Dieses „Kunstwerk der Zukunft“ stammt von Mitarbeitern des Sindelfinger Mercedes-Benz-Werks unter Anleitung des Künstlers Marco Schmitt. Foto: factum/Bach

Eine neue Ausstellung in der Städtischen Galerie am Marktplatz beschäftigt sich mit der Digitalisierung unserer Welt.

Sindelfingen - Roboter, die schon heute in vielen Arbeitsprozessen die menschlichen Arbeiter ersetzt haben. Eine Währung, die ausschließlich virtuell ist. Autos, die demnächst vollkommen autonom fahren – die Welt hat sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten rasant verändert. Und sie macht auch vor der Kunst nicht halt.

„Material 4.0“ heißt die aktuelle Schau in der Sindelfinger Galerie. 13 Künstler hat die Galeriechefin Madeleine Frey eingeladen, ihre Positionen zum Thema Digitalisierung zu präsentieren. Schon am Eingang empfängt den Besucher grünes Licht, das in der Greenscreen-Technologie der Filmindustrie zum Einsatz kommt. Die Technik dient dazu, einen virtuellen Raum zu schaffen, der auf dem Bildschirm dann als reale Kulisse erscheint. Das grüne Licht verändert auch die Raumwahrnehmung in der Galerie.

Grünes Licht für virtuelle Räume

JAK heißt die Künstlergruppe, die die Lichtinstallation geschaffen hat. Deren Mitglieder beschäftigen sich mit dem Phänomen der visuellen Agnosie – einer Krankheit, die dazu führt, dass der Patient zwar sehen kann, aber nicht in der Lage ist, das zu erkennen, was er sieht. Forscher nutzen dieses Phänomen bei der Entwicklung künstlicher Intelligenz.

Der in Estland geborene und in Berlin lebende Künstler Ivar Veermäe beschäftigt sich gleich in mehreren Werken mit der Kryptowährung Bitcoin. In einer mehrteiligen Installation zeigt er die Entstehung dieser Währung in seinem Heimatland. Und er zeigt auf: Obwohl Bitcoins ausschließlich virtuell genutzt werden, wird für das „Schürfen“ danach eine enorme Menge Rechnerleistung und somit Energie gebraucht. Dazu hat sich Veermäe in eine Brennschiefer-Mine begeben. Estland deckt derzeit mehr als 60 Prozent seines Strombedarfs aus der Verbrennung von Brennschiefer. Und die virtuelle Produktion von Bitcoins frisst extrem viel Strom.

Daimler sponsert

Selbstverständlich ist eine Ausstellung zur Digitalisierung sehr multimedial. Mit Videofilmen dokumentieren die Künstler ihre Arbeit. So auch die Entstehung eines „Kunstwerks der Zukunft“, das der Künstler Marco Schmitt gemeinsam mit Mitarbeitern des Sindelfinger Mercedes-Benz-Werks geschaffen hat. Auch die in dem dreitägigen Workshop entstandene Installation ist in der Ausstellung zu sehen, die von Daimler gesponsert wird.

Doch auch ein Roboter als Künstler darf nicht fehlen in der Schau zur Kunst 4.0. Kanta Kimura, geboren in Überlingen, der in Berlin lebt und arbeitet, hat gemeinsam mit einem Fertigungsroboter großflächige Ölbilder geschaffen. Nur ein Roboter schafft es mit seinem automatisierten Prozess, den gleichen Abstand und die systematische Reihenfolge exakt aufs Papier zu bringen.

Neben vielen zeitgenössischen Künstlern ist mit Ryszard Winiarski auch ein Pionier der Beschäftigung mit dem Computer vertreten. Die Werke des 2006 verstorbenen Malers entstanden bereits in den 70er und 80er Jahren. Damals war die virtuelle Welt noch eine Zukunftsvision. Heute ist sie längst ein Teil unserer Wirklichkeit.