Und abwärts geht’s: Die Trails sind gut beschildert – bedürfen aber einiger Übung, um schnell durchfahren werden zu können. Foto: avanti, Andreas Hennings (3)

Die offiziell freigegebenen Trails in den Wäldern bei Beilstein und Oberstenfeld sind für Mountainbiker aus der ganzen Region ein beliebtes Ausflugsziel. Manche der Strecken sind gerade für Anfänger sehr herausfordernd.

Bottwartal - Der Umgang mit Mountainbike-Trails in Wäldern ist je nach Ort verschieden. Erst vergangene Woche kündigte die Stadt Stuttgart an, Biker auf den dort illegalen Strecken mit einem saftigen Bußgeld zu belegen. Hunderte Biker reagierten am Samstag mit einer Demonstration vor dem Stuttgarter Rathaus. Sie erhoffen sich, dass das Streckennetz in der Landeshauptstadt legalisiert wird – wie das im oberen Bottwartal der Fall ist. Hier hat der Verein Trailsurfers in Kooperation mit Kommunen, Behörden, Naturschützern und Co. Trails bei Beilstein und Oberstenfeld angelegt. Doch wie ist es, diese Strecken zu befahren? Als leidenschaftlicher Radfahrer, aber eher unerfahrener Mountainbiker, habe ich mich für unsere Sommerserie in den Sattel geschwungen . . .

 

Nun, um eine Erkenntnis vorwegzunehmen: Es ist nicht ohne, die Trails zu bezwingen. Das merke ich gleich an meinem Einstieg in die 30 Kilometer lange Rundstrecke „Hoch hinaus“, auf der ich abschnittsweise unterwegs sein werde. Denn mein Einstieg ist der Söhlbachtrail beim Beilsteiner Wochenendgebiet Wanne. Wie ich später merken werde: Ich habe mir damit eines des schwierigsten Teilstücke auf der ganzen Strecke herausgesucht – was mich spontan an meine erste Skifahrt erinnert, als ich aus der Gondel stieg und eine mittelschwere (rote) Abfahrt nehmen musste, um die leichtere Strecke (blau) zu erreichen. Na danke!

Da stehe ich also, oberhalb der Weinberge am Waldrand. Der Blick über die Ausläufer der Löwensteiner Berge ist traumhaft. Doch vor mir geht’s im Wald steil und kurvig bergab. Immerhin: Dass ich meine Tour wegen Regens um ein paar Tage verschoben habe, erweist sich schon hier als richtig. Denn wären diese Kurven auch noch rutschig, ich wäre geradewegs umgekehrt. Jetzt ist der Boden staubtrocken. Aber er ist eben steil, und die Kurven sind teils von tiefen Spurrillen durchzogen. Doch ich überwinde mich – mit angezogenen Bremsen. Zunächst ist Schrittgeschwindigkeit angesagt, manchmal halte ich wieder an. Auf diese Weise taste ich mich an die Gegebenheiten heran.

Und siehe da: Nach den ersten holprigen Kurven läuft es flüssiger. Die Geschwindigkeit wird höher. Ich entwickle ein Gefühl dafür, wie ich das Gewicht verlagern muss (nach hinten!) und wann es besser ist, aus dem Sattel zu gehen. Aus dem Bammel der ersten Sekunden wird so Freude darüber, was gerade passiert. Ich merke aber: Euphorie wäre fehl am Platz. Zu jeder Sekunde ist ob der Bäume, Steine, Wurzeln und Abfahrten hundertzehnprozentige Konzentration gefragt. Die Finger umschließen immer die Bremshebel. Ein Glück, dass ich Fahrradhandschuhe trage. Das erhöht die Griffigkeit und mindert die auch so deutlich spürbare Anstrengung in den Fingergelenken.

Eine Euphorie bricht bei mir aber auch deshalb nicht aus, weil ich dafür schlicht noch zu langsam bin. Ein Glück denke ich mir, als der Söhlbachtrail im unteren Stück flacher wird. Als mein Tempo zunimmt, ist der Trail auch schon zu Ende. Die erste Abfahrt, sie ist geschafft!

Zwischen den Trails führt die Strecke in sehenswerter Landschaft über Pfade, Feld- und Weinbergwege. Zeit zu entspannen? Denkste! Da ich kein E-Bike unterm Hintern habe, fließt schnell Schweiß. Der Name „Hoch hinaus“ kommt ja nicht von ungefähr. Auch zur zweiten Herausforderung, dem Wartkopftrail, geht’s weit hinauf. Der Gedanke daran, wieder hinunterfahren zu können, lässt mich durchhalten. Und das lohnt: Der Trail erweist sich als deutlich anfängerfreundlicher. Auch hier geht’s mit viel Schwung über Wurzeln, Hügel und durch die mit liegenden Ästen begrenzten Steilkurven. Es ist aber weniger steil, und die Schanzen – naja, das wird sowieso dauern, bis ich die nicht mehr umfahre (das Umfahren ist fast immer problemlos möglich). . .

Ich bin also wieder in Fahrt, verspüre einen Heidenspaß und hoffe, es geht ewig weiter bergab. Dem ist aber nicht so: Stattdessen geht’s, unten angekommen, über mehrere Kilometer vorbei an Schmidhausen und Gronau weit hinauf Richtung Prevorst. Wer ein E-Bike hat, ist klar im Vorteil. Höhenmeter um Höhenmeter frisst sich in meine Waden. Nach dem langen, kräftezehrendem Anstieg heißt es erst mal durchschnaufen und einen tiefen Schluck aus der Flasche nehmen – bevor es auf dem Fischbachtrail wieder abwärts geht. Der führt über knapp 1,3 Kilometer auf meist schmalem Weg durch den Wald. Es geht durch viele Steilkurven und über kleine Hügel, für die manchmal auch reichlich Schwung nötig ist, um sie zu erklimmen. Manch steile Abfahrt muss ebenfalls überwunden werden – was mich weiterhin Überwindung kostet. Doch im Zweifelsfall kann man absteigen oder langsam fahren. Man sollte aber aufpassen, dass nicht von hinten ein schnellerer Biker kommt – was bei mir am Freitag im offenbar menschenleeren Wald nicht der Fall ist. Auf schwierige Hindernisse oder querende Waldwege weisen auch Schilder mit einem Ausrufezeichen hin.

Die Vorsicht behalte ich bis zuletzt bei. Der Respekt vor manchem Hindernis ist groß, so manches übersteigt wohl auch noch meine Fähigkeiten. Doch das Biken auf den Trails bereitet Spaß und Nervenkitzel, keine Frage. Dennoch: Die immense körperliche wie geistige Anstrengung darf man nicht unterschätzen, richtiges Equipment ist nötig. Aber: Es muss ja nicht gleich die anspruchsvolle Rundstrecke „Hoch hinaus“ sein – es würde gerade für den Start reichen, sich auf einen der vielen Trails festzulegen und diesen immer wieder zu fahren.

Ich muss derweil passen – den zweiten Anstieg nach Prevorst, um den Rundkurs über den Joachimtrail Stage 2 und den Jettenbachtrail fortzusetzen, gibt meine Kraftreserve nicht her. Deshalb geht’s weiter ins Tal und nach Hause. Fix und fertig, aber mit neuen, spannenden Eindrücken!