Severin Freund: Der Gesamtweltcupsieger der vergangenen Saison geht wieder in die Luft Foto: dpa

An diesem Wochenende beginnt für die Skispringer in Klingenthal eine ganz spezielle Saison – für die Severin Freund sogar seine Vorbereitung umstellte. Denn: Der Weltmeister und Gesamtweltcupsieger darf kein Spätzünder mehr sein.

Stuttgart - Werner Schuster hat viel erreicht mit den deutschen Skispringern in den vergangenen Jahren. Aus einer Truppe flügellahmer Adler hat er ein Topteam geformt, das Olympiasieger, Weltmeister und Gewinner des Gesamtweltcups stellt. Und trotzdem weiß der Österreicher: Erfolg ist nur bedingt planbar. Sein Credo lautet daher: Alles eine Frage der Voraussetzungen. Also sagt er nun: „In den letzten Wochen haben wir uns gute Voraussetzungen für einen positiven Saisonstart geschaffen.“ Und der ist wichtiger denn je.

Nach einer kurzen Aufwärmphase kommen die Saisonhöhepunkte zum und nach dem Jahreswechsel dann schließlich Knall auf Fall – und sind dann genauso schnell wieder vorbei. „Man kann in zehn Tagen berühmt werden oder die Saison abhaken“, sagt Schuster mit Blick auf die Wettkampftage zwischen dem 29. Dezember und dem 17. Januar. Vierschanzentournee, Heim-weltcup in Willingen, Skiflug-WM in Österreich – danach gibt es bis Mitte März nur noch Weltcup-Veranstaltungen. Der Bundestrainer ergänzt: „Das ist ein bisschen ein Hopp-oder-topp-Spiel.“ Das er nach Möglichkeit gewinnen möchte. Gut, dass er einen hat, der es gewinnen kann.

Severin Freund jedenfalls ist sicher, nach überaus erfolgreichen Jahren nun die Umstellung der Vorbereitung auf die kommenden Anforderungen geschafft zu haben. Ein „Spätzünder“ sei er bislang gewesen, sagt der Bayer – wohl wissend, dass er in dieser Saison schneller in die Gänge kommen muss. „Diesmal heißt es, möglichst früh das Leistungsoptimum abrufen zu können.“ Schließlich gibt es da ja noch einen leeren Platz im Trophäenschrank zu füllen.

Erfolge sind für Severin Freund „Schlüsselerlebnisse“

Mit dem Team ist Severin Freund Olympiasieger geworden, bei der Skiflug-WM hat er schon triumphiert, den Titel auf der Großschanze hat er sich gesichert, und in der vergangenen Saison hat er auch noch eine enorme Konstanz unter Beweis gestellt – was mit dem Gewinn des Gesamtweltcups belohnt worden ist. „Diese Erinnerungen“, sagt der 27-Jährige, „muss ich mitnehmen. Das sind Schlüsselerlebnisse.“ Die ihn nun an ein weiteres Ziel führen sollen.

Die Vierschanzentournee blieb für die deutschen Skispringer trotz des steten Aufstiegs ein Mysterium. Immer wieder stimmten im Grunde die Voraussetzungen, immer wieder verpatzten die Athleten des Deutschen Skiverbands (DSV) aber gleich den Start und hatten nach zwei von vier Stationen keine Chance mehr auf den Gesamtsieg. Das soll sich in diesem Winter endlich ändern. „Wir wollen mal aus Garmisch-Partenkirchen wegfahren und danach noch um den Gesamtsieg springen können“, formuliert Coach Schuster das Ziel für den Höhepunkt rund um den Jahreswechsel. Was dafür notwendig ist? Genau: „Wir haben versucht, uns gut vorzubereiten.“ Und zu  erholen.

„Es braucht Zeit, bis man verstanden hat, was man geschafft hat und was es bedeutet“, sagt Freund, der sich diese Zeit nach dem Sieg im Gesamtweltcup genommen hat: „Ich war fast drei Wochen ganz woanders. In Thailand und Myanmar machte der Bayer Urlaub, als er zurückkehrte, „war die Motivation groß“. Und seitdem geht der Blick nach vorn.

Freund würde zu gern die Tournee gewinnen

„Die vergangene Saison war schön“, sagt Freund, „aber eben auch nur ein Schritt der Karriere.“ Nun will er weitere gehen, weshalb er „hart gearbeitet“ hat, um früh in guter Form zu sein. „Gerade, wenn es gut gelaufen ist, darf man sich nicht darauf ausruhen“, sagt der Olympiasieger. Entsprechend akribisch ging es den Sommer über wieder zur Sache – gerade mit Blick auf die Tournee.

„Da hab’ ich noch was gutzumachen, da zu gewinnen wäre wahnsinnig schön“, sagt Freund. Schuster ergänzt: „Wir haben uns aktiver als in den Vorjahren mit der Vierschanzentournee beschäftigt und deshalb auch im Sommer die Abläufe durchgespielt.“ Unterschiedliche Herangehensweisen hat das deutsche Team schon in den vergangenen Jahren erprobt – mit gleichfalls mäßigem Erfolg. Severin Freund sagt daher: „Wenn jemand in der entsprechenden Form ist, kann er auch im Zelt schlafen und dennoch gewinnen.“ Eines sollte er aber sein: gut vorbereitet.