auf der Warteliste. Der Kreistag bewilligte deshalb jetzt mehr Geld für eine Ausweitung.

Herr Seitz, welche Männer kommen zu Ihnen in die Beratung?
Ganz normale Männer, die in ganz normalen Beziehungen leben. Ich berate Männer, die verurteilt sind wegen Körperverletzung und aufgrund einer Bewährungsauflage zu mir kommen. Zumeist aber handelt es sich um weniger massive Fälle, die nicht vor Gericht landen, weil die Frau keine sichtbaren Verletzungen hat. Bei mir landen oft die Männer, deren Verfahren der Staatsanwalt einstellt gegen die Auflage, zur Beratung zu gehen. Da hat zum Beispiel ein Mann bei einer Auseinandersetzung seine Frau geohrfeigt oder sie geschubst, sie bedroht, und sie rief die Polizei.
Die Polizei ermittelt dann?
Das ist ein Offizialdelikt, das heißt der Staatsanwalt ermittelt automatisch, auch wenn es keine Verletzungen gibt und keine Anzeige vom Opfer gemacht wird. Ich will diese Angriffe auf keinen Fall verharmlosen. Diese Männer übten Gewalt gegen ihre Frau oder Kinder aus. Aber ich habe noch keinen erlebt, dem das nicht leid tat. Viele Frauen sind ihren Männern sprachlich überlegen. Und die Männer fühlen sich hilflos und schlagen zu.
Was ist Ihre Aufgabe?
Vor allem geht es darum, dass der Mann Verantwortung für sein Tun übernimmt. Sich nicht rausredet: „Die Frau hat mich provoziert. Ich hatte keine Wahl.“ Dann schauen wir uns genau an, was ihn so weit getrieben hat und überlegen uns eine Alternative für den nächsten Streit.
Wie kann die aussehen?
Eine gute Strategie, die ich empfehle, ist erst einmal wegzugehen, wenn man merkt, dass man aggressiv wird. Oft hilft ein wenig Abstand. Dann aber sollte das Paar später in Ruhe über das Problem sprechen. Die meisten Konflikte eskalieren, weil die Partner nicht miteinander reden.
Was sind Auslöser für Konflikte?
Ganz alltägliche Dinge wie die Kindererziehung oder die Aufteilung der Hausarbeit. Ich hatte mal einen Mann in der Beratung, der stand beruflich sehr unter Stress. Und wenn er nach Hause kam, drückte ihm die Frau die Kinder und einen Einkaufszettel in die Hand. Er wollte sich in der Familie engagieren, fühlte sich aber überfordert, brauchte auch ein wenig Zeit für sich. Ihm habe ich empfohlen, das anzusprechen und zu vereinbaren, dass er zu zunächst eine halbe Stunde Pause hat.
Was gibt es noch für Streitthemen?
Es gibt Männer, die sind sehr eifersüchtig, unterstellen ihrer Frau, dass sie untreu ist. Ich frage dann nach, empfehle, das zu überprüfen. Viele Konflikte entstehen, weil sich der Mann in etwas reinsteigert, versucht, seine Frau zu kontrollieren, ihr Vorschriften macht. Meine Aufgabe ist es dann, dem Mann die Sicht der Frau nahezubringen.
Sprechen Sie mit den Frauen?
Im Einzelfall und bei Wunsch vom Opfer nehme ich telefonisch Kontakt zu der Frau auf. Aber wenn ich merke, dass Probleme tiefer liegen, empfehle ich eine Paartherapie. Ich habe auch schon eine Frau beraten, die ihren Mann bedroht hat.
Wie lange dauert die Beratung? Und wie ist die Erfolgsquote?
Normalerweise kommen die Männer drei bis sechs Mal zu mir. Manches Mal erhalte ich eine Rückmeldung. So von einem Mann, der es tatsächlich schaffte, bei Konflikten zunächst das Haus zu verlassen. Aber meistens weiß ich nicht, wie es weitergeht. Auch eine Trennung kann richtig sein, wenn sich die Konflikte nicht lösen lassen, vor allem wenn es Kinder in der Familie gibt. Die bekommen diese Konflikte immer mit, auch wenn die Eltern das verbergen wollen.