Den Nesenbach aus der Versenkung holen – und damit fließendes Wasser in die Stadt: Das Sommerfestival am Stadtpalais huldigt dem Nesenbach.
Der Nesenbach, er lebt! Die Gäste der Eröffnungsveranstaltung des Sommerfestivals am Stuttgarter Stadtpalais konnten sich am Freitagabend davon überzeugen, dass dieses Urgewässer der Landeshauptstadt aus der Versenkung geholt wurde.
Und das auf mehrfache Weise. Hier mit historischen Erläuterungen und Fotos aus der grauen Vergangenheit. Und dort mit einer schönen Utopie in der Gegenwart: ein rund 40 Meter langer, künstlicher Bachlauf im Garten des Stadtpalais. Und statt stinkendem Abwasserkanal (was der Nesenbach in seiner Kernzeit hauptsächlich war) erleben die Stuttgarter für sechs Wochen eine plätschernde Nesenbach-Nachbildung mit allem, was zu einem Idyll dazugehört: kleine Sandbucht, Staudamm, Brücke und Wasserfall im Miniaturformat. Dazu neun offene Holzhütten, die die Grundlage für das Motto des Sommerfestivals lieferten: Camping am Nesenbach.
Dabei war den Veranstaltern kurz vor dem Startschuss der Schreck in die Glieder gefahren. „Als es heute Nachmittag gegen 15 Uhr zu regnen begonnen hatte, dachten wir schon, dass kein Mensch kommt und wir bei der Eröffnung ganz alleine sein werden“, berichtete Stadtpalais-Direktor Torben Giese von seiner Furcht. Sie war letztlich unbegründet, denn die Schauer waren längst wieder fort und die laue Sommerluft zurück, als es losging. Tatsächlich füllte sich das Gartengelände auf der Rückseite des Museums im Lauf des Abends immer mehr mit Publikum.
Sommerszenario für nichtverreiste Stuttgarter
„Es ist absolut großartig geworden“, lobte Giese in seiner Eröffnungsrede das Werk des Architekten Peter Weigand. Er und sein Team vom „Studio Umschichten“ hatten die Idee für das Festivalmotto und waren, wie in den Jahren zuvor, auch für die Umsetzung zuständig. Weigand hatte einmal mehr den Materialkreislauf angeworfen, verwendete viele Bauteile aus den Vorjahren an neuen Stellen. „Das ist das Ziel, statt viel Neues eben viel Bestehendes zu verwenden und daraus temporäre Architektur zu machen“, sieht Peter Weigand die im Firmennamen eingebrannte Philosophie verwirklicht.
Herausgekommen ist ein Sommerszenario, das für die nichtverreisten Stuttgarter in den kommenden sechs Ferienwochen ein anziehender Ort mitten im Talkessel sein soll. „Wir wollen den öffentlichen Raum nutzen, ihn erschließen und uns aneignen dürfen. Darum geht’s“, lädt Torben Giese zum Vorbeikommen ein. Mit umfangreichem Programm und wechselndem Verpflegungs- und Musikangeboten ist in den nächsten Wochen für genügend Attraktivität gesorgt.
Sein „Erlebnis des Tages“ hatte der Stadtpalais-Direktor unmittelbar vor seiner Eröffnungsrede: Ein Kind war mit Taucherbrille und Schnorchel an der mit rund 50 Zentimeter tiefsten Stelle des Wasserlaufs baden gegangen. Das hätte sich am echten Nesenbach bestimmt keiner zugemutet.
Das komplette Programm: www.stadtpalais-stuttgart.de