Chinas Version von Twitter heißt weibo. Foto: dpa

Facebook-Chef Mark Zuckerberg macht sich offenbar ernste Hoffnungen, doch noch auf den riesigen chinesischen Internetmarkt zurückzukehren. Facebook ist dort seit sieben Jahren blockiert. Er würde seinen Dienst Facebook nun selbst der Zensur unterwerfen, um ihn auch in China anbieten zu können.

Peking - Schlimme Anbiederei oder schlaue Geschäftstaktik? Bei einem Dinner im Weißen Haus in Washington hat Facebook-Gründer Mark Zuckerberg dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping angeboten, seinem damals noch ungeborenen Kind einen Namen zu geben. Es ist nicht überliefert, ob Xi bei der Szene im vergangenen peinlich berührt oder geschmeichelt war. Jedenfalls lehnte er ab.

Facebbok ist in China blockiert

Zuckerberg macht sich offenbar ernste Hoffnungen, doch noch auf den riesigen chinesischen Internetmarkt zurückzukehren. Facebook ist dort seit sieben Jahren blockiert, doch der junge Milliardär schafft offenbar derzeit an mehreren Fronten die Voraussetzung dafür, im Reich der Mitte wieder eine Webseite zu betreiben. Eine Arbeitsgruppe von Programmierern des Unternehmens arbeitet an Konzepten dafür, Facebook in Übereinstimmung mit den chinesischen Regeln zu zensieren. Das berichtet die „New York Times“ unter Berufung auf einen Softwareingenieur, der sich der US-Zeitung anvertraut hat. In China ist es für Internetfirmen gesetzliche Pflicht, sich der Zensur zu unterwerfen. Wer die Vorgaben nicht einhält, bekommt die Geschäftslizenz gestrichen. Dem Management drohen Strafen.

Die Anbieter von Sozialmedien wie Tencent und Sina.com beschäftigen daher auf eigene Kosten Tausende von Zensoren, die – unterstützt von intelligenten Programmen – kritische Inhalte Löschen und die Urheber sperren. Die chinesische Regierung hat ab dem Jahr 2009 auch von ausländischen Anbietern wie Google, Twitter und Facebook verlangt, ausschließlich politisch saubere Inhalte anzubieten. Google hat sich daraufhin komplett aus dem Markt zurückgezogen. Google-Gründer Sergey Brin ist noch in der Sowjetunion geboren und wollte mit dem Gebaren eines autoritären Regimes nichts zu tun haben.

Werben um die Gunst der Regierung

Facebook-Chef Zuckerberg geht nun einen völlig anderen Weg. Er wirbt heftig um die Gunst der chinesischen Regierung. Er hat vor einem China-Besuch im Schnellverfahren Mandarin gelernt und eine Podiumsdiskussion in Peking komplett in der fremden Sprache absolviert. Doch Zuckerberg ist nicht bei solch lobenswerter Beschäftigung mit der chinesischen Kultur stehengeblieben. Er hat seinen Mitarbeitern allen Ernstes empfohlen, die offizielle englische Übersetzung des Buchs mit den gesammelten Reden Xi Jinpings zu studieren. „China Regieren“ ist ein dicker, langweiliger Schinken mit den Ergüssen Xi in kommunistischer Parteisprache. Das Buch enthält reine Propaganda. „Es ist unsere Pflicht, die Partei und das Volk hinter uns zu vereinen, den geschichtlichen Staffelstab zu ergreifen und weiterhin unermüdlich für die Erneuerung der chinesischen Nation zu kämpfen, so dass wir felsenfest in der Familie der Nationen stehen und neuartige Beiträge zur Menschheitsgeschichte liefern“, ist ein typischer Zitat aus dem langatmigen Werk. Oder: „Wir dürfen keinesfalls in die Falle der Verwestlichung tappen.“

Der Lockruf des Marktes ist stark

Das sollten nun die Facebook-Mitarbeiter lesen, „um mit dem Sozialismus chinesischer Prägung vertraut zu werden“, wie Zuckerberg ihnen laut Berichten chinesischer Meiden empfahl. Er hat später sogar den Chef der chinesischen Internetaufsicht, Lu Wei, am Firmensitz im Silicon Valley freundschaftlich empfangen. Die chinesischen Staatsmedien waren begeistert von den Liebeserklärungen Zuckerbergs für das eigene System. Menschenrechtler zeigten sich dagegen entsetzt. „Zuckerbergs politisches Verständnis von China entspricht dem eines Dreijährigen“, sagte der bekannte Regimekritiker Hu Jia. Andere Beobachter weisen auf den Widerspruch zwischen dem Anspruch von Facebook, auch die dümmste Information frei zu verbreiten, und der Realität der strengen Zensur in China hin. Doch der Lockruf des chinesischen Marktes ist stark. Über 700 Millionen Bürger sind dort im Netz. Der Markt für Onlinewerbung in China ist bereits rund 40 Milliarden Euro groß und könnte sich in wenigen Jahren nochmals verdoppeln. Ohne China klafft eine riesige Lücke in der digitalen Weltherrschaft. http://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.weltgroesstes-online-netzwerk-eine- milliarde-facebook-nutzer-pro-tag.28c67633-d427-4a4d-b65b