Am Feldberg hat am Donnerstag die Skisaison begonnen. Foto: dpa

Die Anreise mit dem Auto, der Strom- und Wasserverbrauch für Lift und Schneekanonen, der Lärm und die Bodenverdichtung auf den Pisten: Die Umweltbilanz des Alpinsports enthält viele Negativpunkte. Trotz des Klimawandels – der Alpinsport hat seine Berechtigung, kommentiert unser Redakteur Dieter Fuchs.

Stuttgart - In Bonn ringt die Staatengemeinschaft diese Woche darum, den Klimawandel zu bremsen, und auf dem Feldberg beginnt die Skisaison. Hier die Guten, dort die Ignoranten, im globalen Maßstab zur selben Zeit am selben Ort, nur 325 Kilometer voneinander getrennt – der Gegensatz ist überzeichnet, doch er drängt sich auf. In Zeiten, in denen der Trend zum Fahrrad aus nachwachsenden Rohstoffen geht, erscheint Skifahren nicht mehr zeitgemäß. Den Alpinsport aber in Bausch und Bogen zu verdammen würde der Sache nicht gerecht werden. Es geht hier und anderswo vielmehr darum, einen vernünftigen, vielleicht sogar, wenn man so will, nachhaltigen Ausgleich zu finden.

Die Anreise mit dem Auto, der Strom- und Wasserverbrauch für Lift und Schneekanonen, der Lärm und die Bodenverdichtung auf den Pisten: Die Umweltbilanz des Alpinsports enthält viele Negativpunkte. Sie zu berücksichtigen ist die Aufgabe eines jeden Skifahrers. Wer die Probleme ignoriert, wird sich das vorhalten lassen müssen, ohne dem Zeitgeist und dem Gutmenschenterror die Schuld geben zu können. Es sind berechtigte Einwände, die dem Stand der Wissenschaft, der Situation unseres Planeten und einer in den vergangenen 20 Jahren gewachsenen Sensibilität gegenüber globalen Problemen Rechnung tragen.

Wer sich viel draußen bewegt und Spaß dabei hat, lernt die Natur kennen und schätzen

Andererseits: Wer sich viel draußen bewegt und Spaß dabei hat, lernt die Natur kennen und schätzen – als Spielplatz und als schützenswerten Lebensraum. Der Sportplatz oder die Couch ermöglichen diese Perspektive nicht. Das gilt für den Wintersport mit seinen bisweilen extremen Wettererfahrungen ganz besonders. Und wer in Abrede stellt, dass der Alpinsport ein intensives und authentisches Naturerlebnis ermöglicht, der hat von dieser Sportart wenig Ahnung. Natürlich gibt es Skiorte mit Ballermann-Atmosphäre, aber eben auch jene, die nicht nur den Zugang zur Natur, sondern auch die Kulturwelt der Berge vermitteln.

Der Umgang mit dem Alpinsport führt letztlich zu der Frage, wem die Natur gehört. Die ungestörte Entfaltung von Fauna und Flora muss vor den Bedürfnissen des Menschen nicht grundsätzlich Vorrang haben, wenn die Beeinträchtigungen sich in Grenzen halten. Dabei geht es neben dem puren Spaß auch darum, Kindern die Natur nahezubringen, was schwerlich geht, wenn sie sich nur noch gemessenen Schrittes und leise auf mehr als zwei Meter breiten Wanderwegen in der Natur bewegen sollen.

Skiorte im Mittelgebirge – etwa am Feldberg – haben den Vorteil, Menschen außerhalb der Alpen relativ wohnortnah dieses Hobby nahezubringen. Wie lange sich Lifte unterhalb von 2000 Höhenmetern allerdings noch lohnen, ist eine wirtschaftliche Entscheidung. Alle Skiorte – ob auf der Alb, im Schwarzwald oder in den Alpen – sowie die Politiker müssen jedoch ökologischen Kriterien breiteren Raum als bisher geben.

Die Konkurrenz aller gegen alle muss aufhören

Wer wie die bayerische Regierung Naturschutzverordnungen aufhebt, um eine neue Skischaukel im Allgäu zu ermöglichen, geht den falschen Weg. Die Konkurrenz aller gegen alle, die nur über den Preis und immer mehr Pistenkilometer ausgetragen wird, muss aufhören. Die Zukunft gehört der Konzentration auf weniger Skiorte, die ökologischer aufgestellt sind – mit ausgebautem Zug- und Busverkehr, dem Einsatz erneuerbarer Energien sowie wassersparender Technologien und relevanten Schutzzonen. In den Alpen finden sich schon eine Reihe von Destinationen, die diesen Kriterien folgen. Der Nachteil: Diese Erneuerung hat ihren Preis. Die Zeiten des Alpinsports als billiges Vergnügen sind vorbei.

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