Nach dem Rauswurf aus dem Nationalteam schien die Karriere von Skirennläufer Stephan Keppler am Ende. Trotzig kämpfte sich der Ebinger zurück – viele Chancen wird er aber nicht bekommen.
Stuttgart - Wenn die Saison beginnt und die ersten Rennen anstehen, dann ist es naheliegend zu fragen: „Wie lief die Vorbereitung?“ Und meist kommt dann der ganz normale Rückblick auf die Monate der Schinderei. Wenn aber Stephan Keppler in die jüngere Vergangenheit blickt, ist überhaupt nichts normal. Denn vor dieser Saison war alles anders für den Abfahrer aus Ebingen.
Eigentlich war alles sogar so gut wie vorbei. Mal wieder hatte der Skirennläufer keine optimale Saison gehabt, mal wieder hatte er einige Stürze gebaut, und mal wieder hatte er sich Blessuren zugezogen. Neu war: Am Ende der Saison hatten die Trainer im deutschen Team von alldem genug. Sich weiter um den eigenwilligen und mäßig erfolgreichen Sportler zu kümmern koste zu viel Energie, erklärte Bundestrainer Charly Waibel – und strich Keppler aus dem Kader.
"Ich habe in den vergangenen Jahren für den Sport gelebt"
„Einerseits kann ich das nachvollziehen“, sagt Keppler mit dem Abstand von einem halben Jahr, „ich bin 30, meine Saison war nicht gut, ich stehe einfach nicht da, wo ich selbst gern stehen würde.“ Überrascht war der Speedspezialist dennoch: „Während des Winters war das nie ein Thema, man hat mir nie gesagt: So kann es nicht weitergehen.“
Hört man dem Bundestrainer zu, klingt das ein wenig anders. Waibel berichtet von mehreren Gesprächen und wenig Einsicht bei seinem langjährigen Schützling, dem er vorhält, nicht das Leben eines Leistungssportlers geführt zu haben. Auf den Hinweis, er solle sein Gewicht reduzieren, etwa habe Keppler zugelegt. Auch an seinem Wohnort München habe er trotz der Bitte, nach Garmisch zu ziehen, festgehalten. Vorwürfe, die der 30-Jährige so nicht stehen lassen will.
Für den Skirennsport sei er einst extra nach München gezogen, und das Gewichtsthema sei zuletzt ein spezielles gewesen, da er aufgrund einer Patellasehnenentzündung kaum Ausdauertraining habe machen können. Und überhaupt: „Ich habe in den vergangenen Jahren privat zurückgesteckt und für den Sport gelebt.“ Der Schuss vor den Bug in Form der Ausgliederung aus der Förderung sei nicht nötig gewesen – hat jedoch auch seinen Effekt gehabt.
Zwar hat sich Keppler nach der Nachricht des Verbands mit einem sofortigen Karriereende beschäftigt. Weil zu diesem Zeitpunkt aber die Berufsfördermaßnahmen der Bundeswehr bereits angelaufen waren und Olympia doch ein anstrebenswertes Ziel war, entschied sich Keppler für die Fortsetzung seiner Laufbahn. Nicht ohne Trotz. „Wann ich meine Karriere beende, entscheide ich schon selbst“, sagte er sich. Wohl wissend, dass eine Herkulesaufgabe vor ihm lag.
Körperlich ist Keppler wieder in Schuss
Für einen Slalomfahrer ist es noch einigermaßen machbar, sich auf eigene Faust auf den Skiwinter vorzubereiten, für einen Abfahrer ist es fast unmöglich. Und so tingelte Keppler im Anschluss an eine Knieoperation von Gletscher zu Gletscher – immer auf der Suche nach einem Team, das ihn mittrainieren ließ. „Ich bin so lange dabei, da kenne ich viele Trainer“, sagt er. Das Manko: Abfahrtsspezifisch konnte er zunächst überhaupt nicht üben, eine Reise nach Übersee, wo sich der Rest der Weltelite vorbereitete, war viel zu teuer. Auch so nagt die Vorbereitung in Eigenregie am Ersparten Kepplers. „Ein Jahr lang kann ich das machen, länger nicht“, sagt der 30-Jährige, der bereits jetzt mehrere Tausend Euro investiert hat. Immerhin: Die Investition lohnt sich.
Zwar sagt er: „Mir ist viel Training genommen worden.“ Körperlich aber ist Keppler wieder in Schuss, er hat abgenommen und sich nach dem Sommer den deutschen Trainern vorgestellt. Danach durfte er mit dem Speedteam trainieren, fuhr nach eigenen Angaben im Vergleich zu den Kollegen starke Zeiten und erhält an diesem Wochenende in Lake Louise eine erste Chance in der Abfahrt. Ob es auch seine letzte ist?
Der Ebinger weiß, dass er nicht viele Möglichkeiten bekommen wird, sich für weitere Einsätze zu empfehlen. Zudem hofft er, objektiv beurteilt zu werden. Da keine festen Platzierungen als Vorgaben vereinbart wurden, ist er von der Einschätzung der Trainer abhängig. Sein simpler Plan klingt daher so: „Einfach schneller fahren als die anderen.“
Einmal Top Acht oder zweimal Top 15 – so lauten die Platzierungskriterien für eine Nominierung für die Winterspiele in Sotschi. „Das Ziel ist ambitioniert“, weiß Keppler, „denn es sind viele gute junge Rennläufer dazugekommen.“ Aussichtslos sei das Unterfangen aber nicht – sonst hätte er es ja auch gleich bleiben lassen können. „Ich mache das alles nur für Olympia“, sagt Keppler. Damit er im Rückblick sagen kann: „Meine Vorbereitung war gut.“ Wenn auch alles andere als normal.