Die drei kleinen weißen Kästen rechts im Bild sind zusammen Baden-Württembergs größter Batteriespeicher für Solarenergie. Foto: /Ingo Rack

Hubert Bechinger hat seinen Biohof am Bodensee zum Solarkraftwerk umgebaut. Dort steht Baden-Württembergs aktuell größter Batteriespeicher – aus ausgemusterten Zellen für E-Autos.

Hubert Bechinger weiß von keinem vergleichbaren Projekt. Das Kraftwerk, zu dem er seinen Biohof in Heiligenberg am Bodensee umgebaut hat, verfügt über den derzeit größten Batteriespeicher Baden-Württembergs. Das macht den Projektentwickler einerseits natürlich stolz, andererseits gibt es aber eben auch niemanden, den er bei Fragen um Rat fragen könnte. „Es ist wirklich ein neues Thema.“

 

2017 hat er den Hof von seinem damals 76-jährigen Onkel übernommen. Hubert Bechinger ist kein Bauer, er war im Bau von Mehrfamilienhäusern tätig. „Der Hof war defizitär“, es drohte der Bankrott. Bechinger hat die Rinderzucht drei Jahre lang nebenher weiterbetrieben. „Aus Respekt vor dem Lebenswerk meines Onkels. Ich wollte hier nicht sofort bei Übernahme alles ändern, was er Jahrzehntelang bewahrt hat.“ Doch dann war klar: ein rein landwirtschaftlicher Hof wäre ein Fass ohne Boden. Bechinger steuerte um.

100 Schafe weiden im Solarpark am Bodensee

Vor zwei Jahren ist seine Groß-Solaranlage ans Netz gegangen. Das ist zum einen ein Solarpark auf zwölf Hektar und zum anderen eine Dachanlage . Seit Februar dieses Jahres ist auch Baden-Württembergs aktuell größter Batteriespeicher am Netz. Die Gesamtproduktion liege bei 15 Millionen Kilowattstunden im Jahr. Allein der Solarpark, unter dem 100 Schafe weiden, produziert Strom für rund 5000 Haushalte. Der Strom wird komplett eingespeist, dafür hat Bechinger zweieinhalb Kilometer Erdkabel und Netze BW weitere zehn Kilometer verlegt.

Hubert Bechinger ist Projektentwickler – und Bauer. Foto: privat Bechinger/Ingo Rack

Der Speicher, der im Land noch seinesgleichen sucht, ist auf drei umgebaute Schiffscontainer verteilt, sie stehen am Rande des Solarparks. In den Containern befinden sich ausgemusterte Batteriespeicher, die eigentlich für E-Autos von Mercedes-Benz gedacht gewesen wären. Wegen geringfügiger Mängel seien sie Ausschuss, sagt Bechinger. Für seine Zwecke indessen waren sie perfekt. „Die sind nigelnagelneu.“

Momentan sei er noch dabei, zu optimieren, sagt er. „Der Speicher selbst läuft toll.“ Aber er holt derzeit eben nicht das Maximale heraus, es dauere, bis sich das einspiele. Was ihn stört: Dass sein Solarpark zur Mittagszeit abgeschaltet wird. Sobald sein Speicher voll ist, und das geht bei Sonne schnell, wird auf der Hofstelle in Heiligenberg kein Watt mehr produziert. Weil Strom im Überschuss da ist, die Preise sogar ins Negative rauschen.

Energieproduktion trage zum Umsatz das Zwanzigfache bei

Die Landwirtschaft hat Hubert Bechinger übrigens nicht ganz aufgegeben. Er mache Ackerbau und Viehfutter wie Heu und Silage. Doch der Schwerpunkt hat sich komplett gewandelt. Zwar betreibe er auf sechs Siebtel seiner Fläche Land- und Forstwirtschaft, doch die Energieproduktion trage zum Umsatz das Zwanzigfache bei.

Weil das offenbar auch andere Landwirte erkannt haben, bekommt Bechinger immer wieder Anfragen, wie das denn gehe. Der Projektentwickler hat das inzwischen zum Geschäftsmodell gemacht. Weil viele Bauern das zeitlich nicht nebenher umgesetzt bekommen, pachte er deren Flächen und beteiligte sie auf Wunsch an der Anlage. Am weitesten fortgeschritten sei beispielsweise eine Freiflächenanlage, bei der noch nicht klar sei, ob mit oder ohne Speicher.

Riesenbatterie in Kupferzell

Netzbooster
Im baden-württembergischen Kupferzell (Hohenlohekreis) wird derzeit eine Riesenbatterie gebaut, ein sogenannter Netzbooster. Der Verteilnetzbetreiber TransnetBW spricht von einem Leuchtturmprojekt für die Energiewende. Die Technologie ermögliche es, das bestehende Stromnetz stärker auszulasten und mehr grünen Strom einzuspeisen.

Zeitplan
Anfang 2024 wurde der Planfeststellungsbeschluss erteilt, seither ist der Netzbooster in Kupferzell im Bau. Geplant ist, das 200-Millionen-Euro-Projekt im nächsten Jahr in Betrieb zu nehmen. (ana)