Andreas Schlittenhardt (links) und Markus Döttling mit einer Neuheit: einem transparenten Tresor. Foto: factum/Bach

Die Reichen und Schönen aus aller Welt ordern beim Maichinger Tresorbauer Döttling. Die Firma zieht nun aufs Flugfeld. Dort investiert sie 2,5 Millionen Euro in einen repräsentativen Firmensitz.

Sindelfingen - – Die Maichinger Firma Döttling zieht auf das Flugfeld. Die einstige Schlosserei, gegründet im Jahr 1919 vom Urgroßvater des heutigen Inhabers Markus Döttling, hat sich vor knapp 15 Jahren auf die Anfertigung von Luxus-Tresoren spezialisiert. 2,5 Millionen Euro investieren Döttling und sein Geschäftspartner Andreas Schlittenhardt in den neuen Firmensitz. Im Interview erzählen sie, was sie sich von dem Umzug erhoffen.
Herr Döttling, ich bin und bleibe ein Schlossermeister aus Maichingen, haben Sie mal gesagt. Jetzt ziehen Sie mit Ihrem Unternehmen auf das Flugfeld. Warum werden Sie Maichingen untreu?
Döttling Wir sind froh, ein Grundstück auf dem Flugfeld bekommen zu haben. Und dazu noch auf der Sindelfinger Gemarkung. Mein Vater sitzt im Gemeinderat, er wäre über einen Umzug nach Böblingen nicht erfreut gewesen. Wir wollen auf jeden Fall in der Region bleiben. Unsere Werkstatt in Maichingen ist aber schon längst zu klein. Und das Gebäude in Magstadt, das wir dazu gemietet haben, ist ein Provisorium. Wir brauchen nun ein Firmengebäude, in dem wir effizienter arbeiten können.
Schlittenhardt Außerdem benötigen wir eine repräsentativen Firmensitz. Immer wieder kommen Kunden aus dem Ausland zu uns und wundern sich doch über unsere kleine, verschachtelte Werkstatt mit ihrer engen Einfahrt. Das Flugfeld in unmittelbarer Nähe zur Motorworld und zum Daimlerwerk – das passt zu unseren edlen Produkten. Wir schnüren jetzt schon Programmpakete für unsere Besucher, zum Beispiel mit einem Trip in die Motorworld.
Aber meistens sind Sie doch in aller Welt bei den Kunden unterwegs ?
Döttling Ja, den halben Monat reise ich durch die Welt. Der Kundenkontakt ist sehr wichtig. Vor zwei, drei Jahren haben wir aber entdeckt, dass wir nicht immer den direkten Zugang zum Privatkunden brauchen. Viele vergeben die Einrichtung ihrer Häuser komplett an Architekten. Mit denen arbeiten wir jetzt häufig zusammen. Wir haben ein Netz von etwa 40 Händlern und Architekten in Amerika, Asien und Australien.
Sie verkaufen Luxustresore. Was kostet so ein Panzerschrank?
Döttling Wir haben eine Einsteigerlinie – Liberty. Da geht es mit 25 000 Euro für einen Tresor los.
Und wie viel kostet der teuerste?
Schlittenhardt Nach oben gibt es keine Grenze. Wir haben auch schon Tresore für mehr als 500 000 Euro verkauft: Es kommt darauf an, welche Ausstattung der Kunde wünscht.
Zum Beispiel?
Schlittenhardt Sehr beliebt sind unsere Uhren-Tresore. Sie sind so ausgestattet, dass die Uhren automatisch aufgezogen werden. Viele wünschen sich auch einen Humidor für ihre Zigarren. Frauen verwahren ihren Schmuck oder ihre Schuhe im Tresor. Wir beziehen die Schränke mit Krokodilleder, mit Fell oder was immer der Kunde wünscht. Der Sicherheitsaspekt spielt für die Kunden dabei zumeist eine untergeordnete Rolle. Deren Häuser sind sowieso komplett gesichert.
Wie lange dauert die Anfertigung?
Schlittenhardt Bei unseren Neuschränken haben wir Lieferzeiten von vier bis sechs Monaten. Unsere Spezialität sind aber historische Tresore, die wir restaurieren und ausbauen. Da haben wir weltweit keinen Konkurrenten, wir sind der einzige Anbieter. Die Restauration eines Panzerschranks ist aufwendig, sie kann bis zu anderthalb Jahre dauern.
