Kreise in verschiedenen Größen, knallbunte Linien und Netze: Mit ihren prägnanten Bildern beschreiben die Künstler des Spinifex Art Projects ihr Land. Foto: factum/Granville

Im Museum Kunstwerk der Sammlung Klein wird am Sonntag eine neue Sonderausstellung eröffnet. Gezeigt werden Werke des australischen Volksstamms Spinifex, die als klassische Form der Aborigine-Art gelten.

Eberdingen - Auf den ersten Blick wirkt es sehr ab-strakt, was derzeit an den Wänden des Museums Kunstwerk in Eberdingen-Nussdorf hängt. Auf den großformatigen Bildern sind Kreise in verschiedenen Größen zu sehen, schwungvolle Linien oder vielfach verästelte Netze – alles in kräftigen Farben. Doch die prägnanten Kompositionen sind längst nicht nur ästhetische Werke einer australischen Volksgruppe. Vielmehr beschreiben sie jeweils eine bestimmte Landschaft und erzählen anhand dessen die Geschichte eines Schöpfungsmythos der Aborigines.

Diese Mythen sind essenziell in der Tradition der australischen Ureinwohner. Sie werden seit Jahrtausenden überliefert, über Zeremonien, Tänze – und eben über die Malerei. Was früher an Felsen oder in den Wüstensand gezeichnet wurde, findet inzwischen auf der Leinwand Ausdruck. Die spirituelle Bedeutung der Werke wird dadurch aber offenbar nicht geschmälert. Nach wie vor seien die Darstellungen der Wüstenbewohner eng an ihre mythologischen Überlieferungen geknüpft, berichtet die Kuratorin Robyn Kelch.

Künstler führen ein Leben als Halbnomaden

Kelch ist Inhaberin der Freiburger Galerie Artkelch und hat sich auf Aboriginal Art spezialisiert. Die Bilder, die vom kommenden Sonntag an in der Sonderschau „Purrungu und Narrupa – Aboriginal Art vom Volk der Sonne und des Schattens“ im Museum Kunstwerk gezeigt werden, haben für sie eine ganz besondere Kraft. „Diese Werke sind sehr roh, sehr archaisch“, sagt Kelch. Genau das mache ihren Reiz aus. Denn es spiegele die Lebenswirklichkeit der Künstler wieder, die bis vor wenigen Jahren noch ein Nomadenleben führten und noch heute als Halbnomaden gelten. Die Schöpfer der Werke der Sonderausstellung sind allesamt im Spinifex Arts Project in Zentralaustralien aktiv, ihre Kunst gilt als eher klassische Strömung innerhalb der Aboriginal Art.

Das dürfte laut Robyn Kelch auch daran liegen, dass die Spinifex ihre Kunst im Rahmen der Landrechtsbewegung nutzten. Durch geheime Atomtests der Briten in den 60er Jahren sei diese Volksgruppe von ihren angestammten Gebieten vertrieben worden, berichtet Kelch. Daraufhin hätten sie in den 80ern beschlossen, ihr Land zurückzugewinnen, indem sie es malten und so über 500 heilige Stätten dokumentierten. Letztlich wurde das vom Staat als der Beweis für ein Gewohnheitsrecht anerkannt und den Aborigines wurden im Jahr 1996 rund 55 000 Quadratmeter Land zugesprochen.

Geschichten von Landschaften

Noch heute erzählen ihre Bilder Geschichten von Landschaften. So stünden Kreise etwa stets für Wasserlöcher, erklärt Kelch. Allerdings bedeute ein größerer Kreis nicht zwingend, dass das Wasserloch in natura groß sei, sondern dass es eine große Bedeutung in einem Schöpfungsmythos spiele. Auch die Abstände zwischen den Kreisen seien nicht wie Entfernungen auf einer Landkarte zu verstehen, vielmehr deuteten weit auseinander liegende Kreise darauf hin, dass auf dem Weg von einem zum anderen Ort mythologisch viel passiert.

Die Sonderschau wird im Rahmen der aktuellen Ausstellung „Neue Bilder – Malerei der Aborigines“ der Sammlung Klein gezeigt, in der moderne Werke aus verschiedenen Regionen Australiens präsentiert werden. Das Museum Kunstwerk ist mittwochs bis freitags und sonntags geöffnet.