Daniel Bohnacker (Mitte) bejubelt seinen zweiten Weltcup-Sieg in Idre Fjäll. Foto: AP/Pontus Lundahl

Einen Tag nach seinem zweiten Weltcup-Sieg spricht Skicrosser Daniel Bohnacker über die vergangenen Jahre, seine Erleichterung – und ein großes Ziel.

Stuttgart - Wenn zwischen dem ersten und dem zweiten Erfolg 3301 Tage liegen, also rund neun Jahre, dann muss ein solcher Sieg auch ordentlich gefeiert werden – sollte man meinen. Doch weil der Skizirkus eine einzige winterliche Rundreise ist, blieb Daniel Bohnacker am Sonntag wenig Zeit, einen Triumph zu bejubeln, der ihm viel bedeutet.

Rund neun Jahre nach seinem ersten Weltcup-Sieg hat der Skicrosser aus Westerheim auf der Schwäbischen Alb im schwedischen Idre Fjäll Erfolg Nummer zwei gefeiert. Als einen „Endlich“-Moment bezeichnet er den Sekundenbruchteil, in dem er als Erster die Ziellinie überquert hat. „Endlich der zweite Sieg, den ich unbedingt wollte“, ergänzt er am Montag beim Zwischenstopp in Lörrach, „da ist eine Last von mir abgefallen.“

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Immer wieder stand Daniel Bohnacker in den vergangenen Jahren in Finals, manchmal ging wenig zusammen, ein Kreuzbandriss hatte ihn vor zwei Jahren zurückgeworfen. „Es war mitunter zäh“, erinnert er sich, „aber ich habe mir keinen Stress gemacht.“ Auf dem Weg zurück nach der Verletzung passte dann zwar vieles – was zunächst aber fehlte, war der Beleg, auch wieder ganz vorne mitmischen zu können. Nach einer Aufbausaison war es vor diesem Winter das Ziel des 29-Jährigen, sich und seinem Umfeld genau das zu beweisen.

In Kanada endlich wieder auf dem Podium

„Es ist schön und gut, wenn man dir sagt, dass dein Speed stimmt“, erklärt Bohnacker, „aber es ist was anderes, wenn du die Bestätigung in Form von Ergebnissen bekommst.“ Und die bekam er seit dem Jahreswechsel.

Im kanadischen Nakiska fuhr er erstmals seit drei Jahren aufs Podium – Platz drei. In Idre Fjäll folgte ein fünfter Rang. Und dann der erlösende Sieg. „Es hat“, sagt Bohnacker, „einfach alles gepasst.“ Was Grundvoraussetzung für den Erfolg ist in einem Sport, dessen Faszination sich aus der nahezu kompletten Unberechenbarkeit speist.

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Im Vierkampf auf der Piste, in Steilkurven und bei riesigen Sprüngen kann der kleinste Fehler das Aus bedeuten. Eigene Patzer, aber auch die der Konkurrenz, die einen auch mal abräumt. Knapp ist es fast in jedem Rennen. Am Sonntag bei Bohnackers Sieg waren alle vier Finalfahrer innerhalb von 18 Hundertstelsekunden, die Fingerspitze des Deutschen war die vorderste. Weshalb wenigstens ein bisschen gefeiert wurde.

Noch am Fuße der Strecke posierte das gesamte Team des Deutschen Skiverbands (DSV) fürs Erinnerungsfoto, dann musste schon das Material gepackt werden, die Trainer machten sich in den Teambussen auf die weite Reise. Die Rennläufer trafen sich noch auf der Bowlingbahn, morgens um vier ging’s dann schon zum Flughafen. Aber in der Folge nicht nach Hause.

Fans des VfB Stuttgart

Die Feier mit den Kumpels aus einem Fanclub des VfB Stuttgart in Westerheim muss noch aufgeschoben werden, denn für die Skicrosser geht es nach einer Nacht in Lörrach weiter nach Frankreich zum nächsten Spektakel auf der Piste. Es ist dieser Trott, den Daniel Bohnacker seit Jahren kennt, den er aber nach wie vor nicht missen möchte.

Viele langjährige Weggefährten haben ihre Karriere mittlerweile beendet, Bohnacker ist im Männerteam nun der Älteste – hat noch Spaß an seinem Sport, denkt aber nur noch von Jahr zu Jahr. „Ich will schon das Gefühl haben, vorne mitfahren zu können“, sagt er über Gedanken an ein mögliches Karriereende. Solange er dieses Gefühl hat und es sich auch noch durch Ergebnisse bestätigt, macht er weiter – zumindest bis 2022.

Dann stehen wieder Olympische Winterspiele an. „Die habe ich als Ziel im Auge“, sagt Daniel Bohnacker, der 2014 in Sotschi Rang 19 belegt und die Spiele 2018 wegen seines Kreuzbandrisses verpasst hat. Aber, wie gesagt, davor müssen die Ergebnisse passen. Am besten so wie am Sonntag in Schweden.

Schließlich hätte der 29-Jährige nichts dagegen, wenn es bis zum dritten Weltcup-Sieg nicht noch mal neun Jahre dauert.