Wo finden Sie die historischen Stahlschränke?
Schlittenhardt Dafür haben wir Scouts. Sie werden häufig bei Haushaltsauflösungen fündig.
Was ist im Moment Ihr edelstes Stück?
Döttling Ein Tresor vom italienischen König Victor Emmanuel II. Der hat eine ganz besondere Geschichte.
Erzählen Sie!
Schlittenhardt Der König bewahrte darin die Liebesbriefe seiner Mätresse auf.
Was wird aus diesem Tresor?
Döttling Das Interieur steht noch nicht fest. Das darf der spätere Besitzer bestimmen. Der Schrank kommt als Geschenktipp in der Lifestylezeitschrift Robb Report. Dann warten wir ab, wer sich meldet.
Zu ihren Kunden zählen die Schönen und Reichen der Welt. Verraten Sie Namen?
Döttling Nein. Namen kann ich nicht preisgeben. Nur so viel: Hollywood-Stars sind darunter und Staatspräsidenten. Aber meinen Kunden ist es wichtig, dass sie anonym bleiben.
Ihr Geschäft scheint zu wachsen. Wie groß wird das Gebäude auf dem Flugfeld?
Döttling Dort werden wir 1000 Quadratmeter haben für die Werkstatt und den Showroom. Momentan verfügen wir über 850 Quadratmeter. Wir wachsen nur sehr langsam, und das ganz bewusst. Wir haben elf Mitarbeiter schon seit Jahren: Schreiner, Elektriker, Schlosser. Was wir uns von der neuen Immobilie erhoffen, ist vor allem ein effizienteres Arbeiten: Wir können den Produktionsablauf optimal anordnen.
Schlittenhardt Und wir können unseren Kunden bessere Einblicke in die Produktion gewähren. Die Amerikaner sind fasziniert von der Handarbeit. Und die Asiaten von der Familientradition. Viele Chinesen und Japaner kaufen gerne Luxusartikel von Prada und Louis Vuitton. Aber natürlich gibt es keinen Herrn Prada mehr. Sondern dahinter stecken große Konzerne. Unsere Besucher aus Übersee sind verblüfft, dass es Döttling in der vierten Generation gibt und noch immer ein Herr Döttling in der Werkstatt steht und sogar selbst E-Mails beantwortet.
Das heißt, Sie pflegen dieses Image bewusst als Marketingstrategie?
Döttling Selbstverständlich nutzen wir es für unser Marketing.Und wir weisen darauf hin, dass wir unseren Standort in der wirtschaftsstärksten Region Deutschlands haben mit Weltunternehmen wie Daimler, Stihl und Bosch und dass hier der schwäbische Tüftlergeist zu Hause ist. Aber wir stehen auch dahinter. Wir sind hier in der Region verwurzelt. Und wir haben als Zulieferer ausschließlich Unternehmen aus der Region.
Wie zeigt sich Ihr Tüftlergeist?
Döttling Wir entwickeln ständig neue, außergewöhnliche Produkte wie den ersten Reisesafe der Welt oder ganz aktuell den ersten Safe überhaupt mit einer transparenten Tür. Dazu haben wir relativ neu Tischtresore im Angebot. Auch neu sind ganze Raumprogramme, das heißt, wir bauen und gestalten ein Zimmer inklusive eines Tresors. Dabei arbeiten wir mit Innenarchitekten zusammen. Außerdem haben wir Kooperationen mit Weltmarken wie Jaeger-LeCoultre, Hublot, Karl Lagerfeld oder Martell.
Vor 15 Jahren haben Sie noch Treppengeländer und Fenstergitter angefertigt. Nun jetten Sie um die Welt und verkaufen den Stars Luxustresore. Wie hat Sie das persönlich verändert, Herr Döttling?
Döttling Gar nicht. Ich war schon immer ein weltoffener Mensch, jetzt bin ich es vielleicht noch ein bisschen mehr. Aber als Person habe ich mich nicht verändert. Ich bin immer noch der Handwerker und sehe mich als Dienstleister für meine Kunden.