Das Leben im Heilbronner Gefängnis ist trist, Drogen sind stark gefragt. Foto: Achim Zweygarth

Hat die Affäre um Drogenschmuggel durch Justizbeamte in Heilbronn einen rechtsradikalen Hintergrund? Zumindest hat die Staatsanwaltschaft entsprechende Ermittlungen eingeleitet. Das Justizministerium spricht von einem Einzelfall.

Heilbronn - Haben Mitarbeiter der Justizvollzugsanstalt in Heilbronn die Strafgefangenen im großen Stil mit Drogen versorgt? Diesem Verdacht geht die Staatsanwaltschaft bereits seit mehreren Monaten nach. Jetzt kommt überraschend ein neuer Tatvorwurf hinzu. Demnach sollen sechs Beamte per Whatsapp eifrig Hitler-Bilder und Hakenkreuze geteilt haben. Man habe ein Ermittlungsverfahren wegen des Verwendens verfassungswidriger Organisationen eingeleitet, bestätigte der Leitende Oberstaatsanwalt Frank Rebmann. Das Stuttgarter Justizministerium suspendierte die betroffenen Beamten.

Gegen zwei der Beschuldigten werde bereits in dem Korruptionsverfahren ermittelt, sagte Rebmann. Hier sollen insgesamt sieben Justizmitarbeiter Marihuana, Heroin, Kokain, Ecstasy und Medikamente, aber auch Handys in das Gefängnis geschmuggelt haben. Auch sie dürften das Anstaltsgelände nicht mehr betreten, ein Tarifbeschäftigter wurde entlassen. Im Juli war ein 37-jähriger Beamter auf frischer Tat ertappt worden, als er ein Drogenpäckchen einschleusen wollte. Er sitzt seither in Untersuchungshaft. Pro Lieferung soll er mehrere Hundert Euro kassiert haben, behauptet die Staatsanwaltschaft. Die Anklageerhebung stehe unmittelbar bevor.

Polizei findet Waffen und Munition

Drogen in den Gefängnissen ist ein weit verbreitetes Problem. Mehr als jeder zweite Strafgefangene soll ein Suchtproblem haben. Auch Inhaftierte, etliche ehemalige Insassen und weitere Verdächtige aus deren Umfeld sollen an dem Schmuggelring beteiligt gewesen sein. Bei ihren Ermittlungen hatte die Polizei Wohnungen und Spinde durchsucht. Sie beschlagnahmte Handys, aber auch Munition, Butterflymesser und ein japanisches Würgeholz.

Bei der Durchsicht der Whatsapp-Chats stießen die Ermittler auf die Nazibilder. Die Hitler-Porträts seien teilweise mit Sprechblasen versehen gewesen. Seine Männer seien in Russland nicht so schnell geschlagen worden, hieß es beispielsweise im Hinblick auf das Abschneiden der Fußball-Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft im Sommer. Andere Inhalte seien eindeutig antisemitisch und fremdenfeindlich, sagte Rebmann. Gegen einen Mann werde wegen des Verdachts der Volksverhetzung ermittelt. Weiteres Beweismaterial werde aber noch geprüft.

Erstmals Taschenkontrollen für Mitarbeiter

Das baden-württembergische Justizministerium zeigte sich betroffen. Man dulde keinerlei nationalsozialistischen oder extremistischen Bestrebungen, erklärte ein Sprecher in Stuttgart. „Es gibt eine klare Nulltoleranzstrategie gegen nationalsozialistisches Gedankengut.“ Allerdings handle es sich um einen Einzelfall. Diese Rückmeldung habe man von den Leitern der baden-württembergischen Gefängnisse erhalten. Dort gibt es insgesamt 4500 Bedienstete.

Ob die Heilbronner Anstaltsleitung über die rechtsextremen Tendenzen in der Belegschaft im Bilde war, ist unbekannt. In einer Voruntersuchung wird geprüft, ob Hinweise auf den Drogenschmuggel ignoriert wurden. Nach dem Bekanntwerden der Vorwürfe hatte das Justizministerium mit dem örtlichen Personalrat stichprobenartige Taschenkontrollen vereinbart – erstmals in der Geschichte einer baden-württembergischen Haftanstalt. An acht verschiedenen Tagen seien 149 Bedienstete kontrolliert worden. Vor einer Woche sei das Projekt zu Ende gegangen. Auffälligkeiten habe es keine gegeben.