Die Bauindustrie im Land boomt – und trotzdem fehlt es in der Region Stuttgart an Wohnungen. Selber bauen will der Kreis Ludwigsburg allerdings keine. Foto: Avanti

SPD und Grüne wollen, dass der Landkreis Ludwigsburg beim Bau von Sozialwohnungen mitmischt. Der Landrat und andere Fraktionen sind dagegen skeptisch.

Ludwigsburg - Der Landkreis Ludwigsburg will sich nicht auf dem Immobilienmarkt betätigen – zumindest vorerst. In zwei Anträgen hatten SPD und Grüne im Kreistag die Gründung einer eigenen Wohnungsbaugesellschaft des Kreises angeregt, die vor allem Sozialwohnungen errichten soll. Angesichts steigender Mieten und geringen Angebots auf dem Markt sei das eine mögliche Lösung, heißt es in den Papieren. Die Mehrheit des Verwaltungsausschusses stimmte am Freitag allerdings dafür, das Thema anders anzugehen: Der Kreis soll einen Infoabend veranstalten, der sich um sozialen Wohnungsbau, Wohnungsmangel und Baurecht drehen wird. Statt einer Unternehmensgründung setzt das Landratsamt eher auf eine „Moderatorenrolle“.

Er mache kein Geheimnis daraus, dass er „die ganze Angelegenheit sehr zurückhaltend“ betrachte, sagte der Landrat Rainer Haas in der Sitzung. Nach der Info-Veranstaltung „sehen wir weiter“. In der Sitzungsvorlage für die Kreisräte führt das Landratsamt weitere Vorbehalte ins Feld: So könne man „kaum anders agieren als andere Marktteilnehmer im Bereich sozialer Wohnungsbau“. Denn letztlich konkurriere man um die gleichen Grundstücke, Bauunternehmen und Handwerker wie andere Bauträger auch.

Vor allem bezahlbarer Wohnraum solle die Kreisbau schaffen

Thorsten Majer, einer der Antragsteller in der SPD-Fraktion, meinte, der Landkreis dürfe sich nicht hinter den Zuständigkeiten verstecken. Zwar gebe es kommunale Bauträger, etwa in Ludwigsburg oder Bietigheim, „doch wir dürfen das Thema nicht damit abtun, dass wir nicht zuständig sind“. Peter-Michael Valet von den Grünen meinte, der Kreis „sollte Mut haben“. Rechtlich wäre eine Kreisbau-Gesellschaft aus seiner Sicht zulässig.

Diese Meinung scheint trotz Zustimmung der Linken kaum mehrheitsfähig: Er könne sich eine eigene Wohnungsbau-Gesellschaft des Kreises jedenfalls nicht vorstellen, erklärte Manfred Hollenbach(CDU), Sprecher der größten Fraktion. Er wisse auch nicht, „wie das praktisch gehen soll“. Sollte sich die Haltung im Kreishaus und im Kreistag noch ändern, wäre der Landkreis einer der wenigen, der ein eigenes Wohnungsbauunternehmen aus der Taufe hebt. Neben den privaten Bauträgern und kommunalen Gesellschaften gibt es zwar Beispiele für solche Konstrukte in der Region – allerdings liegt ihre Gründung teilweise Jahrzehnte zurück.

Im Rems-Murr-Kreis besteht die kreiseigene Kreisbaugruppe aus drei eigenständigen Gesellschaften. Die Kreisbaugesellschaft Waiblingen wurde 1949 von der Stadt Waiblingen und einigen Unternehmern gegründet. Sie hat den Schwerpunkt, Wohnraum für Menschen zu schaffen. Aktuell vermietet und verwaltet die Gesellschaft etwa 730 Wohnungen. Dazu kommen rund 3000 Einheiten, die für Dritte betreut werden. Die 2005 entstandene Rems-Murr-Kreis-Immobilien-Management GmbH (RMIM) betreut und erstellt kreiseigene und vom Landkreis genutzte Liegenschaften, aktuell mehr als 163 000 Quadratmeter Nutzfläche. Darunter war auch der Bau der neuen Mensa im Berufsschulzentrum Waiblingen. Dritte im Bunde ist die Rems-Murr-Gesundheits GmbH & Co. KG (RMG). Sie wurde 2004 gegründet und hat die Aufgabe, die medizinische Infrastruktur im Kreis zu sichern und zu entwickeln. Die RMG betreibt aktuell drei Gesundheitszentren.

In Waiblingen und Göppingen gibt es solche Konstrukte seit Jahrzehnten

Auch der Kreis Göppingen ist seit Jahrzehnten mit einer eigenen Gesellschaft auf dem Wohnungsmarkt aktiv. Die Kreisbau Filstal wurde am 1. Dezember 1950 gegründet, um breiten Schichten der Bevölkerung preiswerten Wohnraum zur Verfügung zu stellen, sowohl in Miete wie auch in Eigentum. Bis heute wurden mehr als 1500 Wohnungen und Häuser gebaut. Aktuell verwaltet das Unternehmen 2500 Wohn- und Gewerbeeinheiten aus dem eigenen sowie aus fremdem Bestand. Außerdem hat die Kreisbau Filstal ihr Angebot auf sämtliche Aspekte der Wohnwirtschaft erweitert: Sie plant, erstellt und verkauft Neubauten, vermittelt und verwaltet Immobilien, übernimmt die Mietverwaltung und das Gebäudemanagement.

Für den Kreis Ludwigsburg ist eine Gründung zumindest vorläufig vom Tisch, der Kreistag wird sich nach dem Votum seines Ausschusses nicht mehr mit dem Thema befassen. Ein konkretes Datum für die Infoveranstaltung gibt es noch nicht.