Staunt über die Fortschritte eines Teilnehmers: Skateboard-Lehrer Sven Gräschke Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Die Brettsportschule The Step bietet einen wöchentlichen Kurs für heranwachsende Flüchtlinge an. Die Auftaktveranstaltung gelingt, die sieben Teilnehmer erzielen rasch Fortschritte.

Stuttgart - Arol steht mit beiden Füßen auf dem Skateboard und versucht, das Gleichgewicht zu halten. Dann nimmt er den linken Fuß vom Brett, tritt einmal zaghaft auf und stellt ihn wieder drauf. Das Skateboard rollt langsam über den Betonboden der alten Lagerhalle in der Frachtstraße, in der die Boardrider Organisation Stuttgart (Boost) eine Skate-Anlage betreibt. Tommy Schröder, der Leiter des Workshops, hält Arol an den Händen und begleitet ihn ein paar Meter. Der 18 Jahre alte Asylbewerber aus Kamerun bewegt den Oberkörper ruckartig vor und zurück, um die Balance zu halten. Plötzlich verliert er die Kontrolle, das Skateboard rauscht nach vorne weg. Schröder packt kräftig zu. Er bewahrt seinen Schützling so vor einem Sturz auf den Hintern. Arol lacht.

„Es macht unheimlich viel Spaß“, sagt der Schwarzafrikaner, „aber ich stehe zum ersten Mal in meinem Leben auf einem Skateboard. Alles ist neu für mich, deshalb ist es ein bisschen schwierig.“ Trotz aller Mühen, die Arol am Anfang hat, finde er es „super“, dass er hier die Möglichkeit habe, das Skateboardfahren zu erlernen.

Ralf Knecht, der Inhaber der Stuttgarter Snow- und Skateboard-Schule The Step, hatte bereits Ende des vergangenen Jahres die Idee, jungen Flüchtlingen kostenlose Skateboard-Workshops anzubieten. Jetzt setzt er sie um. Die Kinder und Jugendlichen aus einem benachbarten Asylbewerberheim in Bad Cannstatt dürfen im Juli – und dann noch mal im September – jeden Donnerstag unter Anleitung das Abenteuer auf vier Rollen wagen. Tommy Schröder leitet den Kurs, Lars Roth, Sven Gräschke und Sina Droll unterstützen ihn ehrenamtlich. „Ziel ist es, dass die Teilnehmer am Ende der Workshops das Brett in allen Situationen beherrschen“, sagt Knecht. Damit sie allein in öffentlichen Skate-Parks fahren können. Dort biete sich den Flüchtlingen die Gelegenheit, Anschluss an andere Skater zu finden, meint Gräschke.

Weil die jungen Flüchtlinge dafür ein eigenes Brett benötigen, sammelt Knecht in Kooperation mit einem Skate- und Snowboard-Laden in Stuttgart gebrauchte Ware.

Immerhin sieben Teilnehmer trotzten am gestrigen Donnerstag der Hitze. Im ersten Teil lernten die vier Mädchen und drei Jungs, wie sie im Fall eines Sturzes fallen sollten: erst auf die Knie-, danach auf die Ellenbogen- und die Handgelenksschoner. Im zweiten Teil durften sie aufs Brett stehen und erste Fahrversuche machen. Im Lauf des Nachmittags erzielten alle sieben Teilnehmer Fortschritte. „Je mehr man fährt, umso mehr bekommt man ein Gefühl fürs Skateboard“, erklärte Gräschke, „und irgendwann geht es dann fast automatisch.“

Vor allem der elf Jahre alte Valerio, der mit seiner Familie von Bosnien nach Deutschland geflüchtet ist, bewies ein gutes Gefühl für sein rollendes Brett. Er fuhr sogar unfallfrei über die Skate-Elemente – zur Freude von Schröder: „Der geht richtig ab.“

Initiator Ralf Knecht war am Ende des ersten Kurstages zufrieden: „Es ist schön zu sehen, wie die Kinder Spaß haben“, sagte er. Er könne sich vorstellen, das Angebot für Flüchtlinge auszubauen, sobald die neue Skatehalle beim Cannstatter Bahnhof fertiggestellt sei. Mit deren Eröffnung rechne er im Februar 2016. Arol wird bis dahin längst ohne Hilfestellung Skateboard fahren können.