War zunächst für eine Minderheitsregierung: der CDU-Wirtschaftspolitiker Carsten Linnemann gibt der Großen Koalition eine Chance. Foto: dpa

Der Unions-Wirtschaftsflügel hat anfangs eine Minderheitsregierung ins Gespräch gebracht. Er kann sich jetzt eine große Koalition unter neuen Vorzeichen vorstellen.

Berlin - Der Wirtschaftsflügel der Union stellt seine Bedenken gegen die große Koalition zurück. Bis vor wenigen Tagen zählte der Wirtschaftsflügel von CDU/CSU noch zu den treibenden Kräften, die sich für eine Minderheitsregierung unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU) aussprachen. Nun zeigen sich Positionsbegradigungen. Carsten Linnemann, Vorsitzender der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der Union, plädierte im Interview mit der ARD für die große Koalition. Wenn es die Chance gibt, in der großen Koalition eine neue, zukunftsweisende Politik zu gestalten, „dann sollte man es machen“, sagte Linnemann. „Das Wichtigste für die Wirtschaft ist Stabilität und Planbarkeit“, sagte er. Damit vermeidet der Wirtschaftsflügel eine Festlegung auf eine Minderheitsregierung. Anfang Dezember hatte Linnemann die Vorteile einer Minderheitsregierung betont. „Die sollte man seriös prüfen“, meinte er damals. „Ein Vorteil wäre, dass dann das Parlament gestärkt würde und mehr Bedeutung bekäme.“

Merkel legt Wert auf Geschlossenheit

Die Forderungen nach einer Minderheitsregierung nehmen in der Union ab. Grund ist auch der Beschluss der CDU-Spitze. Der CDU-Vorstand hat sich einstimmig für Verhandlungen mit der SPD ausgesprochen. Dem Vernehmen nach bestand die CDU-Parteichefin Angela Merkel auf einer einhelliger Entscheidung. Debatten über eine Minderheitsregierung werden von Merkel als störend empfunden. Der Unions-Wirtschaftsflügel versammelt sich hinter der Verhandlungslinie der Union. Der CDU-Finanzpolitiker Ralph Brinkhaus sagte unserer Zeitung: „Jamaika wäre besser gewesen – aber auch mit der SPD könnte man wichtige Projekte wie die Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts, die Digitalisierung der Arbeitswelt oder die Fortschreibung von Deutschlands Rolle in der Welt auf den Weg bringen.“ Zweifel an einer Groko meldet dagegen der baden-württembergische CDU-Abgeordnete Christian von Stetten an, der zum Vorsitzenden des Parlamentskreises Mittelstands der CDU/CSU-Fraktion wiedergewählt worden ist. Eine große Koalition könne zwar gelingen, aber nicht um jeden Preis, sagte Stetten. „Ich bin sehr skeptisch. Bei den bisherigen Forderungen der SPD sehe ich keine Einigungschancen.“ Der Wirtschaftsrat der CDU bleibt dabei, dass eine Minderheitsregierung angestrebt werden soll. „Die demographischen Herausforderungen und die notwendigen Innovationen können keine Weiter-so-Groko gebrauchen“, sagte Generalsekretär Wolfgang Steiger.