So sah es in Oberstdorf aus: Nur der Aufsprunghügel war schneebedeckt. Foto: AFP/Christof Stache

Rund um die Schanzen fehlt bei der Vierschanzentournee mal wieder der Schnee. Wir erklären, warum die Skispringer das ganz gut verkraften können.

Innsbruck - Wer spektakulären Sportstätten etwas abgewinnen kann, ist in Oberstdorf und Garmisch-Partenkirchen genau richtig. Die Schattenbergschanze und die Olympiaschanze sind für sich alleine schon beeindruckend, zugleich sind sie aber auch Teil von imposanten Anlagen, zu denen mehrere kleine Schanzen gehören. Daraus ergibt sich ein sehenswertes Bild – normalerweise. Diesmal ist bei den ersten beiden Wettbewerben der Vierschanzentournee die Optik ziemlich getrübt gewesen, weil viel zu wenig Schnee lag. Bedeckt war jeweils nur der Aufsprunghügel der Schanzen, der Rest drumherum zeigte sich in tristem grün-braun, was mit etwas Fantasie betrachtet so wirkte, als würde die Natur den Menschen die Zunge herausstrecken. Fakt ist, dass der Klimawandel längst auch die Tournee erreicht hat.

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Im Dezember war es in Oberstdorf (813 m) so warm, dass nicht genug Schnee produziert werden konnte. Das Auftaktspringen der Tournee fand dennoch statt – nachdem die Organisatoren Altschnee von Parkplätzen sowie maschinell erstellten Schnee aus dem Langlaufstadion Ried an die Schattenbergschanze gekarrt hatten. Auch in Garmisch (708 m) gibt es aktuell nur auf den Bergen echten Schnee, nicht im Tal. Am direkt neben der Schanze gelegenen Gudiberg-Slalomhang könnte derzeit kein Rennen stattfinden. Und auch in Innsbruck (574 m) sind nur die umliegenden Gipfel weiß. „Wir müssen damit leben, dass es nicht mehr besser wird, sondern nur noch schlechter“, sagt der Österreicher Alexander Stöckl, der Cheftrainer der norwegischen Skispringer ist, „in 20 Jahren haben wir ziemlich sicher gar keinen Schnee mehr. Man glaubt immer noch, dass es nächstes Jahr sicher wieder ein besserer Winter wird. Aber nein, wird es nicht!“

Die Norweger wollen klimaneutral sein

Ganz tatenlos wollen die Norweger allerdings nicht zuschauen. Das Skisprung-Team gleicht die unvermeidlichen Reisen durch CO2-Zertifikate aus, der Fuhrpark soll auf Hybridmodelle umgerüstet und die Ausrüstung wiederverwendet werden. „Wir sind ehrgeizig“, sagt Skispringer Robert Johansson, „wir wollen die erste klima-neutrale Mannschaft der Welt werden.“ Ob’s klappt? Der Versuch ist allemal besser, als nichts zu machen. Und zumindest den deutschen Kollegen sind die Norweger damit inhaltlich einen Schritt voraus. „Natürlich machen auch wir uns Gedanken über den Klimawandel, er ist ja extrem präsent“, sagt Bundestrainer Stefan Horngacher, „aber in unserer Situation können wir nichts ändern.“

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Bleibt der sportliche Aspekt: Die Skispringer haben den Vorteil, zwar eine Wintersportart zu sein, aber auch ohne Winter ganz gut zurechtzukommen. In den wärmeren Monaten bereiten sie sich ohnehin schon auf Mattenschanzen vor, die Anlaufspur besteht aus Keramik, sie wird gekühlt und bewässert, es geht folglich auch ohne Schnee. Bleibt dieser auch im Winter aus, fehlt allerdings das besondere Flair, das intensive Gefühl „Natürlich ist Skispringen mit Schnee viel schöner“, sagt Constantin Schmid (20), einer der jungen Wilden im deutschen Team, „darum macht es einem schon Sorgen, wenn sich das mit dem Schneemangel häuft.“

Über dieses Stadium ist Alexander Stöckl längst hinaus. Er gleitet beim Thema Winter schnell in den Zynismus ab. Skispringen, meint der Trainer, bleibe immer ein Wintersport. Und wenn es gar keinen Schnee mehr gibt? „Malen wir die Matten, auf denen wir springen, eben weiß an.“