Lügendetektoren messen Reaktionen des Körpers, aber keine Lügen Foto: dpa

Polizeipsychologe setzt auf verbale Warnsignale bei Vernehmungen – Lügendetektor als Beweismittel in Deutschland nicht zulässig.

Stuttgart - Kriminalisten bekämpfen Straftaten und das Verbrecherunwesen durch vorbeugende und strafverfolgende Maßnahmen. Eine zentrale Methode hierbei ist die Vernehmung, bei der Beschuldigte, Betroffene, Verdächtige oder Zeugen durch Polizeibeamte oder Staatsanwälte befragt werden. In den Kursen des Psychologie-Professors Max Hermanutz an der Polizeihochschule in Villingen-Schwenningen lernen angehende Kommissare, welche Merkmale auf die Wahrheit hinweisen.

Hermanutz setzt dabei ausschließlich auf verbale Hinweise. In der modernen Vernehmungspsychologie sei man von nonverbalen Merkmalen wie Mimik, Gestik oder Körperhaltung vielfach abgekommen, weil sie nur stören und zu Falschurteilen führen würden. „In der polizeilichen Praxis in Baden-Württemberg hat sich diese Erkenntnis aber noch nicht ganz durchgesetzt.“ In einem Leitfaden hat Hermanutz 19 Glaubhaftigkeitsmerkmale aufgelistet, die auch von Rechtspsychologen für Gutachten vor Gericht verwendet werden.

So läuft eine Vernehmung durch die Polizei ab

Eine polizeiliche Vernehmung läuft laut Lehrbuch folgendermaßen ab: In gravierenderen Fällen beschreibt die Aussageperson ausführlich, was ihr zu einem entsprechenden Vorfall oder Vorwurf einfällt. Anhand dieses freien Berichts suchen die Beamten nach bestimmten Merkmalen, die die Glaubwürdigkeit des Schreibers untermauern oder in Frage stellen. Enthält der Bericht beispielsweise überflüssige oder ungewöhnlicher Details? Gibt es Widersprüche, Querverbindungen zu ähnlichen Vorgängen oder Erinnerungslücken? Ist die Erzählweise ungeordnet oder frei von Widersprüchen und Selbstbelastungen?

„Die Studenten lernen so zu vernehmen, dass sie diese verbalen Wahrheitsmerkmale sehen und finden. Nonverbale Hinweise wie Mimik, Gestik oder Körperhaltung sollten sie am besten komplett ignorieren“, betont der Psychologe. Neuere Studien hätten ergeben, dass die Trefferquoten bei Lügen schlechter seien, wenn man verbale Inhalte und non-verbale Hinweise kombiniert, als wenn man nur liest oder zuhört. „Wenn jemand zuckt oder nervös wird, achtet der Vernehmungsbeamte vielleicht auf diese non-verbalen Hinweise und wird abgelenkt und auf eine falsche Fährte geführt.“

Das ausgeklügelte Mimik-System des amerikanischen Psychologen Paul Ekman sei für die Polizei nicht anwendbar, weil es zu kompliziert sei. „Wenn ich jemanden vernehme und ihn im Verhör mit seinem Bericht konfrontiere, kann derjenige vielleicht Angst bekommen oder sich schämen. Aber das bedeutet noch lange nicht, dass er lügt.“

So funktioniert ein Lügendetektor

In der Polizeiarbeit spielen Lügendetektoren keine Rolle. Weil der Apparat verschiedene Reaktionen des Körpers, aber keine Lügen misst, nennen Experten ihn auch Polygraf – Vielschreiber. Der Bundesgerichtshof lehnte ihn 1998 in einem Urteil als Beweismittel wegen mangelnder Verlässlichkeit der Ergebnisse ab.

Während einer Befragung misst und registriert das Instrument Veränderungen bei Blutdruck und Puls sowie bei der Atmung und elektrischen Leitfähigkeit der Haut. Das Verfahren ist umstritten, weil gewiefte Probanden die Lügendetektoren überlisten sowie Emotionen wie Wut, Enttäuschung oder Überraschung das Ergebnis verfälschen können.