Eishockey-Talent Tim Stützle Foto: dpa/Karl-Josef Hildenbrand

Tim Stützle dürfte beim NHL-Draft in der Nacht zum Mittwoch an zweiter oder dritter Stelle gezogen werden. Der 18-Jährige könnte bei der Talente-Wahl sogar MVP Leon Draisaitl übertreffen.

Mannheim/Berlin - Die große NHL-Karriere beginnt für Tim Stützle tiefnachts in der Mannheimer Sportsbar „Whistle“ vor einem Bildschirm. Seine Familie und ein paar Weggefährten hat Deutschlands Eishockey-Versprechen zur ungewöhnlichen Draft-Party eingeladen, und sogar mehrere Kamerateams sollen dokumentieren, wie der 18-Jährige am Mittwoch (1.00 Uhr MESZ) bei der Talente-Wahl der NHL als einer der Ersten gezogen wird. Er könnte dabei sogar einen gewissen Leon Draisaitl übertreffen.

Wegen des Coronavirus wird der Draft virtuell abgehalten und Stützle lediglich zugeschaltet. Ein Stimmungskiller ist dies aber nicht. „Mein Ziel ist es, so hoch wie möglich gedraftet zu werden“, sagte er: „Da macht es keinen Unterschied, ob man vor Ort ist oder es über eine Liveschalte läuft.“ Mit der Feier in der Kneipe will er vor allem seinen Teamkollegen bei den Adlern Mannheim etwas zurückgeben, sie hätten einen „einen großen Anteil“ an seiner Entwicklung gehabt.

Entwicklung führt ihn nach Übersee

Eine Entwicklung, die ihn nach Übersee führen wird. Die entscheidende Frage dabei: Zwei oder drei? Mit dem ersten Pick wird der Kanadier Alexis Lafreniere an die New York Rangers gehen - soviel scheint klar. Danach ist aber alles offen. Die Chancen auf einen Top-3-Pick bewertet Stützle selbst als „sehr gut“. An zweiter Stelle wählen die Los Angeles Kings, bei denen der frühere Bundestrainer Marco Sturm als Co-Trainer arbeitet.

Sollte LA Stützle rekrutieren, wäre er früher als der aktuelle MVP Draisaitl gezogen worden, den die Edmonton Oilers 2014 als Dritten holten. Wird es ebenfalls die Drei für Stützle, ginge es zu den Ottawa Senators. Über eines sind sich die Experten einig: Später dürfte es nicht werden, und damit wäre er wesentlich früher dran als die übrigen deutschen Talente John-Jason Peterka (Red Bull München) und Lukas Reichel (Eisbären Berlin), die eher am Ende der ersten oder zu Beginn der zweiten Runde ihre Vereine zugewiesen bekommen dürften.

„Rookie des Jahres“

Wann Stützle aber tatsächlich über den großen Teich fliegt, ist noch nicht abzusehen. Der Stürmer will „so schnell wie möglich nach Nordamerika“. Die Liga sieht im neuen Rahmentarifvertrag jedoch vor, dass europäische Profis, die noch in ihrer Heimat unter Vertrag stehen und im Draft ausgewählt werden, in der kommenden Saison nicht spielen dürfen. Stützles Vertrag in Mannheim läuft noch zwei weitere Jahre. So lange möchte er aber nicht warten. An einer Lösung des Problems wird nach dem Draft gearbeitet werden.

Dass der Youngster rasch in die NHL will, ist logisch. Schließlich war er in der Deutschen Eishockey Liga in der abgelaufenen Saison mit sieben Toren und 27 Vorlagen zum „Rookie des Jahres“ avanciert. So befeuerte er die Story vom neuen Draisaitl, auch wenn ihm das zu weit geht. Der Vergleich sei eine „riesengroße Ehre“, aber dies sei „noch ein gutes Stück entfernt“. Immerhin dürften sie über kurz oder lang in der gleichen Liga spielen.