Das Eagle an der Mozartstraße soll nach dem Willen der Kommunalpolitik gerettet werden – aber lässt das Verwaltungsrecht das zu? Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Das Stuttgarter Schwulenlokal Eagle kann nach einem Betreiberwechsel nicht in gewohnter Manier weitermachen. In einem Antrag fragt die SPD jetzt: Könnte es auch anderen Läden so ergehen?

Stuttgart - Der Wille, das Schwulenlokal Eagle an der Mozartstraße in Stuttgart zu retten, ist da. Nachdem bereits OB Fritz Kuhn höchstselbst klar gemacht hatte, nach Möglichkeiten zu suchen, den Betrieb dort nach einem Pächterwechsel fortzusetzen, fordert jetzt auch die SPD die Verwaltung auf, alle Register zu ziehen – führt dabei aber noch eine ganz andere Frage an. „Gibt es LSBTTIQ-Einrichtungen, die eine ähnliche oder vergleichbare Konzessionierung haben und bei denen es zu Problemen kommen könnte, wenn Betreiberwechsel anstehen sollten?“, heißt es in einem Antrag.

Zu heftigen Diskussionen hatte geführt, dass die Verwaltung das Ende des Betriebs des Eagle zum Jahreswechsel – inklusive Darkroom – mit einer vermeintlichen „Gefahr für die Sittlichkeit“ begründete. Tatsächlich steht die Klausel so im Landesgaststättengesetz. Wenn auch verwaltungsrechtlich korrekt, entschuldigte sich Fritz Kuhn nach einem Aufschrei in der homosexuellen Community für die Formulierung: Sittlichkeit sei kein Maßstab, wir seien nicht in den 60ern.

Die Verwaltung kündigte unterdessen an, sich mit dem Betreiber des Eagle zügig zusammenzusetzen, betonte aber, dass nicht nur der Darkroom, sondern auch andere Punkte wie laute Musik und lange Öffnungszeiten der Konzessionierung als Billardcafé nicht entsprächen. „Aber es hat ein gutes Gespräch zwischen Verwaltung und Betreiber gegeben, ein sehr konstruktives“, sagt Sven Matis, Sprecher der Stadt Stuttgart. Einen neuen Sachstand gibt es aber nicht.

Sterben schwuler Lokale befürchtet

Jetzt wirft die SPD die Frage in den Raum, wie es anderen Schwulenlokalen ergehen könnte, wenn die Behörden sie genauer unter die Lupe nehmen würden. Viele Strukturen sind historisch gewachsen, weiß auch die Linken-Stadträtin Laura Halding-Hoppenheit, die mit dem Kings Club, bei dem ebenfalls Veränderungen anstehen, selbst ein Schwulenlokal betreibt. Über Darkrooms sagte sie zu der Debatte: „Abgedunkelte Räume ermöglichen die wichtige Körperlichkeit an einem geschützten Ort.“

Viele Institutionen des schwulen Lebens sind aus Jahrzehnten aus der Not heraus entstanden. Korrekte Konzessionierungen gehörten zu Zeiten, als bisweilen noch Steine in den Kings Club flogen und Gästen aufgelauert wurde, um sie zu verprügeln, womöglich nicht zu den größten Sorgen der Pioniere.

So sieht es zumindest Dejan Perc, SPD-Stadtrat und Kreisvorsitzender der Partei. „Wir wollen wissen, ob das anderen, vergleichbaren Lokalen auch passieren kann, die ihre Konzession vor 20, 30 Jahren bekommen haben“, sagt er. Seine Angst: Dass durch Neukonzessionierungen ein Sterben von Lokalen für Homosexuelle bevorstehen könnte, wenn man nicht vorher einlenkt. „Früher waren das vor allem versteckte Schutzräume für sexuelle Minderheiten, da waren Konzessionen Nebensache“, sagt Perc.

Ein Fall für den Nachtbürgermeister?

Auch Lucia Schanbacher, die ebenfalls für die SPD im Gemeinderat sitzt, schreibt auf ihrer Facebook-Seite: „In Stuttgart sollen alle Platz haben und jeder so feiern können, wie er und sie will!“ Es werde dringend Zeit, das die Stadt einen Nachtbürgermeister bekomme, der solche Probleme früh erkennt und angeht. Ein Nachtbürgermeister für Stuttgart ist beschlossene Sache, er dürfte seine Arbeit voraussichtlich aber frühestens im Sommer aufnehmen.

So lange werden die Konfliktparteien womöglich ohne einen neutralen Vermittler auskommen müssen. Einen neuen Sachstand gibt es nicht. Vielleicht wird das Eagle zum Präzedenzfall, der auch künftige Entscheidungen beeinflussen könnte, die sich im Spannungsfeld zwischen Verwaltungsrecht, Bestandschutz und Politik abspielen.