Mit einem solchen Rettungshubschrauber wurde unter anderem ein unter Wasser stehender Fußballplatz trockengelegt. Foto: dpa

Fußballplatz trockengeföhnt, Angehörige in den Urlaub nachgeflogen – und jetzt werden auch noch die Regionalclubs von der Skandalserie erfasst.

Fußballplatz trockengeföhnt,  Angehörige in den Urlaub nachgeflogen – und jetzt werden auch noch die Regionalclubs von der Skandalserie erfasst.

Stuttgart/München - Der Skandal beim Allgemeinen Deutschen Automobilclub (ADAC) zieht immer weitere Kreise. Nun rücken auch die Regionalclubs in den Fokus. Vier Vorsitzende, darunter auch der Chef des ADAC Württemberg, Dieter W. Roßkopf, wird ihre Doppelfunktion als ADAC-Vertragsanwalt und als Vorsitzende vorgeworfen.

Der Korruptionsexperte Wolfgang J. Schaupensteiner bezeichnete die Vermischung von Ehrenamt und privaten Geschäften in der ZDF-Sendung „Frontal 21“ als „unzulässige Interessenkollision“. Er sieht darin einen Verstoß gegen die eigenen Richtlinien des ADAC. Für Unternehmensberater Klaus Kocks ist die Doppelfunktion ein „Paradebeispiel für Vetternwirtschaft im Selbstbedienungsladen ADAC“.

Die Pressestelle der Konzernzentrale in München verwies diesbezüglich an die Regionalableger. In der vom ADAC Württemberg am Mittwoch verbreiteten Stellungnahme heißt es: „Die Zulässigkeit und Unbedenklichkeit der vertragsanwaltlichen Tätigkeit als Vorsitzender eines ADAC-Regionalclubs wurde bereits vor Jahren durch renommierte externe Fachleute geprüft und bestätigt.“ Roßkopf ist demnach bereits seit 2002 – also lange vor seiner Vorstandsfunktion – als ADAC-Vertragsanwalt tätig. Als er 2010 von der Mitgliederversammlung in den Vorstand gewählt wurde, seien alle beruflichen Stationen und Tätigkeiten „bekannt gewesen“.

Aus Sicht des Vereins mit seinen über 18 Millionen Mitgliedern ist alles sauber. Für Verkehrsanwälte, die nicht für den größten Verein in der Bundesrepublik tätig sind, könnte es sich jedoch um Wettbewerbsverzerrung handeln, wenn die Kollegen vom ADAC innerhalb des Automobilclubs munter Mandate akquirieren. Möglicherweise folgt ein juristisches Nachspiel.

„Wir kämpfen gerade an vielen Fronten“, heißt es bei der ADAC-Zentrale in Stuttgart. Womöglich muss sich Roßkopf bald noch in einer anderen Angelegenheit erklären. Die Zentrale in München bestätigte inzwischen, dass nicht nur Mitglieder des Präsidiums die Hubschrauberflotte für Reisen nutzten, sondern auch die 18 Vorsitzenden der Regionalclubs.

Konkurrent ACE will sich Häme ersparen

Am Mittwoch sorgte besonders der Fall einer früheren ADAC-Managerin für Aufregung. Sie ließ ihren Sohn und einen Freund in einer Rettungsmaschine mit intensivmedizinischem Gerät und Notarzt an Bord mitfliegen, weil die beiden jungen Männer ihren Abflug zum Tauchurlaub in Ägypten verpasst hatten. Die Maschine wäre sowieso ans Rote Meer geflogen, um einen verletzten deutschen Urlauber auszufliegen. Dennoch war die Frau nach dem Vorfall nicht mehr tragbar – sie unterschrieb wenig später einen Auflösungsvertrag.

Außerdem wurde bekannt, dass in Braunschweig ein Hubschrauber dazu genutzt wurde, einen unter Wasser stehenden Fußballplatz vor einem Zweitliga-Spiel mit Hilfe seiner Rotorblätter zu trocknen. Angeordnet hatte dies der damalige ADAC-Vorsitzende in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt, Reinhard Manlik. Das Pikante daran: Manlik sitzt zugleich für die CDU im Braunschweiger Stadtrat. Das für die Luftrettung zuständige Innenministerium in Niedersachsen hat den Vorfall damals gerügt, woraufhin der Einsatz von der Stadt Braunschweig bezahlt wurde.

Einer Umfrage des Nachrichtenmagazins „Stern“ zufolge erwägen inzwischen sieben Prozent der Mitglieder, mithin gut 1,3 Millionen, dem Club den Rücken zu kehren. Ein ADAC-Sprecher wies dies als „übertriebene Darstellung“ zurück. Man erfahre gerade viel Kritik, aber auch Zuspruch.

Nutznießer der Skandale ist ADAC-Konkurrent ACE. Der Auto Club Europa mit Sitz in Stuttgart kann sich vor Anfragen kaum retten. „Die Zugriffe auf unser Online-Portal haben sich verfünffacht, unser Call-Center ist zeitweise überlastet“, sagte eine Sprecherin und ergänzte: „ Der Markt ist spürbar in Bewegung geraten, aber wir spekulieren nicht auf einen großen Aderlass in München. Häme verbietet sich.“