In Hambach werden derzeit noch die zweite (rechts) sowie die dritte Generation des Smart parallel Foto: Daimler

Mit interaktiver Grafik - Seit 20 Jahren baut Daimler den Smart in Lothringen. Das Konzept des Werks, wo Zulieferer einen Großteil der Arbeit erledigen, gilt immer noch als modern. An diesem Samstag ist die offizielle Markteinführung der neuen Generation.

Hambach/Stuttgart - Wenn es ein Auto nicht durch die Endkontrolle schafft, landet es in der Nachbearbeitung unter dem Glasdach im Zentrum des Hambacher Werks, das in Form eines großen Plus-Zeichens angeordnet ist. In quietschbunten Farben stehen einige Dutzend Smart hier aufgereiht. Neue Modelle sind darunter genauso wie alte. Jacky Hamann, der Leiter der Endmontage, lächelt entschuldigend. „Normalerweise haben wir eine Quote von 95 Prozent fehlerfreien Fahrzeugen“, sagt er. Noch aber befindet sich der neue Smart in der Anlaufphase. Da kann es schon mal vorkommen, dass ein Spalt zu breit ist oder ein Dichtungsgummi nicht perfekt sitzt.

Nebenan im Kommunikationszentrum von „Smartville“, wie das Werk in Lothringen auch genannt wird, feiern Smart-Manager zusammen mit Politikern aus dem Saarland und Lothringen die Entscheidung für den Standort im Dezember 1994. „Wir sind stolz auf dieses Team“, sagt Smart-Chefin Annette Winkler auf der Bühne. „Die Historie von Smart ist untrennbar mit Hambach verbunden.“ Die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer stellt an diesem Tag eine duale Berufsausbildung vor, mit der Jugendliche in Zukunft ihre Lehre auch in einem Betrieb jenseits der Grenze absolvieren können – die Leistungen werden gegenseitig anerkannt. „Wir müssen in Europa in Regionen denken“, sagt die CDU-Politikerin.

Was heute als deutsch-französisches Gemeinschaftsprojekt gefeiert wird, war jedoch eher die kühle Kalkulation des Stuttgarter Autobauers. Insgesamt 70 Standorte wurden geprüft, auch Saarbrücken oder Lahr hatten sich große Hoffnungen gemacht. Aber am Ende war es eine klare Sache. Fördermittel der EU für Gebiete mit hoher Arbeitslosigkeit, ein günstiges und voll erschlossenes Grundstück sowie niedrigere Lohnkosten gaben den Ausschlag. Der erhoffte Austausch von Arbeitern hält sich bis heute in Grenzen. Von aktuell 1600 Mitarbeitern pendeln nur etwa 150 aus dem nahen Saarland, wie Standort-Chef Joachim Betker den Stuttgarter Nachrichten sagt. In Deutschland lässt sich in vergleichbaren Industriebetrieben mehr verdienen.

Die Produktion des neuen Smart

Obwohl das Werk bereits 20 Jahre auf dem Buckel hat, gilt es nach wie vor als Vorbild für die Serienfertigung. Um die eigentliche Montagehalle herum sind wie Satelliten die großen Zulieferer angesiedelt. Ihnen war in dem Konzept von Anfang an eine tragende Rolle zugedacht. Bei Thyssen-Krupp Automotive etwa werden die Motoren samt Hinterachsen gefertigt. Die Arbeiter montieren sie zusammen mit der Hinterachse als komplettes Modul, das dann über ein Band oder den Lkw „just in time“, also punkt- und zeitgenau zum jeweiligen Modell an die Produktionslinie geliefert wird. Bei Magna etwa entsteht mit Hilfe von über 500 Robotern die komplette Tridionzelle, bei SAS das Cockpit. Die sogenannte Fertigungstiefe, also das, was Smart selbst macht, liegt so nur noch bei rund zehn Prozent. Ein Auto lässt sich mit den fertigen Modulen innerhalb weniger Stunden zusammenbauen. „Die Produktionsphilosophie ist über die Jahre im Kern die gleiche geblieben“, sagt Betker.

Auf dem Band fahren über den Köpfen an der Decke wie an einer Perlenschnur die Karosserien durch die Hallen. „Die Fördertechnik erkennt dabei automatisch, ob es sich um ein neues oder altes Modell handelt“, sagt Jacky Hamann. Die Hochzeit von Fahrgastzelle und Motor des auslaufenden Modells geht dabei früher über die Bühne. Wo das neueste Modell mit der Antriebseinheit verheiratet wird, schwebt das Vorgängermodell einfach souverän weiter. „Da die Montage einer Batterie für das Elektroauto länger dauert, koppeln wir diese Fahrzeuge für eine Minute aus, ohne den Prozess insgesamt zu verzögern“, erklärt Jacky Hamann. Der Elektro-Smart kommt erst 2016 im neuen Look auf den Markt. Bis Sommer nächsten Jahres wird das Vorgängermodell also noch produziert – auch für die USA und China.

In einem Ast der Montagehalle durchlaufen die Wagen die Endkontrolle. Reifen, Bremsen, Spaltmaße an den Türen werden überprüft, ebenso wie Lenkung, Blinker und alle anderen Funktionen. Danach ergießen sich 50 000 Liter Wasser innerhalb von fünf Minuten über das Fahrzeug. Das Jubiläumsfahrzeug zum 20-jährigen Bestehen steht bereit für den Fototermin mit der Smart-Chefin und der saarländischen Ministerpräsidentin. Auf der Haube vorne prangt ein Aufkleber. Das Team von der Endkontrolle darf mit aufs Bild, zuvor hat Winkler alle freundlich begrüßt. „Jeder ist stolz, hier zu arbeiten“, sagt die Smart-Chefin. Das mache die Kultur in Hambach aus.

Winkler glaubt fest an den Erfolg der neuen Generation des Smart, die zusammen mit Renault entwickelt wurde. Die anfangs angepeilten 200 000 Einheiten hat der Smart nie erreichen können. „Vielleicht war das Auto seiner Zeit einfach ein wenig voraus“, vermutet die Smart-Chefin. Tatsächlich stehen die Vorzeichen gut, dass der Smart in Zukunft nicht nur zur Senkung des Flottenverbrauchs dient, sondern endlich auch Geld einspielt. Von 22. November an stehen Zweisitzer und Viersitzer bei den Händlern. Und dann sind auch die letzten kleinen Mängel behoben.