Gaudibursch Felix Neureuther ist für den deutschen Skizirkus Gold wert. Foto: dpa

An diesem Wochenende startet der Skizirkus in den Olympia-Winter – los geht es mit dem Riesenslalom in Sölden. Dort sind die Augen auf Felix Neureuther und Viktoria Rebensburg gerichtet.

Sölden - Felix Neureuther und Viktoria Rebensburg sind die letzten verbliebenen deutschen Hoffnungen des alpinen Olympia-Winters, der am Wochenende mit der Gletschersause in Sölden beginnt. Wie wichtig er für die DSV-Truppe nicht nur sportlich ist, beweist der Bayer Neureuther immer wieder und gibt Kostproben seines kernigen Humors ab. Er hat ein Kinderbuch veröffentlicht, dessen Einnahmen für einen guten Zweck sind und an dem auch seine Kumpels Sebastian Schweinsteiger und Marcel Hirscher mitgewirkt haben. Als Neureuther über das Buch spricht, lässt er gewohnt lässig einen winzigen Satz fallen: „Da sind sehr viele Bilder drin – und deshalb verstehen es auch die Österreicher.“

So eine Zote kommt im Gastgeberland des alpinen Weltcup-Auftakts natürlich einer kleinen Unverschämtheit gleich. Doch wenn sich einer derlei Witze erlauben darf, dann Neureuther, der alte Lausbub. Er hat ein sonniges Gemüt, ist allseits beliebt, man nimmt ihm nichts krumm. Die bange Frage, mit der sich keiner beschäftigen will, ist deshalb auch die: Was wird nur aus dem Skizirkus, wenn er aufhört?

„Noch vier Jahre zu fahren, das wäre ein Traum, aber dafür muss alles schon optimal laufen“, sagt Skirennläufer schmunzelnd. Seinen Zuhörern ist in diesem Moment anzumerken, wie sie innerlich aufatmen, im fortgeschrittenen Alter sind Gedanken an das Karriere-Ende bei ihm offenbar weiter weg als gedacht. 33 Jahre alt ist der Sohn von der „Gold-Rosi“, auch für den deutschen Alpinchef Wolfgang Maier ist das Thema noch nicht akut – obwohl sich jeder über das mögliche Laufbahn-Ende Neureuthers nach diesem Olympia-Winter natürlich Gedanken macht. „Der Felix kann schon noch zwei, drei Jahre fahren, Mario Matt ist schließlich auch noch mit 35 Jahren Olympiasieger geworden“, sagt Maier, dem wirklich etwas fehlen würde, sollte sein Aushängeschild früher aufhören als erwartet – alles, nur nicht das! „Felix ist eine Größe des Sports und er hat eine enorme Strahlkraft“, sagt Maier mit fester Stimme über seinen wichtigsten Mann. Bei einigen anderen DSV-Männern, die etwa wie Linus Straßer sehr gute Anlagen mitbringen, müsste aber endlich mal der Knoten platzen.

In Neureuthers Leben tut sich momentan derweil viel. Er ist Vater geworden, am 14. Oktober kam Matilda zur Welt. Nun will er erst mal abwarten, wie die Papa-Rolle zum Sportler-Dasein passt. Und mit dem Hausbau sind der Rennläufer und seine Freundin Miriam Gössner zurzeit auch schwer beschäftigt. Aber das Gute ist: Neureuther konnte ausgezeichnet trainieren im Sommer, was keine Selbstverständlichkeit ist bei chronischen Rückenproblemen. Vielleicht erfüllt er sich ja doch noch den Traum von einer Olympiamedaille, obwohl sein Verhältnis zu den Winterspielen in Südkorea im Hinblick auf die angespannte politische Lage eher gespalten ist. „Ich weiß ich nicht, ob ich es für mich verantworten kann, da am Start zu stehen und einen auf Friede, Freude, Eierkuchen zu machen“, sagt er und schließt es nicht aus, im Zweifel auf die Spiele im fernen Osten zu verzichten.

Viktoria Rebensburg, die sie im Skizirkus nur kumpelhaft „Vicky“ nennen, ist da viel entspannter. Politik? Nicht ihr Ding. Die Sportfunktionäre würden schon wissen, ob man nach Südkorea reisen könne oder nicht, sie selbst kümmert sich um ihren Job auf der Piste. Deutliche Kritik gab es für die deutschen Frauen um die Rennläuferin aus Kreuth, deshalb klotzten sie alle im Sommer auch richtig ran. „Wir sind in der Vorbereitung mehr Ski gefahren und haben die Trainingsumfänge erhöht“, sagt Rebensburg, die die sechs bis acht Riesenslalom-Einheiten vor dem vergangenen Winter als „nix“ bezeichnet – nun sind es deutlich mehr gewesen. Doch steht die Riesentorlauf-Olympiasiegerin von 2010 so ziemlich alleine da als Frontfigur der Frauen. Nach ihr kommt, um in ihrer Sprache zu bleiben, „nix“.

Deshalb ist jetzt Jürgen Graller gefragt, der im April installierte Coach der deutschen Damen. Dass es mal wieder ein paar DSV-Mädels gibt, die weiter vorne anklopfen, wünscht sich auch Viktoria Rebensburg. „Das ist jetzt die Aufgabe, die der Jürgen hat“, sagt die Rennläuferin. Seit seiner Amtsübernahme gehe es in die richtige Richtung, meint die „Vicky“, und wenn es darauf ankomme, sei er auch fordernd und streng. „Doch zaubern, glaube ich, das kann auch er nicht“, sagt die 28 Jahre alte Sportlerin vom Tegernsee und bittet um etwas Geduld.