Rosa Czipf bretter auf ihrem Snowboard um die Tore Foto: Kraus

Rosa Czipf fuhr zuerst auf dem Snowboard des Bruders – heute träumt sie von Sotschi 2014.

Esslingen/Berchtesgaden - Eine große Exotin in ihrer Wahlheimat ist Rosa Czipf nicht mehr – zumindest sprachlich. Sie rollt das R, benutzt bayerisches Vokabular und sagt: „Ich find’s dann auch immer ein bisschen komisch, wie zu Hause alle reden.“ Dass sie sich an den Dialekt in Berchtesgaden gewöhnt hat, verwundert nicht: Nach dem Realschulabschluss 2006, mit gerade einmal 16 Jahren, zog es die Esslingerin nach Oberbayern ins Internat, wo sie 2010 ihr Abitur machte und seitdem als Soldatin in der Sportfördergruppe dient.

Eine typische Wintersportkarriere? Nicht ganz. Ein Punkt im Leben von Rosa Czipf passt nämlich so gar nicht in die Vita von einer, die eine Topathletin in den alpinen Snowboard-Disziplinen werden möchte: Czipf kommt aus Esslingen. Nun hat die Stadt am Neckar ja bestimmt einiges zu bieten – nur schneebedeckte Skipisten sucht man in der alten Reichsstadt vergeblich. Die Snowboarderin versucht, die paradoxe Situation zu erklären: „In meiner Familie fahren eigentlich alle Ski oder machen Wintersport. Irgendwann hat mein Bruder ein Snowboard gekriegt, war davon aber nicht so begeistert. Dann hab ich’s mir eben geschnappt.“

Beim einmaligen Ausleihen blieb es nicht – bald stand Rosa Czipf sogar wettbewerbsmäßig auf dem Brett. „Mit 14, also eigentlich relativ spät, bin ich im German Junior Snowboard Cup die ganze Rennserie gefahren“, erzählt die Esslingerin. Und als sie ein Jahr später zu alt war, um an den nationalen Junioren-Wettkämpfen teilzunehmen, schockte Czipf die internationale Konkurrenz. „Ich wollte auch nach den Schülerrennen noch in Konkurrenz weiterfahren“, sagt die Snowboarderin rückblickend, „und im Februar 2005 bin ich gleich bei meinem ersten Europacup-Rennen in Bischofswiesen auf dem ersten Platz gelandet.“ Dass dann noch Bundestrainer Andreas Scheid auf das Talent aufmerksam wurde – für Czipf der Abschluss eines perfekten Debüts und der erste Schritt auf dem Weg zur Spitzenathletin.

Die Motivation stimmt

Weitere Schritte folgten: Im Oktober 2007 startete sie erstmals im Weltcup, 2008 wurde sie deutsche Meisterin. Ein Weltcup-Sieg im Parallel-Slalom oder Riesenslalom fehlt der 22 Jahre alten Esslingerin allerdings noch. Ob es in dieser Saison klappt? Eher unwahrscheinlich: „Es ist zwar schon ein Ziel, ja, aber man muss sehen“, sagt Czipf. Die internen Ausscheidungen um die Startplätze im Weltcup hat sie verpatzt, die ersten vier Saisonrennen fanden ohne sie statt. „Also konzentriere ich mich in dieser Saison auf den Europacup, dort ist Platz drei mein Ziel“, erklärt die Wahl-Bayerin. So wie in der letzten Saison soll es nämlich nicht laufen: „Da bin ich in der ersten Hälfte im Weltcup gefahren und in der zweiten Hälfte im Europa-Cup.“ Am Ende fehlten ihr in beiden Wettbewerben die Punkte, um in der Gesamtwertung etwas reißen zu können.

Spätestens in zwei Jahren braucht Rosa Czipf gute Auftritte im Weltcup, um sich ein ganz besonderes Ziel erfüllen zu können – Olympia 2014. „Die Spiele sind einfach das Höchste, was man sportlich erreichen kann“, sagt die Athletin des Esslinger Schneeschuhvereins. Um ihr beim Erreichen dieses Ziels zu helfen, hat der Olympiastützpunkt Stuttgart (OSP) Czipf unter seine Fittiche genommen. „Das passt ganz gut“, urteilt die Snowboarderin. Im OSP erhält sie Trainingspläne und Laufbahnberatung und auch die Gelegenheit zum Krafttraining, wenn sie mal auf Heimatbesuch vorbeischaut. Den anstrengendsten Teil des Weges kann der Esslingerin aber niemand abnehmen: Für die Winterspiele in Sotschi hat Deutschland vier Frauen-Startplätze in den alpinen Snowboard-Disziplinen. Czipf weiß: „Ich stehe zurzeit nur auf Platz fünf“ – hinter Amelie Kober, Isabella Laböck, Anke Karstens und Selina Jörg. An einer muss sie sich vorbeidrängeln.

Die Motivation stimmt: „Die vier Mädels hatten nach den letzten Spielen so viel zu erzählen – das will ich einfach auch mitmachen.“ Und im kommenden Februar macht der Europa-Cup sogar Station in der russischen Hafenstadt. Czipf lacht, sagt dann aber mit dem nötigen Ernst: „Dann kann ich mir das schon mal alles anschauen und sehen, ob die Hügel dort auch was sind.“