Sojapflanze Foto: dpa

Was ist dran an Soja - und vor allem drin? Fragen und Antworten zum Boom-Lebensmittel.

Stuttgart - "Der Soja-Wahn. Wie eine Bohne ins Zwielicht gerät", heißt ein aktuelles Buch des Journalisten und Umweltschützers Norbert Suchanek. Der Autor lässt darin kaum eine gute Faser an der Hülsenfrucht. Der Soja-Boom der vergangenen Jahrzehnte habe unter anderem in Brasilien große Teile des Regenwalds zerstört. Dabei finde der Hype um die Bohne unter falschen Voraussetzungen statt, so der Autor. Von den Eigenschaften, die ihr zugeschrieben werden - sie wird unter anderem als Gesundbrunnen, Mittel gegen Krebs und Wechseljahrbeschwerden angepriesen -, würden die wenigsten stimmen. Mit seiner Kritik ist Suchanek nicht alleine. Experten warnen vor übertriebener Euphorie. Wir haben die wichtigsten Fragen und Antworten zusammengetragen.

Warum gilt Soja als gesund?

Die Bohne ist laut Antje Gahl von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) nähr- und ballaststoffreich (verdauungsfördernd), sie enthält hochwertiges pflanzliches Eiweiß (wichtig für Vegetarier), viele B-Vitamine, Vitamin E sowie Calcium, Magnesium, Zink und Eisen. Sojabohnen senken aufgrund des Proteingehalts den Cholesterinspiegel und somit das Risiko für Herzkrankheiten. Ihr wird ein gefäßschützendes Potenzial zugeschrieben.

Schützt die Bohne vor Krebs?

Diese Frage ist umstritten. Soja enthält sekundäre Pflanzenstoffe, sogenannten Isoflavone. Einige Untersuchungen bescheinigen ihnen, dass sie das Krebsrisiko (unter anderem Prostata-, Darm- und Brustkrebs) senken. Die wissenschaftliche Datenlage ist aber dürftig, und es gibt Gegenargumente. So haben Versuche des Karlsruher Instituts für Lebensmittelchemie und Toxikologie gezeigt, dass einige Isoflavone das Wachstum von Krebszellen bei Mäusen sogar anregen. Allerdings nur in hoher Dosierung. Der Karlsruher Studienleiter Manfred Metzler betont, dass der Verzehr von Soja-Produkten wie Milch oder Tofu nicht zu solchen Werten führt.

Helfen Soja-Präparate in Wechseljahren?

Weil Japanerinnen seltener unter Wechseljahrbeschwerden oder Brustkrebs leiden, kam die These auf, das liege an deren hohen Soja-Verzehr. Denn die vorher beschriebenen Isoflavone - auch Phytoöstrogene genannt - sind dem weiblichen Sexualhormon Östrogen ähnlich. Deshalb werden Soja-Präparate als Hormonersatztherapie in den Wechseljahren angeboten. Hiervon raten Wissenschaftler wie Manfred Metzler, aber auch das Bundesamt für Risikobewertung (BfR) eher ab, da diese Präparate Isoflavone in hoher Dosis enthalten. Auch die DGE warnt: "Isoflavone in isolierter Form können die Funktion der Schilddrüse beeinträchtigen und das Brustdrüsengewebe verändern. Da Frauen in der Menopause ohnehin ein erhöhtes Brustkrebsrisiko aufweisen, ist die längerfristige Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln mit hohem Isoflavongehalt nicht empfehlenswert", so Antje Gahl.

Ist die Angst vor Gen-Soja angebracht?

Laut Robert Suchanek wächst auf den nord- und südamerikanischen Soja-Feldern, und somit auf jenen der Hauptsoja-Produzenten, überwiegend eine gentechnisch veränderte Pflanze. Sie ist gegen das Unkrautvernichtungsmittel Roundup widerstandsfähig. Für Soja-Produkte wie Soßen, Joghurts oder Tofu besteht in der EU Kennzeichnungspflicht, wenn sie aus gentechnisch veränderten Pflanzen bestehen. Anders sieht es bei Fleisch aus, das von Tieren stammt, die damit gefüttert wurden. Laut Suchanek sind mehr als 60 Prozent des weltweit verfütterten Eiweißfuttermittels Soja-Schrot. Bislang konnten keine Fremdgene in Lebensmitteln nachgewiesen werden, die von diesen Tieren stammen, aber allein die Fütterung mit Soja hat Folgen: Bei Rindern ändert sich das Fettsäuremuster des Fleisch- und Milchfetts. Die Tiere liefern so gut wie keine Omega-3-Fettsäuren (blutdrucksenkend) mehr, denn die kommen in Soja nur in geringen Mengen vor.

Ist Soja eine Alternative für Allergiker?

Da Soja-Getränke keine Laktose enthalten, können sie laut Antje Gahl für Personen mit Laktoseintoleranz sinnvoll sein. Auch Kuhmilch-Allergiker greifen gerne auf Produkte aus der Bohne zurück. Allerdings gibt es Menschen, die gleichzeitig auf Kuhmilch und Soja-Eiweiß allergisch reagieren. Suchanek schreibt, dass die Zahl der Soja-Allergiker vor allem unter jungen Leuten steigt. Das stützen Informationen des Deutschen Allergie- und Asthmabunds. Er führt das auch darauf zurück, dass in den 60er Jahren Säuglingsnahrung auf Sojabasis auf den Markt kam. Oft tritt Soja-Allergie zusammen mit Nuss-Allergie auf.

Wer sollte auf Soja verzichten?

Experten raten für Säuglinge und Kleinkinder von Soja-Nahrung ab. Auch hier spielen die Isoflavone eine Rolle. Das BfR schreibt dazu: "Bei Versuchstieren gab es Hinweise, dass sich eine hohe Isoflavon-Zufuhr auf die Entwicklung der Fortpflanzungsorgane, auf das Immunsystem und die Schilddrüse auswirkt. Wie sich eine erhöhte Zufuhr an Isoflavonen bei Säuglingen langfristig auswirkt, ist nicht abschließend geklärt." Das BfR empfiehlt deshalb, bei Säuglingen nur nach ärztlicher Empfehlung auf Nahrungen aus Soja-Eiweiß zurückzugreifen.

Ist Soja überhaupt sinnvoll?

Auf die Menge kommt es an. Wer kein Allergiker ist und Soja-Produkte gerne isst, darf weiterhin seine Tofuwurst essen oder seinen Reis mit der schwarz-braunen Soße würzen. Abgeraten wird von Soja-Präparaten, die eine hohe Dosis Isoflavone enthalten. Allerdings ist eine gesunde Ernährung laut DGE auch ohne Soja problemlos möglich. Vegetarier, die Soja als Eiweißersatz verwenden, können auf proteinreiche Hülsenfrüchte ausweichen. Alternativen können Produkte aus Weizen oder Süßlupinen sein.