Auch im Mai lohnt der Blick gen Himmel – viele Sterne sind auch ohne Teleskop erkennbar. Foto: imago//lan Dyer

Schnelle Sternschnuppen, rußende Riesensonnen und der späteste Untergang unseres inneren Nachbarplaneten seit über einem halben Jahrhundert: So stehen Sonne, Mond und Sterne im Mai 2023.

In der hereinbrechenden Dämmerung leuchtet als erster der Abendstern am Westhimmel auf. Dabei ist er gar kein Stern, keine selbst leuchtende Sonne, sondern unser innerer Nachbarplanet, die Venus. Sie beherrscht mit ihrem Glanz die erste Hälfte der kurzen Mainächte. Ihre Helligkeit nimmt im Laufe des Mai noch zu. Sie erreicht die höchsten Positionen im Tierkreis. Ihr Untergang erfolgt erst nach Mitternacht. Am 18. Mai geht sie gar erst um ein Uhr unter – dies ist der späteste Untergang der Venus seit über einem halben Jahrhundert.

Ein netter Himmelsanblick ergibt sich am 23. abends, wenn die Sichel des zunehmenden Mondes ein wenig oberhalb der Venus zu sehen ist. Auch Mars ist mit von der Partie. Der rötliche Planet ist allerdings erheblich lichtschwächer als die Venus und erst am Ende der Dämmerung im Dunklen der Nacht zu erkennen. Mars kann in der ersten Nachthälfte beobachtet werden. Während des Monats nimmt die Marshelligkeit weiter ab. Mars wandert durch das Sternbild Zwillinge und wechselt Mitte Mai in den Krebs.

Im letzten Maidrittel taucht der Riesenplanet Jupiter am Morgenhimmel auf. Am 20. geht er um 4.30 Uhr auf. Etwa eine Viertelstunde später hat er sich so weit über die ärgsten Dunstschichten am Horizont erhoben, dass man ihn erkennen kann. Bis Ende Mai verfrühen sich die Jupiteraufgänge auf zehn Minuten vor vier Uhr morgens. Bald nach seinem Aufgang verblasst Jupiter in der zunehmenden Morgenhelle. Am 19. wechselt der Riesenplanet aus dem Sternbild Fische in den Widder.

Saturn im Sternbild Wassermann ist ebenfalls am östlichen Morgenhimmel zu sehen. Anfang Mai geht der Ringplanet kurz nach vier Uhr morgens auf, zu Monatsende bereits eine Viertelstunde nach ein Uhr.

Bis zu 70 Meteore pro Stunde

Bis Mitte Mai sind die Sternschnuppen der Eta-Aquariiden zu erwarten. Allerdings sind die Verhältnisse für Beobachter/-innen in Mitteleuropa eher ungünstig. Denn der Ausstrahlungspunkt, der im Sternbild Wassermann liegt, geht erst kurz vor Beginn der Morgendämmerung auf. In den letzten Jahren wurden 60 bis 70 Meteore pro Stunde gezählt. Das Maximum der Aquariidentätigkeit wird am 6. Mai erreicht. In diesem Jahr stört das helle Licht des Vollmondes die Beobachtung der Aquariiden.

Es handelt sich um schnelle Sternschnuppen, die mit rund 60 Kilometern pro Sekunde in die Erdatmosphäre eindringen und deshalb lange Leuchtspuren hinterlassen. Die beste Beobachtungszeit liegt in den Morgenstunden vor Beginn der Morgendämmerung. Ihren Ursprung führen die Aquariiden auf den Halleyschen Kometen zurück. Sie sind abgesprengte Bruchstücke aus dessen eisigem Kern.

Am 6. wird um 19.34 Uhr die Vollmondphase erreicht. Der helle Mond steht vor den Sternen der Waage. Dabei tritt er fast zu hundert Prozent in den Halbschatten der Erde. Allerdings entgeht uns diese Halbschattenmondfinsternis in Mitteleuropa. Denn wenn der Vollmond aufgeht, ist das kosmische Schattenspiel fast schon zu Ende.

Neumond tritt am 19. um 17.53 Uhr ein. In Erdnähe kommt der Mond am 11., wobei ihn 369 343 Kilometer von uns trennen. Seinen erdfernsten Bahnpunkt passiert der Mond am 26. frühmorgens, wobei er 404 509 Kilometer entfernt bleibt.

Wenn es dunkel geworden ist, steht der Große Wagen schon steil über unseren Köpfen. Die Kassiopeia, das Himmels-W, sieht man tief im Norden knapp über dem Horizont. Der Himmelslöwe hat seinen Meridiandurchgang schon hinter sich und ist hoch im Südwesten auszumachen. Hoch im Südosten leuchtet der orange Arktur, Hauptstern im Sternbild Ochsentreiber. Arktur gehört zu den fünf hellsten Fixsternen des Himmels. Nahe bei Arktur fällt ein markanter Halbkreis von Sternen auf. Er markiert die Nördliche Krone. Der etwas hellere Stern im Halbkreis heißt Gemma, der Edelstern im Goldgeschmeide der Krone.

Der riesige Stern stößt gelegentlich eine Staub- und Rußwolke ab

In der Nördlichen Krone findet sich ein seltsamer Stern. Er wird als R Coronae Borealis bezeichnet. Es handelt sich um einen alternden Stern. Man kann ihn im Fernglas sehen. Von Zeit zu Zeit wird er viel dunkler. Seine Helligkeit geht um das Zehntausendfache zurück. Denn der Stern stößt gelegentlich eine Staub- und Rußwolke ab, die ihn einhüllt und sein Licht abdunkelt. Dann kann man ihn nur noch in großen Teleskopen sehen. Nach einiger Zeit verflüchtigt sich die Rußhülle, und der Stern erreicht wieder seine ursprüngliche Helligkeit. 4470 Lichtjahre trennen uns von R Cr B. Mit dem 170-fachen Sonnendurchmesser ist dieser rußende Stern eine Riesensonne, die so hell strahlt wie 19 000 unserer Sonnen. Mit 6480 Grad Celsius ist er an der Oberfläche noch heißer als unsere Sonne.

Im Nordosten geht gerade das Sonnendreieck auf. Die Sterne Wega in der Leier und Deneb im Schwan sind schon über die Horizontlinie gestiegen, während Atair im Adler sich noch unter dem Horizont befindet.

Im Südosten nimmt die Waage ihren Platz ein. Einst lag der Herbstpunkt im Sternbild Waage, heute findet man ihn in der Jungfrau. Trotzdem spricht man immer noch vom Waagepunkt, wenn man den Herbstpunkt meint. Nur vier Sterne in der Waage sind so hell, dass man sie mühelos mit bloßen Augen sehen kann.

Die Sonne steigt im Tierkreis immer höher. Am 14. verlässt sie das Sternbild Widder und wechselt in das Sternbild Stier. Im letzten Maidrittel passiert sie das Goldene Tor der Ekliptik, das von den beiden Sternhaufen Plejaden und Hyaden im Stier gebildet wird. Am 21. tritt die Sonne in das Tierkreiszeichen Zwillinge. Ihre Mittagshöhe nimmt um knapp sieben Grad zu.