Neben der Kundschaft fehlt häufig die Grundlage: der Schnee. Foto: dpa

Mehr als 130 Skilifte stehen im Schwarzwald und auf der Schwäbischen Alb. Immer häufiger baumeln ihre Bügel über grünen Hügeln. Doch das Phänomen ist nicht neu.

Freudenstadt/Lichtenstein - Skifahrer mit einer gewissen Abneigung für Trubel könnten entlang der Schwarzwaldhochstraße ins Schwärmen geraten: Dort bleibt ihnen immer mehr Platz zum Wedeln. „Früher kamen an einem Samstag sieben Busse allein aus Mannheim. Die ganzen Pisten waren voller Skikurse. Das ist heute nicht mehr so“, sagt Klaus Erich Zimmermann. Seit rund 50 Jahren betreibt er die Skilifte Zuflucht und Kniebis (Kreis Freudenstadt). Besonders hoffnungsfroh klingt es nicht, wenn er davon erzählt.

Während an Wochenenden noch Wintersportler aus dem Stuttgarter Raum oder dem Rheintal anreisten, gehe es werktags an den Anlagen immer ruhiger zu. Zimmermann zufolge liegt das auch an den Geburtenzahlen im ländlich geprägten Nordschwarzwald: In Mitteltal, einem Ortsteil von Baiersbronn, kamen nach seiner Erinnerung früher bis zu 70 Kinder pro Jahrgang zur Welt - nun seien es 15. „Das sind die Skifahrer, die später fehlen.“ Der Saisonkartenverkauf rentiert sich schon lange nicht mehr.

Betriebstage haben sich über die Jahre halbiert

Neben der Kundschaft fehlt allerdings auch zunehmend die Grundlage: „Der Schnee wird eindeutig weniger“, sagt Zimmermann. Dass auf dem Kniebis zwei oder drei Monate lang durchweg gute Bedingungen zum Skifahren sind, kommt nach seiner Einschätzung im Gegensatz zu vergangenen Jahren kaum mehr vor. Schwindenden Umsätzen stünden gestiegene Betriebskosten und hohe Beträge etwa für die Reparatur des Pistenbullys gegenüber. Und hohe Ansprüche. So erwarteten junge Skifahrer heutzutage Schanzen und eine actionreiche Staffage. Im Naturschutzgebiet lasse sich so etwas allerdings nicht so einfach in den Hang klotzen.

Zimmermann bleibt dem Liftbetrieb aus Passion verbunden - sein Auskommen sichert seine Schnapsbrennerei. Für die Skidestination Nordschwarzwald ist er wenig optimistisch: „Ich würde heute keinen Lift mehr bauen.“

Klagen kommen auch von anderen Höhenlagen im Südwesten. „In den Jahren von 2008 bis 2011 hatten wir noch zwischen 80 und 100 Betriebstage“, sagt Ingo Schick, Vorsitzender des Wintersportvereins Ebingen. Der Club betreibt den Lift im gleichnamigen Albstädter Ortsteil (Zollernalbkreis). Seit 2012 habe sich die Zahl halbiert. „Eine Wintersaison ist leider nicht mehr planbar“, so Schick. Liegt in den Weihnachtsferien kein Schnee, fällt die Hälfte der Saisoneinnahmen weg.

Schneearme Winter bereiten den Pistenbetreibern Kummer

Kurt Pöhler hält schneearme Winter auf der Alb für kein junges Phänomen: Saisons ohne einen einzigen Betriebstag habe es auch vor Jahrzehnten schon gegeben. Pöhler ist Geschäftsführer des Skilifts Laichingen (Alb-Donau-Kreis). Die Anlage ist 52 Jahre alt und wie die meisten auf der Alb in den Wirtschaftswunderjahren entstanden. 400 Meter lang, auf 750 Höhenmetern gelegen, keine Beschneiungsanlage. Rund die Hälfte seines Bestehens schreibt der Lift Pöhler zufolge rote Zahlen.

Nach Angaben von Hanns Ulrich Kümmerle vom Deutschen Wetterdienst (DWD) prägen die Winter der Alb tatsächlich eine große Varianz - schneearme und schneereiche Winter wechselten sich munter ab. Doch insgesamt gehe die Zahl der Tage mit wintersporttauglicher Schneedecke auf der Alb zurück. Nach DWD-Aufzeichnungen lag in den 1940er Jahren in Münsingen (Kreis Reutlingen) noch im Schnitt an rund 25 Tagen 30 Zentimeter Schnee. Seit Beginn der 2010er Jahre war das noch an knapp 10 Tagen der Fall. „Das ist eindeutig dem Klimawandel zuzuschreiben“, sagt Kümmerle. „Es ist nicht davon auszugehen, dass auf der Alb irgendwann gar kein Schnee mehr liegt. Aber er tritt immer seltener auf.“

Wenn es läuft ist das Einzugsgebiet riesig

Der Ostalb-Skilift in Aalen (Ostalbkreis) lief im Winter 2017/2018 überhaupt nicht. „Aber wenn er läuft, haben wir ein riesengroßes Einzugsgebiet“, sagt Geschäftsführer Dieter Gerstner. Sogar einen Familienvater aus Ulm samt Nachwuchs hat er dort schon getroffen - der eigentlich ebenso schnell in ein weitaus größeres alpines Skigebiet gelangen könnte. „Der hat mir gesagt: ‚Bei Euch zahle ich ein Drittel der Preise aus dem Allgäu’“, erzählt Gerstner.

75 kleinere Lifte und Skigebiete verzeichnet das Portal Swlifte.de im Schwarzwald, das Pendant Alblifte.de 61 auf der Schwäbischen Alb. Aber längst nicht alle der Betreiber hadern mit den klimatischen Bedingungen der Mittelgebirge. „Die Wintersport-Arena Holzelfingen ist rentabler denn je“, sagt deren Sprecher Jochen Gekeler.

Einzellifte schlossen sich zusammen

2007 schlossen sich die beiden Einzellifte in dem 1200-Einwohner Teilort von Lichtenstein (Kreis Reutlingen) zusammen. 300 000 Euro investierten die vier Gesellschafter in eine neue Talstation, Flutlichtanlage und Kinderlift. Sie wollten Skifahren auf der Alb attraktiver machen. Heute gibt es abseits der Holzelfinger Pisten eine „Herz’l Alm“ mit regelmäßigem Après-Ski und Weißwurstfrühstück, Party-DJs aus Tirol und Hundeschlitten-Führer reisen an. 80 Kurzzeitbeschäftigte stehen zum Schichtbetrieb zur Verfügung. Manchmal wissen sie morgens um 8.00 Uhr noch nicht, ob mittags die Schneedecke zum Fahren ausreicht - dann informiert eine App potenzielle Boarder kurzfristig.

Am Dreikönigstag 2019 kamen Gekeler zufolge 2500 Gäste. Von solch einem Andrang konnten die Betreiber vor zehn Jahren nur träumen. Die Zahl der Betriebstage - im Schnitt 25 pro Saison - können auch sie nicht ändern. Genauso wenig wie die unsteten Albwinter mit raschem Wechsel von Kälte zu Tauwetter und die für alpine Verhältnisse recht kurzen Abfahrten. Das Drumherum schon. „Wenn wir Schnee haben, kommen so viele Besucher, dass es sich trotzdem lohnt“, sagt Gekeler.