EZB-Präsidentin Christine Lagarde wird am Donnerstag vermutlich eine Zinssenkung verkünden. Foto: dpa/Arne Dedert

Die Währungshüter im Euroraum dürften ihre Geldpolitik am Donnerstag weiter lockern – das gilt mittlerweile als sicher. Was niedrigere Leitzinsen für Sparer, Immobilienkäufer und Aktienanleger bedeuten.

Die Inflation lässt nach, das gibt der Europäischen Zentralbank (EZB) den nötigen Spielraum für eine weitere Lockerung ihrer Geldpolitik. Dass die Währungshüter bei ihrer Sitzung an diesem Donnerstag einen weiteren Schritt beim Abstieg vom Zinsgipfel machen werden, gilt als ausgemacht. Im Juni leitete die EZB die Zinswende ein, nun rechnen Experten mit einer weiteren Senkung des für die Finanzmärkte derzeit maßgeblichen Einlagenzinses um einen Viertelprozentpunkt auf 3,5 Prozent.

 

Was bedeutet dies für Festgeldsparer?

Viele Banken ließen sich Zeit, höhere Zinsen an ihre Kundinnen und Kunden weiterzugeben, als die EZB ihre Geldpolitik straffte. Besonders die Sparkassen standen wegen Knauserei in der Kritik. Bei Zinssenkungen hingegen fackelt die Branche nicht lange.

Dem Vergleichsportal Verivox zufolge sind die Festgeldzinsen im August deutlich gesunken und haben das tiefste Niveau seit mehr als einem Jahr erreicht. Bundesweit verfügbare Angebote mit zweijähriger Laufzeit bringen demnach im Schnitt 2,68 Prozent Zinsen. Seit ihrem Höhepunkt im November 2023 gaben die Zinsen bundesweit verfügbarer Angebote im Schnitt um 0,71 Prozentpunkte nach. Immerhin: In den aktuellen Konditionen ist die erwartete EZB-Leitzinssenkung laut Verivox-Geschäftsführer Oliver Maier schon berücksichtigt. Aber: „In den kommenden Wochen dürfte sich der Trend fortsetzen und die Festgeldzinsen dürften weiter moderat sinken.“

Wie sieht es beim Tagesgeld aus?

Hier zeigt die Verivox-Zinsauswertung von mehr als 800 Banken und Sparkassen eine andere Entwicklung – die Konditionen blieben in den vergangenen Wochen weitgehend konstant. Sparer müssen sich aber auch hier auf weitere Abstriche einstellen. „Wenn die EZB die Leitzinsen senkt, werden viele Geldhäuser schnell nachziehen und ihrerseits auch die Verzinsung auf ihren Tagesgeldkonten nach unten schrauben“, erklärt Maier. So hätten nach der Zinssenkung der EZB im Juni mindestens 54 Banken und Sparkassen ihre Tagesgeldzinsen reduziert. Viel zu holen ist hier schon jetzt nicht mehr. Dem Vergleichsportal zufolge warfen bundesweite Angebote zuletzt durchschnittlich eine Verzinsung von 1,68 Prozent ab.

Worauf müssen sich Immobilienkäufer einstellen?

Bei den Baufinanzierungszinsen rechnen Fachleute zunächst nicht mit großen Auswirkungen. Nach Schwankungen im Juli und August verlaufe das Bauzinsniveau seit einigen Wochen impulslos seitwärts, heißt es in einer Analyse des Finanzierungsvermittlers Dr. Klein. Die nun anstehende Senkung des Leitzinses sei in den Bauzinsen bereits eingepreist: Die Top-Zinsen für Baufinanzierungen liegen laut Dr. Klein zwischen 3,05 bis 3,57 Prozent (Stand 9. September).

Während Kunden bei Bauvorhaben und Anschlussfinanzierungen abwartend blieben, setze beim Kauf ein Umdenken ein, erklärt Dr. Kleins Vorstandschef Michael Neumann. „Hier spüren viele, dass sie nicht auf rückläufige Bauzinsen spekulieren sollten, weil das ein unwahrscheinliches Szenario ist und zugleich auch die Immobilienpreise perspektivisch wieder zulegen werden“. Ähnlich äußert sich Oliver Kohnen, Geschäftsführer des Konkurrenten Baufi24: „Für Immobilienkäufer öffnet sich ein interessantes Zeitfenster, da wir für die nächste Zeit nicht von weiteren signifikanten Zinsentwicklungen nach unten ausgehen und die Immobilienpreise seit einiger Zeit wieder steigen.“

Welche Auswirkungen ergeben sichfür Aktienanleger?

An den Aktienmärkten sind sinkende Leitzinsen in der Regel willkommen – sie verbilligen Zentralbankgeld und Kredite, erhöhen tendenziell die Liquidität im Finanzsystem und machen festverzinsliche Anlagen unattraktiver. Die Hoffnung auf geldpolitische Lockerungen in den großen Währungsräumen ist ein wichtiger Faktor hinter der diesjährigen Rekordjagd an den Börsen. Mittlerweile gilt als sicher, dass nach der EZB in der kommenden Woche auch die US-Notenbank Fed die Zinswende startet.

Dennoch ist eine anhaltende Kursrallye alles andere als ausgemacht. Zuletzt trübte sich die Anlegerstimmung ein. Nach monatelanger Börsenhausse scheinen wichtige Marktsegmente wie Tech-Aktien rund um das Trendthema Künstliche Intelligenz überkauft, heißgelaufen und reif für eine Korrektur. Ohnehin spekulieren Profiinvestoren am Aktienmarkt häufig auf Ereignisse, wenn diese dann jedoch tatsächlich eintreten, stellen sie Positionen glatt und nehmen Gewinne mit. In den USA ging es an den Börsen häufig erst mal nach unten, wenn ein Zinssenkungszyklus begann. Das haben Analysten der LBBW jüngst hervorgehoben.

Wie geht es weiter mit den Zinsen?

Das ist die große Frage, Anleger hoffen auf Signale von EZB-Chefin Christine Lagarde. Commerzbank-Chefökonom Jörg Krämer rechnet im Dezember, März und Juni mit weiteren Zinssenkungen um je einen Viertelprozentpunkt. An den Finanzmärkten wird allerdings mit einem stärkeren Lockerungskurs der Notenbank gerechnet – derzeit sind hier Senkungen des Einlagensatzes auf 2,25 Prozent bis Ende 2025 eingepreist.