Für die Alte Tuchfabrik an der Paradiesstraße in Kirchheim gibt es neue Nutzungspläne. Foto: Ines Rudel

Die Freiburger Genossenschaft Oekogeno will aus der Alten Tuchfabrik in Kirchheim (Kreis Esslingen) ein Vorzeigewohnprojekt machen. Künftige Bewohner sollen es mitgestalten und mitfinanzieren.

Im Norden von Kirchheim, direkt an der Lauter gelegen, entstand zwischen Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts mit der von Philipp Jakob Manz entworfenen Tuchfabrik Müller ein wichtiges Stück Industriearchitektur. „J. J. Müller“ produziert schon seit vielen Jahrzehnten nicht mehr. Die Gebäude wurden seither von unterschiedlichen gewerblichen Mietern genutzt. Nun gibt es ein neues Konzept für den früheren Spinnsaal und die Shedhalle.

 

Die Oekogeno aus Freiburg, eine ökologische Genossenschaft für nachhaltige und soziale Projekte, plant den Umbau der beiden markanten Backsteingebäude an der Paradiesstraße in ein „zukunftsweisendes Wohnprojekt“, das auf Solidarität und Mitgestaltung baut. Insgesamt sollen 21 barrierefreie Wohneinheiten – von Ein-Zimmer-Apartments bis hin zu Vier-Zimmer-Wohnungen – entstehen. Das Ziel ist laut Oekogeno-Vorstand Klaus Nerz „eine vielfältige Hausgemeinschaft, in der Menschen verschiedener Generationen, mit und ohne Behinderung, und mit unterschiedlichen Lebensentwürfen zusammenleben“.  

Möglichst viel historischen Bestand erhalten

Aufgrund der historischen Bedeutung soll möglichst viel vom Bestand erhalten bleiben. Und dennoch verändert sich das Gebäudeensemble dem Entwurf des Kirchheimer Architekturbüros Klitz Kazmaier zufolge grundlegend. Der bislang zweigeschossige Spinnsaal wird in Holzbauweise um 3,5 Etagen aufgestockt, dadurch können im Hauptgebäude 15 Wohnungen geschaffen werden. In der Shedhalle entstehen sechs Maisonette-Wohnungen. Hinzu kommen zwei sogenannte Cluster-Wohnungen, in denen jeweils drei private Schlafzimmer mit gemeinschaftlich genutzten Bereichen kombiniert werden – ideal für inklusives Wohnen.

Die Visualisierung zeigt links den aufgestockten Spinnsaal, rechts die Halle mit dem markanten Sheddach. Foto: Architekturbüro Klitz Kazmaier

Darüber hinaus sind Büroflächen vorgesehen. Gemeinschaftsräume und eine Dachterrasse bieten Raum für Begegnung, Austausch und Aktivitäten. Auch ein gemeinsam gestalteter Hof und ein offener Außenbereich – die bestehenden Nebenbauten zwischen Spinnsaal und Shedhalle werden entfernt – sollen das nachbarschaftliche Miteinander fördern.

Neben begrünten Dächern und Fassaden, einer Photovoltaikanlage und Regenwasserzisternen ist ein besonderes Mobilitätskonzept zentraler Bestandteil des Projekts. Die Bewohner sollen bewusst aufs eigene Auto verzichten und stattdessen den öffentlichen Nahverkehr nutzen. Oder das Fahrrad. Dafür sind eigens 40 überdachte Stellplätze im Hof vorgesehen. Falls doch mal ein Auto gebraucht wird: Die Genossenschaft plant ein eigenes Car-Sharing-Angebot mit bis zu vier Fahrzeugen und plant Hol- und Bringdienste.

Wie Klaus Nerz jüngst im Kirchheimer Gemeinderat erläuterte, will die Oekogeno das Projekt „Wir.Haus“ nicht selbst umsetzen. Vielmehr soll eine eigens vor Ort gegründete Hausgenossenschaft bauen, deren Mitglieder eine Einlage zahlen müssen. Die Höhe richtet sich nach der Wohnungsgröße. Nerz sieht in diesem Konstrukt Vorteile: „Das Wohnrecht gilt ein Leben lang. Es gibt keine Eigenbedarfskündigungen und die Miete deckt nur das ab, was auch wirklich an Kosten anfällt.“

Informationsveranstaltung für Projektinteressierte

Die Gesamtkosten für den Umbau der Alten Tuchfabrik werden auf über zwölf Millionen Euro geschätzt. Der Baubeginn könnte Anfang 2027 erfolgen, der Bezug der Wohnungen wäre Ende 2028, Anfang 2029 möglich. Zunächst aber müssen „Wohngenossen“ und Förderer gefunden werden. Zu diesem Zweck laden die Projektbeteiligten am Donnerstag, 15. Mai, um 18 Uhr Interessierte zu einer Informationsveranstaltung im „Con4rent“ im Steingau-Quartier (Rosa-Heinzelmann-Straße 8) ein. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.