Begeisterter Slalom-Skateboarder: Robert Thiele Foto: Pressefoto Baumann

Vielleicht ist der Sportsfreund schon älter und mag es nicht mehr ganz so schnell auf dem Skateboard – dann ist Slalom-Skating eine brauchbare Alternative.

Stuttgart - Immer wieder bleiben Spaziergänger an diesem Sonntag im Georgiiweg auf der Stuttgarter Waldau stehen, fasziniert von dem, was sie sehen. Ein Mann steht auf einem Skateboard und saust mit einer irren Geschwindigkeit um orangefarbene Slalom-Hütchen herum, die im Abstand von 1,60 Metern aufgestellt sind. Fünf schafft er in einer Sekunde und ist dabei bis zu 50 Kilometer pro Stunde schnell. Ein Kollege stoppt die Zeit, dann ist der Nächste dran. „Wir nennen uns gerne auch die Legenden“, sagt Robert Thiele, lacht und nimmt den Helm ab.

Aus dem typischen Skateralter ist er mit seinen 47 Jahren längst heraus. Das gilt auch für Oliver Dieterle (50) und Radam Knobloch (50), die wie Thiele zu Skateboardslalom in Stuttgart (Sis) gehören, einem sehr kleinen, aber besonderen Verein mit nur 15 Mitgliedern und sprichwörtlichen Wachstumsschmerzen. „Das Problem ist, dass wir gerne mehr Leute hätten, aber wir haben jetzt schon ein Problem, gute Trainingsmöglichkeiten für uns zu finden“, erzählt Thiele.

Von den Passanten kommen meist nur positive Reaktionen. „Aber der eine oder andere fühlt sich belästigt und holt dann die Polizei“, sagt der zweifache Familienvater. Deshalb wechselt die Ü-40-Gruppe immer wieder den Standort. Sie betreibt ihren rasanten Sport eher im Verborgenen, in einer spannenden Grauzone. „Es wäre schön, wenn uns jemand eine Fläche zur Verfügung stellen würde“, sagt Thiele.

Weltweit sind nur 2000 Skateboarder in diesem „Nischchen“ aktiv. „Dabei entspricht das Slalom-Skating mehr dem ursprünglichen Stil von Skateboarding, das sich ja aus dem Surfen heraus entwickelt hat“, sagt Robert Thiele. Er steht seit 37 Jahren auf dem Brett, ist dreifacher Europameister und liegt in der aktuellen Weltrangliste der Internationalen Slalom Skateboarding Association (Issa) auf Rang zwölf. Beim ersten großen Rennen im schweizerischen Grüningen belegte er am vergangenen Wochenende den zweiten Platz im Hybrid-Slalom in der PRO Category. „Wir nennen uns Pros, verdienen damit aber kein Geld. Für mich geht es darum, mich mit den Besten zu messen“, sagt Thiele.

40 Pokale stehen in seinem Hobbyraum im Heusteigviertel, darunter auch einer von seinem 14-jährigen Sohn Max, der kürzlich bei den Junioren Weltmeister wurde. Er nimmt seine Zuhörer mit in seine Slalom-Welt, spricht vom erhebenden Gefühl, auf dem Board zu stehen und allein durch Körperbeherrschung zu lenken. Ein gefährlicher Sport? Thiele winkt ab. Mehr als Schürfwunden und blaue Flecken habe er noch nicht hinnehmen müssen. „Beim Slalom gibt es keine abrupten Bewegungen und keine Sprünge, das ist gelenkschonend, und man hat als Anfänger schnell ein Erfolgserlebnis“, sagt Thiele.

2012 hatte der Fotograf die Weltmeisterschaft im Slalom-Skateboarden nach Stuttgart und in den Scharnhauser Park in Ostfildern geholt. Ein halbes Jahr Arbeit hat er mit seinen Helfern reingesteckt. 90 Fahrer aus 16 Ländern waren in vier Kategorien am Start. „Die Stadt Stuttgart hat uns super unterstützt, und es war toll, ein Rennen mitten in der City zu haben“, sagt Thiele. Und für den Macher war es dann auch nebensächlich, dass er beim Heimwettbewerb keinen der vorderen Plätze erreichte.

Mit seiner Gruppe engagiert er sich auch für Flüchtlinge in Heumaden, denen er das Skaten beibringt. Allerdings erst mal ohne Hütchen. „Ich bin vor 25 Jahren aus Prag geflüchtet, so was prägt dich ein Leben lang“, sagt Robert Thiele. Jetzt trainiert er für das nächste Event – wieder ein Heimspiel. Am 19. und 20. September finden im Scharnhauser Park die German Open statt. Ganz offiziell. Und niemand wird sich gestört fühlen.