Amazons Chef Jeff Bezoz will die Zulieferung revolutionieren. Foto: EPA

Das größte Problem für Versandhändler sind die Kunden, die nicht zuhause sind. Ein mitgelieferter Code könnte ihnen die Haustüre öffnen. Dafür plädiert der Amazon-Chef Deutschland im Interview.

Stuttgart - In Deutschland sind in diesem Jahr so viele Pakete versandt worden wie noch nie. Besonders hoch ist das Paketaufkommen vor Weihnachten. Die persönliche Übergabe an den Kunden gilt dabei als das größte Problem der Branche. „Die sogenannte letzte Meile ist in der Tat eine große Herausforderung“, sagte Ralf Kleber, Deutschland-Chef des US-Versandhändlers, unserer Zeitung. „Daran arbeiten wir seit unserem Tag eins in Deutschland vor 19 Jahren“, so Kleber.

Er setzt dabei auf die zunehmende Vernetzung im Wohnbereich, die dazu führt, dass etwa Rollläden, Heizungen oder Lichtschalter über das Internet mit dem Smartphone verbunden sind und von der Ferne gesteuert werden können. Experten spreche von Smart Homes, also schlauen Häusern. „Amazon hat eine Smart Home-Technologie entwickelt, die auch die Haustüre intelligent macht“, so Kleber. „Mit dem smarten Türschloss Amazon Key können Kunden Pakete direkt hinter der Haustüre abstellen lassen.“ Derzeit testet der Konzern die Anwendung noch in Los Angeles.

Der Zugangscode für den Boten wird sich durchsetzen

Der Paketbote bekomme dabei einen Code zugesandt, mit dem sich die Tür einmalig öffnen und das Paket abstellen lässt. Dabei könne der Kunde den Boten mit einer vernetzten Kamera und einer App überwachen. „Auf diese Weise kann man übrigens auch Putzdienste oder Hundebetreuer ins Haus lassen“, sagt Kleber.

Der Tübinger Sicherheitsexperte Sebastian Schreiber glaubt, dass sich Systeme wie diese durchsetzen werden. „Davon profitieren alle.“ Allerdings befürchtet er, dass die Sicherheit dabei nicht immer die höchste Priorität einnehme, weil das System auch komfortabel und bezahlbar sein solle. „Und wenn das Smartphone gehackt wird, kann jeder die Wohnung betreten.“

Weil der Online-Handel boomt, werden laut Bundesverband Pakete und Expresslogistik (BIEK) bis Ende des Jahres in Deutschland 3,34 Milliarden Kurier-, Express- und Paketsendungen verschickt – das sei ein neuer Rekordwert.

Stationärer Handel ist für Amazon attraktiv

„Der Anteil von Online-Shops am Einzelhandelsumsatz ist in den vergangenen Jahren sicherlich größer geworden“, sagt Kleber. „Dabei darf man aber nicht vergessen, dass bis zu 90 Prozent der Waren in Deutschland immer noch im Offline-Handel gekauft werden.“ Immer mehr Online-Händler interessieren sich demnach auch für eigene Läden in den Innenstädten. Neben Amazon sind das etwa Mode-Shops wie Zalando oder About You.

Amazon reagiere darauf, dass Kunden verschiedene Kauferlebnisse schätzen. „Die Kunden wählen aus den Verkaufswegen denjenigen aus, der in einer bestimmten Situation passt“, so Kleber. Bislang betreibe Amazon stationäre Läden in den USA. „Wenn wir glauben, dass wir mit einem stationären Konzept Kunden einen Mehrwert bieten können, dann schauen wir uns das an – in Deutschland wie auch in anderen Ländern, in denen wir aktiv sind.“