Jan Ruthardt, Monika Pfrommer und Hans-Albrecht Sautter (von links) haben Staubsauger und Lappen in die Hand genommen und die Orgelpfeifen geputzt. Foto: Alexandra Kratz

Das Instrument in der Sonnenbergkirche muss von Staub und Schmutz befreit werden.

Stuttgart-Möhringen - Es ist laut in der Sonnenbergkirche. Der Staubsauger brummt und das Pressluftgerät dröhnt. An Kirchenmusik ist in diesem Moment nicht zu denken. Und dennoch geht es genau um dieses Thema. Denn in diesen Tagen bringen Ehrenamtliche die Orgel in dem Gotteshaus an der Johannes-Krämer-Straße auf Vordermann. Das Instrument muss gereinigt werden. Und das ist gar nicht so einfach.

Die Pfeifen liegen fein säuberlich sortiert auf langen, mit gelben Tischtüchern bedeckten Tafeln. Es sind mehrere hundert Röhren und Röhrchen aus einer Zinn-Blei-Legierung – und das, obwohl nicht einmal die gesamte Orgel, sondern lediglich das sogenannte Rückpositiv geputzt wird.

Damian von Maltzahn hatte den Anstoß zu der Aktion gegeben. Als Organist und Kantor, der sich auch mit dem Orgelbau ein wenig auskennt, hat er schon vor einiger Zeit gemerkt, dass das Instrument mal wieder gründlich gereinigt werden muss.

Wertvolles gilt es zu pflegen

Hintergrund ist, dass in der Sonnenbergkirche im Jahr 2001 teilweise der Putz von der Decke kam, weil Feuchtigkeit eingedrungen war. Der Schaden ist freilich schon längst behoben. Doch an die Orgel hatte bislang noch niemand gedacht. Doch Damian von Maltzahn weiß, dass die Sonnenberger Gemeinde großen Wert auf die Kirchenmusik legt. Darum hatte er auch keine Zweifel, dass sich Ehrenamtliche finden, die bei der Aktion mitmachen. Rund ein Dutzend Frauen und Männer sind nun im Schichtbetrieb damit beschäftigt, das Instrument wieder auf Vordermann zu bringen. Der Organist rechnet damit, dass sie zusammen am Ende knapp 200 Arbeitsstunden geleistet haben.

Die Orgel in der Sonnenbergkirche wurde 1969 von der Firma Vleugels im Odenwald gebaut. Damian von Maltzahn schätzt, dass das Instrument einen Wert von knapp 400 000 Euro hat. „Die Orgel ist meistens der wertvollste Gegenstand in einer Kirche“, sagt der Kantor.

Und Wertvolles gilt es zu pflegen. Jan Ruthardt nimmt Pfeife für Pfeife in die Hand. Mit dem Pressluftgerät bläst er sie einmal ordentlich durch. Warum er bei der Aktion mitmacht? „Ich bin hier der Bufdi und hatte keine Wahl“, sagt der Mann, der derzeit bei der evangelischen Gemeinde seinen Bundesfreiwilligendienst absolviert. Ganz ernst meint er das aber natürlich nicht. „Es ist spannend, mal eine auseinander gebaute Orgel zu sehen. So eine Gelegenheit gibt es nicht oft“, sagt Ruthardt. Bei Monika Pfrommer sieht die Sache ein wenig anders aus. Ihr Mann singt in der Kantorei und hatte ihr von dem Projekt erzählt. „Ich wollte mich auch mal einbringen und mich in der Gemeinde nützlich machen“, sagt Monika Pfrommer.

Die Orgel muss alle 15 bis 25 Jahre geputzt werden

Über dieses Engagement freut sich nicht nur der Organist, sondern auch der Orgelbauer Gerhard Lenter. Er ist es, der die Ehrenamtlichen bei der Aktion anleitet und aufpasst, dass nichts kaputt geht. Außerdem will Lenter kleinere technische Dinge reparieren und die sogenannten Magisterzugmagneten kontrollieren. „Das muss regelmäßig alle 15 bis 25 Jahre mal gemacht werden“, erklärt der Orgelbauer. Wenn alles fertig ist, wird Lenter jede Pfeife neu stimmen. Dabei geht es nicht nur um die Tonhöhe, sondern auch darum, wie hart oder weich eine Pfeife klingen soll.

Für Lenter steht fest, dass die Gemeinde davon profitiert, wenn Ehrenamtliche bei der Reinigung einer Orgel mithelfen – und zwar nicht nur in finanzieller Hinsicht. „So eine Aktion schärft das Bewusstsein der Gemeinde für ihre Orgel“, sagt er. Und auch der Kantor ist sich sicher: „Wer hier mithilft, der hört in den kommenden beiden Wochen sicher ganz anders zu, wenn die Orgel erklingt.“ Doch an schöne Kirchenmusik ist bei dem Staubsaugergebrumme und Pressluftgedröhne, das gerade den Raum erfüllt, kaum zu denken.