Wer bei Tempo 50 eine Sekunde aufs Handy schaut, fährt 14 Meter blind. Foto: dpa

Wer im Straßenverkehr das Handy benutzt, bringt sich und andere in Gefahr. Was man im Auto mit dem Handy darf und was nicht, erfahren Sie hier.

Stuttgart - Wer bei Tempo 50 nur eine Sekunde lang auf seinen Bildschirm schaut, ist 14 Meter lang blind unterwegs. Bei fünf Sekunden sind das laut der Polizei Ulm schon 70 Meter. Vielen Autofahrern scheint die Gefahr allerdings nicht bewusst zu sein: In Stuttgart stellte die Polizei im ersten Halbjahr 2017 bereits über 3000 Verstöße gegen das Handyverbot fest. Im vorherigen Jahr 2016 wurden über 5500 Delikte vermerkt, rund 400 weniger als 2015.

Jegliche Handynutzung beim Fahren strafbar

Auf Handynutzung am Steuer steht in Deutschland eine Strafe von 60 Euro, sowie ein Punkt in Flensburg. Auch Radler müssen blechen, wenn sie beim Fahren am Handy sind. Sie zahlen allerdings nur 25 Euro. Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) ist für eine Verschärfung der Strafen, wie die Saarbrücker Zeitung berichtete. So solle die Straße für Autofahrer auf 100 Euro steigen, für Radfahrer auf 55 Euro. Bei einer Gefährdung anderer könne möglicherweise sogar ein Monat Fahrverbot verhängt werden.

Strafbar ist jeglicher Kontakt mit dem Handy beim Fahren. Das gilt auch, wenn das Auto steht, zum Beispiel an einer roten Ampel. Sprich: SMS schreiben, Apps bedienen, Navigieren, Telefonieren, das Wegdrücken eines Anrufs und alles andere, wozu man das Handy in die Hand nehmen muss, sind strafbar.

Sehr hohe Dunkelziffer bei Unfällen

Legal ist die Handybedienung nur, wenn das Auto steht und der Motor abgestellt ist. So steht es in Paragraf 23 der Straßenverkehrsordnung. Per Start-Stopp-Automatik, die heutzutage in vielen Autos eingebaut ist, ist das leicht zu erreichen. Allerdings nimmt man mit jeder verkehrsfremden Tätigkeit, auch der Bedienung eines Smartphones, eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer und seiner selbst in Kauf, heißt es in der aktuellen Unfallstatistik der Stuttgarter Polizei.

Die Zahl an Unfällen und Verkehrstoten durch die Nutzung von Smartphones ist schwer zu ermitteln, wie Polizeisprecher Rainer Struensee mitteilt. „Man muss definitiv nachweisen können, dass das Handy zum Unfall geführt hat“, sagt Struensee. Die Beteiligten müssten also entweder zugeben, das Mobiltelefon benutzt zu haben oder dabei beobachtet worden sein. Das passiere in der Regel eher nicht. „Deshalb gibt es hier eine wahnsinnig hohe Dunkelziffer“, sag Struensee. Man könne folglich auch nicht sagen, wie viele der rund 27.000 Verkehrsunfälle in Stuttgart im letzten Jahr von Handys verursacht wurden.

Zahl der Verstöße im Bundesland steigt

Laut des Ministeriums für Inneres lagen die polizeilich festgestellten Verstöße in Baden-Württemberg im Jahr 2016 bei rund 59.000. Im Vergleich zum Vorjahr, wo etwa 45.000 Verstöße vermerkt wurden, stieg die Zahl um ganze 14.000 Delikte. Im ersten Halbjahr 2017 wurden rund 40.000 Verstöße von der Polizei vermerkt, fast so viel wie im gesamten Jahr 2015.

Deutschlandweit hat das Kraftfahrt-Bundesamt einen Trend zu weniger Handynutzung am Steuer festegestellt. 2011 wurden noch um die 443.000 Verstöße gemeldet, 2015 waren es rund 363.000 – 18 Prozent weniger. Bei diesen Werten spielen auch noch Verstöße, die nicht von der Polizei, sondern beispielsweise von Blitzern festgestellt wurden, mit in die Statistik.

Freisprechanlagen und Co. erlauben Handynutzung

Mittlerweile gibt es zahlreiche Hilfen, um das Handy im Auto zu nutzen. Kabel-Headsets gibt es im Handel für unter zehn Euro. Hier telefoniert man über Kopfhörer und kann über eine Taste am Headset Anrufe annehmen und beenden. Etwas komfortabler und frei von Kabelwirrwarr sind Bluetooth-Freisprechanlagen, also quasi externe Lautsprecher für das Handy. Die sind ab circa 20 Euro zu haben.

In das Auto integrierte Freisprechanlagen sind die komfortabelste, aber, mit in der Regel mehreren hundert Euro, auch teuerste Lösung. Sie sind fest im Fahrzeug verbaut. Das Handy wird entweder in einer Halteschale verstaut oder per Bluetooth mit der Anlage verbunden.