Der Cellist Mischa Maisky tritt mit zweien seiner Kinder im Trio auf. Foto: Hideki Shiozawa

Junge Gesichter, viele Debütanten, ­geniale Individualisten: In ihren vier Stuttgarter Konzertreihen wie in elf Sonderkonzerten bietet die Südwestdeutsche Konzertdirektion Russ in der Saison 2017/18 ein spannungsreiches, interessantes Klassik-Programm.

Stuttgart - Gestritten, sagen Michaela und Michael Russ, nein, gestritten haben sie noch nie. Nur geredet. Und diskutiert. Drei Tage in der Woche ist Michael Russ, der Senior, zurzeit noch im Büro der Südwestdeutschen Konzertdirektion Russ, die er von seinem Vater Erwin Russ übernahm, aber den Großteil der Arbeit, sagt er, erledige mittlerweile seine Tochter Michaela, „und das kann sie auch richtig gut“. Wobei, naja, einen Abend mit virtuosen Barockarien und einem sehr guten, aber noch nicht berühmten Countertenor hätte Michael Russ vielleicht doch nicht ins Programm genommen. Das hat er auch deutlich gesagt, aber was hat es am Ende genutzt? Gar nichts. So wird zum Nikolausfest dieses Jahres Valer Sabadus gemeinsam mit der Sopranistin Nuria Rial und dem Kammerorchester Basel im Beethovensaal reichlich Verziertes unter anderem von Händel, Porpora und Scarlatti aufführen, und man darf gespannt sein, ob und wie das Publikum der weiterhin gemeinsam mit der Kulturgemeinschaft Stuttgart veranstalteten Reihe „Faszination Klassik“ den historischen Ausflug goutieren wird.

Ein Wagnis ist in gewisser Weise auch das Zusammentreffen der beiden genialen Einzelgänger Daniil Trifonov (Klavier) und Gidon Kremer (Geige) in derselben Konzertreihe, das sich obendrein bei einer Eigenkomposition des Pianisten, einem Doppelkonzert, ereignet (vorangestellt ist Schumanns erste Violinsonate). Und selbst wenn der Publikumsmagnet Anne-Sophie Mutterim Beethovensaal auftritt, herrscht alles andere als glitzernder Mainstream, denn gemeinsam mit Lambert Orkis (Klavier) und Roman Patkoló (Kontrabass) serviert die Grande Dame der Violine ein Kammermusikprogramm, das zwar mit Bach beginnt, danach aber einen Schwerpunkt auf Werke setzt, die der polnische Komponist Krzysztof Penderecki für die Geigerin geschrieben hat. Gerade deshalb sollte man hingehen.

Viele junge Gesichter

Viele junge Gesichter zieren das nächste Russ-Spielzeitprogramm. Unter den bekannten sind die Pianisten Rafal Blechacz, Alice Sara Ott und Jan Lisiecki, die Geigerin Arabella Steinbacher und der Trompeter Gábor Boldoczki; zu den talentierten Jungstars, die gerade Karriere machen, gehören die Pianisten Martin Helmchen, Denis Matsuev und Seong-Jin Cho (der Chopin-Preisträger 2015 hat zuletzt eine exzellente CD-Aufnahme mit den Balladen und dem ersten Klavierkonzert von Chopin herausgebracht), der schillernde, oft auch streitbare Geiger Nemanja Radulovic, die Dirigentin Mirga Grazinyte-Tyla (die mit dem City of Birmingham Orchestra zu den „Meisterkonzerten“ kommt) und der Klarinettist Andreas Ottensamer. „Nur bei zwei Abenden der ‚Meisterkonzerte‘“, sagt Michaela Russ, „treten Solisten auf, die schon einmal bei uns gespielt haben. Der Rest sind alles Russ-Debütanten.“

Auch die Kammermusikreihe wirkt ausgesprochen jugendlich; neu dabei sind das Daedalus-Quartett und das Atos-Trio, und der Harfenist Xavier de Maistre sorgt gemeinsam mit der 79-jährigen mexikanischen Kastagnetten-Virtuosin Lucero Tena für exotischen Touch. Und bewährte Qualität gibt es natürlich ebenfalls; für sie sorgen unter anderen die Pianisten Grigory Sokolov, András Schiff, Murray Perahia und Rudolf Buchbinder (der seinen Beethoven-Zyklus abschließt).