Bereits 1990 stieg Dieter Manz mit seiner Firma ins Solargeschäft ein – heute liefert die Manz AG komplette Anlagen zum Bau besonders materialsparender Solarzellen. Die Zukunft der deutschen Solarbranche sieht Manz düster. Foto: Manz

Der Solarpionier und Chef des Fotovoltaik-Maschinenbauers Manz, Dieter Manz, warnt vor dem Ende der Sonnenindustrie in Deutschland.

Vom Glanz der deutschen Solarindustrie ist wenig übrig: 2012 sind die Hersteller reihenweise in die roten Zahlen gerutscht oder pleitegegangen. Dieter Manz, Chef des gleichnamigen Solar-Maschinenbauers, fordert eine völlig neue Förderpraxis.

Herr Manz, welche Perspektiven hat die Solarbranche in Deutschland noch?
Die Zukunftsaussichten für die Hersteller von Solarzellen und -modulen sind denkbar trüb. Seit mindestens einem Jahr ist es für Unternehmen hierzulande nicht mehr möglich, kostendeckend zu produzieren. Mit jeder Solarzelle, die vom Band läuft, fährt man Verluste ein. Das liegt daran, dass in den vergangenen Jahren in Asien dank üppigster staatlicher Förderung gigantische Produktionswerke hochgezogen worden sind, die den Weltmarkt überschwemmen. Das wiederum hat dazu geführt, dass die Produktion von Solarzellen in den vergangenen beiden Jahren rund doppelt so hoch war wie die weltweite Nachfrage. Als Folge sind die Preise so stark in den Keller gerauscht, dass derzeit sogar die Chinesen beim Modulgeschäft in die Bredouille kommen und Verluste anhäufen. Aber den deutschen Firmen geht es eben viel schlechter.

Was bedeutet das für die deutschen Hersteller von Solarzellen- und -modulen?
Wenn sich die politischen Rahmenbedingungen hierzulande nicht ändern, wird keine der Firmen in ihrer heutigen Form überleben. Die Produktion von Zellen und Modulen wird sich dann weiter in Asien und speziell in China konzentrieren.

Experten gehen davon aus, dass zur Mitte dieses Jahrzehnts Solarstrom genauso billig produziert werden kann wie fossile Energie. Dann sind gar keine Subventionen mehr nötig. Fotovoltaik wird dann automatisch boomen. Wie groß ist die Gefahr, dass die deutsche Solarindustrie dann schon am Ende ist?
Die Gefahr ist groß. Den Reibach würden dann die Asiaten machen. Und wir hätten die Abhängigkeit vom saudischen Öl durch die Abhängigkeit von chinesischen Solarzellen ersetzt. Ein Irrsinn.

Kann die Wirtschaft selbst das Problem lösen, oder muss die Politik das tun?
Derzeit gehen mehrere europäische Hersteller mit Klagen gegen die Dumpingpraxis der chinesischen Konkurrenz vor. Aber das ist meiner Meinung nach nicht das Mittel der Wahl. Es bringt wenig, zwischen Deutschland und China einen Handelskrieg anzuzetteln. Vielmehr müsste die Solarförderung in Deutschland umgekrempelt werden.

Wie denn?
Wir müssen mit einer intelligenten Förderung endlich einen Anreiz schaffen, dass sich Haushalte deutsche oder europäische Solarmodule auf ihre Dächer montieren; im Gegenzug würde dann die Neuinstallation von Dumpingmodulen aus Asien zurückgehen. Im Moment wird der Strom aus jeder Zelle, egal woher sie kommt, gleich gefördert. Das geht so nicht mehr weiter. Wir müssten die lokale Wertschöpfung bei der Vergütung besser berücksichtigen, um somit den volkswirtschaftlichen und industriepolitischen Nutzen der Fotovoltaik für unseren Standort entsprechend zu stärken.

Das wäre dann ein verkappter Handelskrieg.
Natürlich sind derartige Local-Content-Vorstöße immer strittig. Viele Länder gehen allerdings gerade in diese Richtung. Den Anfang hat vor über einem Jahr die kanadische Provinz Ontario gemacht. In der Zwischenzeit haben aber auch die Türkei oder Indien ähnliche Fördersysteme eingeführt. In Europa brauchen wir da eine gesamteuropäische Initiative, um Erfolg zu haben. Die wird auch kommen. Fotovoltaik ist einfach zu wichtig, um sich alle Trümpfe von China aus der Hand nehmen zu lassen. Noch einmal: Wenn nichts geschieht, haben wir jahrelang Milliarden in eine Industrie gepumpt, die eingehen wird, wie eine Primel.

Würde auch die Forschung leiden?
Natürlich. Die Forschung wandert langfristig dorthin ab, wo die Produktion ist. Für Baden-Württemberg wäre das besonders schade, weil wir hier mit die besten Institute haben. Auch für die im Land besonders stark vertretenen Solar-Maschinenbauer würde es dann eng werden. Auf Dauer brauchen wir den Heimatmarkt.

Ihre Firma, die Manz AG, hat Ende 2012 zum ersten Mal in ihrer Geschichte Jobs abbauen müssen. War es das jetzt?
Es ist unser festes Ziel, keine Jobs mehr abzubauen und am Solargeschäft festzuhalten. Wir glauben an die Technologie, in die wir viel Geld, Zeit und Herzblut investiert haben. Es wird ja weltweit immer noch eine große Menge solarer Leistung neu installiert. Und die arabischen Staaten steigen derzeit in das Thema ein. Im Moment investiert allerdings noch keiner in neue Maschinen. Das wird sich aber wieder ändern. Global betrachtet stehen wir mit der Solarenergie nämlich erst am Anfang. Weltweit stammen nur knapp 0,2 Prozent des Stroms von der Sonne. Da ist noch viel Potenzial da.

Dennoch punktet Manz gerade eher auf anderen Feldern als der Fotovoltaik.
Wir profitieren derzeit stark vom Verkauf von Maschinen, die berührungsempfindliche Displays, etwa für Tablet-PCs oder Smartphones, fertigen. Hier kommt der Markt richtig in Schwung, weil außer Apple immer mehr Hersteller auf entsprechende Touch-Bildschirme umstellen. Wir glauben aber auch, dass unser drittes Geschäftsfeld, in dem wir Anlagen zur Herstellung von Lithium-Ionen-Batterien für Elektrofahrzeuge und die häusliche Stromspeicherung bauen, viel Potenzial hat. Mittelfristig soll je ein Drittel unserer Umsätze aus den einzelnen Geschäftsfeldern stammen.