Sozialpädagogin Anette Bull mit ihren Therapie-Hunden. Foto:  

Gehören Haustiere ins Bett? Wenn weder eine Allergie noch ein leichter Schlaf dagegen sprechen auf jeden Fall, sagt die Tier-Therapeutin Anette Boll. Die Nähe tut Mensch und Tier gleichermaßen gut.

Stuttgart -

Frau Bull, wohin gehören in der Nacht Hunde und Katzen ? Ins eigene Körbchen oder in das Bett von Herrchen und Frauchen?
Hunde und Katzen lieben den Kontakt zu ihrem Herrchen und Frauchen und von klein auf das Kontaktliegen. Sie suchen sich Plätze, wo sie sich wohlfühlen. Das kann das heimische Bett sein. Dort ist für eine sichere Basis. Im Verhalten der Tiere ist der Kontakt zu anderen eminent wichtig. Für Hunde sowieso. Je näher beim Herrchen und Frauchen desto besser. Katzen können sich durchaus zu Einzelgängern entwickeln, eventuell gehen sie dann etwas auf Abstand, sie zeigen dann schon, was sie lieber mögen.
Wieso ist dieses Verhalten bei Hunden so ausgeprägt?
Hunde sind Rudeltiere, die in engen sozialen Gefügen leben. Es gibt wenige Hunde, die die Nähe zum Menschen nicht mögen. Allerdings haben auch Hunde Phasen, , wo sie mehr Abstand brauchen, manchmal schlichtweg weil es ihnen zu warm wird. Aber normalerweise sind sie gerne in der Gruppe – und das auch nachts.
Was spricht gegen Tiere im Bett?
Wenn Tierhalter auch sonst mit ihren Tieren zusammenleben können und keine Allergie, kein Asthma oder Ähnliches haben, gibt es keinen Grund Hund oder Katze nicht zu sich ins Bett zu lassen. Wenn ich auf der Coach neben meiner Katze liege und das problemlos vertrage, dann vertrage ich das auch nachts im Bett.
Manche haben Angst vor Krankheiten, Parasiten und sonstigem Ungeziefer.
Jeder muss für sich klären, ob er Risiken auf sich nehmen will. Wenn Hund und Katze medizinisch so gut behandelt sind, dass sie keine Parasiten tragen, ist das kein Problem. Aber: Die Parasiten siedeln sich in der Matratze genauso an wie auf dem Teppich oder im Sessel. Wenn man keine Allergien hat, spricht aus hygienischen Gründen nichts gegen die Nähe zum Tier.
Außer man hat einen leichten Schlaf.
Ich persönlich hätte meine Pudel sehr gerne nachts bei mir, nicht unbedingt im Bett, bei dreien wird’s dann schnell eng – wenigstens im Schlafzimmer. Aber ich habe einen zu leichten Schlaf. Ich kriege jede Bewegung von ihnen mit und werde wach.
Was macht man, wenn die Tiere älter und krank werden, wenn sie riechen oder schnarchen? Soll man sie dann vor die Tür setzen?
Diese domestizierten Tiere gewöhnen sich schnell an das Schlafen beim Menschen. Sie haben damit ihre Gewohnheiten und Ressourcen. Will man ihnen diese wieder nehmen, nun, dann gibt es „Diskussionen“. Gut informierte Tierhalter wissen, wie sie diese ausfechten. Konsequenz ist dann der einzige Weg, nicht mal hier ja und dann wieder nein. Und ist es fair, einen Lebensbegleiter auszuschließen, weil er alt und laut und unangenehm wird? Wollen wir nur die „Schokoladenseite“? Nein, deswegen wäre es meiner Meinung nach fairer, sich von Anfang an zu entscheiden und zu fragen, was man die nächsten 15 bis 20 Jahre haben möchte.
Wie schlafen Hunde und Katzen am liebsten?
Für viele Tierarten ist es natürlicher im Rudel oder in der Nähe der Gruppe zu schlafen als alleine – gerade für junge Hunde und Katzen. Meine drei Pudel schlafen zu Dritt, sie sind nie allein. Wir ersetzen den Rudeltieren das Rudel bzw. bilden eine neue Gruppe mit ihnen, wenn wir sie alleine halten, darüber sollte man sich Gedanken machen. Da sie sehr anpassungsfähig sind, akzeptieren sie das Alleinesein oftmals mit einigen Problemen wie man weithin mitbekommt, denn es steckt etwas anderes in ihrer Natur, vor allem bei Hunden. Wie groß ist der Schreck eines Welpen, weg von den Geschwistern, der Hundemutter und dann gleich alleine schlafen müssen?
Und wie beugt man dem vor?
Hier bewährt sich oftmals: Am Anfang neben dem Bett in einer Box und diese nach und nach ein Stück weiter vom Bett weg bis man in dem Raum angelangt ist, der als Schlafplatz vorgesehen ist.
Was macht das Tier im Bett mit Herrchen und Frauchen? Wie reagiert der Mensch auf das Tier neben sich im Bett?
Es kommt immer darauf an, was ich mit den Tieren will. Ich vertrete grundsätzlich eine enge Bindungsbeziehung zu Tieren. Eine auf die Natur der jeweiligen Art abgestimmte aber vertrauensvolle und empathische Bindung ist das Wichtigste für die Interaktion zwischen Mensch und Tier, zumindest im Heimtierbereich. Wenn Tiere den Schlafplatz im Schlafzimmer haben, macht das die Beziehung rund. Aber man sollte auf sein Bauchgefühl hören. Wenn man gerne mit seinen Tieren zusammen ist, ist es auch völlig in Ordnung sie ins Schlafzimmer mitzunehmen.
Und wo sind die Grenzen?
Der Mensch muss Grenzen setzen, nicht das Tier. Wenn sich beispielsweise der Dobermann zwischen mir und meinem Partner legt und ich meinen Partner nicht mehr streicheln kann, weil „Dobi“ etwas dagegen hat, dann stimmt was nicht. Das Tier darf den Menschen nicht dominieren. Es reicht völlig aus, wenn der Dobermann seinen Korb neben dem Bett hat.
Wird die Mensch-Tier-Beziehung durch die enge Bindung nicht zu sehr vermenschlicht?
Es hat nichts mit Vermenschlichung zu tun, wenn Tiere einen schönen Schlafplatz suchen. Man muss sie ja nicht auf ein Kopfkissen betten und zudecken. Der Mensch bietet ihnen einen Schlafplatz in dem sozialen Gefüge an, in dem sie auch sonst leben. Sie werden nicht gezwungen, mit ins Bett zu gehen. Mit Anthropomorphisierung hat das gar nichts zu tun.
Das heißt: Nur Größe des Tieres ist ein Argument gegen das Bett als Schlafplatz?
Man kann sich auch ein größeres Bett anschaffen. Wenn man Kinder hat, macht man das ja auch.

Zur Person: Anette Bull

1966 geboren1995-2001 Studium der Sozialpädagogik; seitdem therapeutische und pädagogische Arbeit mit TierenDozentin am Freiburger Institut für tiergestützte Therapie in Sasbachwalden Tiergestützte Therapeutin in einer Pflegeeinrichtung in Luxemburg